Ein Insolvenzrichter kann die Aufnahme eines Bewerbers auf seine Vorauswahlliste ablehnen, wenn begründeter Anlass für die Vermutung besteht, dieser werde sein Amt als Insolvenzverwalter nicht höchstpersönlich ausüben.

Ein Insolvenzverwalter kann sein Amt als solches nicht auf einen anderen übertragen; vielmehr ist er mit diesem höchstpersönlich betraut. Insolvenzverfahrensspezifische Handlungen darf der Verwalter, wenn auch der Einsatz von Mitarbeitern in größeren Verfahren praktisch unvermeidbar oder gar geboten sein kann, nur persönlich vornehmen. Dazu gehören etwa die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§ 58 Abs. 1 Satz 2, §§ 69, 79, 152, 156 InsO), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 InsO auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 InsO) wie auch die Schlussrechnungsregelung (§ 66 InsO) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen1.
Deswegen ist ein Bewerber nicht auf die Vorauswahlliste aufzunehmen, wenn zu befürchten steht, dass er die nur durch den Insolvenzverwalter persönlich vorzunehmenden Geschäfte anderen überträgt. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Bewerber nur als sogenannter „Akquisitionsverwalter“ auftritt und nach dem „Subunternehmerprinzip“ arbeitet, also substantiell nicht an der Verwaltung mitwirkt2. Der Insolvenzrichter muss jedoch begründeten Anlass haben, dass sich der Bewerber in diesem Sinne pflichtwidrig verhalten wird. Ein solcher Verdacht kann begründet sein, wenn aus anderen Insolvenzverfahren bekannt ist, dass der Bewerber die insolvenzverfahrensspezifischen Handlungen nicht selbst vornimmt, sich etwa regelmäßig in den Berichtsterminen3 oder in den Prüfungsterminen vertreten lässt4. Allein der Umstand, dass der Insolvenzverwalter zum Zeitpunkt der Bewerbung eine so große Anzahl von Insolvenzverfahren bearbeitet, dass eine höchstpersönliche Bearbeitung in Frage steht, wenn er mit weiteren Verfahren beauftragt wird, rechtfertigt es nicht, ihn nicht auf die Vorauswahlliste aufzunehmen. Denn wenn die konkrete Bestellung ansteht, kann sich die Überlastungssituation des Bewerbers geändert haben. Daher berührt dieser Gesichtspunkt allein die konkrete Bestellungsentscheidung und spielt dort eine gewichtige Rolle5.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller versichert, Mitglied des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (VID) zu sein und dessen Berufsgrundsätze strikt einzuhalten. Damit hat er auch erklärt, alle maßgeblichen Verfahrensentscheidungen grundsätzlich selbst zu treffen und in allen wichtigen Angelegenheiten dem Insolvenzgericht und den gesetzlichen Gläubigergremien persönlich für Auskünfte und Besprechungen zur Verfügung zu stehen (§ 5 Abs. 1 der Berufsgrundsätze des Verbandes). Als Mitglied des VID hat sich der Antragsteller auch den verbandsinternen „Grundsätzen ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung“ (GOI) unterworfen, wie er zumindest im weiteren Verfahren ausdrücklich versichert hat. Danach hat er sich verpflichtet, folgende Tätigkeiten höchstpersönlich auszuführen: grundlegende verfahrensleitende Entscheidungen, Terminswahrnehmung beim Insolvenzgericht, Teilnahme an Gläubigerausschusssitzungen, Informationserteilung zumindest in der ersten Betriebsversammlung, grundlegende Verhandlungen mit Übernahmeinteressenten, interne und externe Verfahrensleitung (II. 1. GOI). Mithin hat der Antragsteller ausdrücklich und hinreichend versichert, die insolvenzverfahrensspezifischen Handlungen höchstpersönlich vorzunehmen.
Der Antragsgegner rügte, dass die Berufsgrundsätze der Bewerbung nicht beigefügt und deswegen nicht konkret in Bezug genommen worden seien. Hier verkennt der Antragsgegner, dass sowohl die Berufsgrundsätze wie auch die Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung auf der Internetseite des Verbandes abrufbar sind. Wenn einem Insolvenzrichter dies nicht genügt, muss er einem Bewerber – etwa durch Überlassung eines Bewerbungsformulars – entsprechende von ihm zu unterschreibende ausführliche Erklärungen abverlangen.
Der Bewerber hat über eine Büroorganisation zu verfügen, die es ermöglicht, nicht nur einen Betrieb zeitweilig fortzuführen, sondern auch die zwangsläufig anfallenden Arbeiten – wie Erfassung der Sozialdaten der Arbeitnehmer, Debitoren und Kreditoren sowie die Aufgaben nach dem Insolvenzausfallgeldgesetz und des Betriebsrentengesetzes – zu übernehmen. Neben der notwendigen Ausstattung des Büros sind eine ausreichende Ausbildung, Verfügbarkeit und fachliche Kompetenz der Mitarbeiter zu fordern6.
Damit sich der Insolvenzrichter davon überzeugen kann, dass der Bewerber über eine solche ausreichende Büroorganisation verfügt, muss dieser Auskünfte über sein Büro und die Büroausstattung einschließlich eingesetzter Computerprogramme, Anzahl und Qualifikation der dort arbeitenden Mitarbeiter erteilen. Verfahrensfehlerfrei hat das Oberlandesgericht sich davon überzeugt, dass die Angaben des Antragstellers zu den Mitarbeitern am Standort Hamburg in der Anlage 11, den ergänzenden Angaben in der Anlage zum Schreiben vom 30.04.2012 und in dem mit Schreiben vom 04.06.2013 vorgelegten Organigramm ausreichend waren. Es hat festgestellt, dass der Antragsteller dort die Anzahl und Ausbildung seiner Mitarbeiter beschrieben hat. Mit Recht hat es zur Beschreibung der Ausbildung seiner Mitarbeiter die Berufsbezeichnung (Rechtsanwalt, zusätzlich die Fachanwaltsbezeichnung oder Aufgaben- und Rechtsgebietsschwerpunkte, Sekretär und Sachbearbeiter für Insolvenzrecht) nebst ergänzender Ausführungen zum Alter und zur Betriebszugehörigkeit ausreichen lassen. Denn aus der Berufsbezeichnung ergibt sich der Ausbildungsstand der Mitarbeiter. Das gilt auch für den Insolvenzsachbearbeiter. Zwar ist dies kein anerkannter Ausbildungsberuf, doch sind die Kenntnisse, die ein solcher Sachbearbeiter besitzen muss, so standardisiert, dass es Fachliteratur, Fachlehrgänge und Stellenausschreibungen für diese Berufsgruppe gibt. Weiter hat sich das Oberlandesgericht davon überzeugt, ohne dass die Rechtsbeschwerde insoweit Einwendungen erhoben hat, dass der Antragsteller hinreichend zu den von ihn eingesetzten Computerprogrammen und der Büroorganisation vorgetragen hat.
Soweit der Antragsteller seine Angaben auf das Hamburger Büro seiner Kanzlei beschränkt hat, ist dies unschädlich. Allerdings muss ein Bewerber die erforderlichen Mitarbeiter nicht zwingend vor Ort vorhalten. Es ist ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht verwehrt, sein Büro so zu organisieren, dass er, sofern er Mitglied einer bundesweit tätigen Insolvenzverwalterkanzlei ist, die anfallenden Arbeiten durch geschultes Personal an anderen Standorten erbringen und seine Mitarbeiter bei Bedarf anreisen lässt6. Der Antragsteller hat sich aber nicht darauf berufen, für die Erbringung der anfallenden Tätigkeiten die Mitarbeiter anderer Standorte hinzuziehen zu wollen. Vielmehr sind seine Schreiben in dem Bewerbungsverfahren allein so zu verstehen, dass er die Aufgaben als Insolvenzverwalter, wenn er von dem Antragsgegner bestellt wird, allein mit den Kräften des Hamburger Büros meistern will. Dann aber kommt es auf die anderen Standorte, deren Mitarbeiterstand und deren Ausbildung nicht an. Ein Grund, warum ein Bewerber darüber Auskünfte erteilen sollte, ist nicht ersichtlich und wurde vom Antragsgegner auch nicht nachvollziehbar begründet.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Oktober 2016 – IX AR(VZ) 7/15
- BGH, Beschluss vom 19.09.2013 – IX AR (VZ) 1/12, BGHZ 198, 225 Rn. 9; vom 25.09.2014 – IX ZB 11/14, WM 2014, 2230 Rn. 27 f[↩]
- BVerfG, NZI 2009, 641, 643 aE; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn.20; Nerlich/Römermann/Delhaes, InsO, 2012, § 56 Rn. 22[↩]
- Onusseit in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2008, § 156 Rn. 7a; MünchKomm-InsO/Görg/Janssen, 3. Aufl., § 156 Rn. 14; FK-Wegener, InsO, 8. Aufl., § 156 Rn. 7; Lind in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 156 Rn. 2; HK-InsO/Ries, 8. Aufl., § 156 Rn. 6[↩]
- vgl. Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn. 24; Wagner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, aaO, § 176 Rn. 9a; FK-InsO/Kießner, aaO, § 176 Rn. 5; Münch-Komm-InsO/Riedel, aaO, § 176 Rn. 11; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, aaO, 2015, § 176 Rn.19; Jaeger/Gerhardt, InsO, 2010, § 176 Rn. 28; Münch-Komm-InsO/Graeber, aaO, § 56 Rn. 149; aA HK-InsO/Depré, aaO, § 176 Rn. 2; HmbKomm-InsO/Preß/Henningsmeier, 5. Aufl., § 176 Rn. 5[↩]
- OLG Brandenburg, NZI 2009, 647, 649; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn.20[↩]
- BGH, Beschluss vom 17.03.2016 – IX AR (VZ) 2/15, NJW 2016, 2037 Rn. 29[↩][↩]