Das Berufungsurteil als Vollstreckungstitel

Grundsätzlich ist eine Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil nur möglich, wenn die Berufung dagegen in vollem Umfang zurückgewiesen wurde1.

Das Berufungsurteil als Vollstreckungstitel

Etwas anderes kann ausnahmsweise lediglich dann gelten, wenn keine wesentliche Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht erfolgt ist2.

Nach diesen Maßstäben hat im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Zwangsvollstreckung im Streitfall aus dem Berufungsurteil zu erfolgen. Das Berufungsgericht hat die Berufung nicht in vollem Umfang zurückgewiesen, sondern das landgerichtliche Urteil abgeändert und teilweise aufgehoben. Diese Änderungen waren nicht nur unwesentlich. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil vielmehr insgesamt neu gefasst und dabei nicht nur den ersten Satz in Ziffer 1 des Tenors sprachlich geändert, sondern auch den letzten Satz, durch den die Schuldnerin verurteilt worden war, die Auskünfte unter Belegvorlage (Kopien) zu erteilen, gestrichen. Letzteres stellt eine nicht unerhebliche Einschränkung der Auskunftspflicht dar. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Feststellungen in Ziffer 2 und 3 des Tenors durch eine andere Feststellung ersetzt.

Gemäß § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

Im übrigen stand dem Bundesgerichtshof hier eine eigene Sachentscheidung gemäß § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO nicht offen, weil es an Feststellungen insbesondere dazu fehlt, ob das zu vollstreckende Berufungsurteil mit einer Vollstreckungsklausel versehen war.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. September 2021 – I ZB 20/21

  1. vgl. RG, Beschluss vom 23.03.1927 – V 85/27, JW 1927, 1311; BGH, Beschluss vom 22.10.1997 – XII ZR 22/97, NJW 1998, 613 9]; MünchKomm-.ZPO/Heßler, 6. Aufl., § 750 Rn. 70; Paulus in Wieczorek/Schütze aaO § 725 Rn. 5; Bittmann in Wieczorek/Schütze aaO § 750 Rn.20; BeckOK.ZPO/Ulrici, 41. Edition [Stand 1.03.2021], § 750 Rn. 23.1[]
  2. vgl. RG, JW 1927, 1311; BGH, NJW 1998, 613 11]; BGH, Beschluss vom 22.10.2014 – V ZR 74/14, WuM 2015, 41 Rn. 1 und 5; Zöller/Seibel aaO § 725 Rn. 4; Gehle in Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 79. Aufl., § 725 Rn. 6 „Berufungsurteil“; Saenger/Kindl aaO § 725 Rn. 3; Giers/Haas in Kindl/Meller-Hannich aaO § 725 ZPO Rn. 6[]