Gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO fallen die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren, dem Schuldner zur Last.

Für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten verweist die Vorschrift auf § 91 ZPO. Notwendig sind Kosten, wenn sie für eine Maßnahme angefallen sind, die der Gläubiger zum Zeitpunkt ihrer Vornahme bei verständiger Würdigung der Sachlage zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte1.
Hierzu muss er jedenfalls im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels über eine im maßgeblichen Zeitpunkt fällige Forderung sein, und dem Schuldner muss eine nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls angemessene Frist zur freiwilligen Leistung zur Verfügung gestanden haben2.
Auch in der Zwangsvollstreckung hat der Gläubiger seine Maßnahmen zur Wahrung seiner Rechte so einzurichten, dass die Kosten möglichst niedrig gehalten werden3.
Die Erstattungsfähigkeit einer anwaltlichen Vollstreckungsgebühr hängt nicht davon ab, dass zuvor die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels bewirkt worden ist4.
Bei der Vollstreckung aus einem Räumungsvergleich nach Ablauf der vereinbarten Räumungsfrist muss keine weitere Frist zur (vollständigen) Räumung gesetzt werden5. Dem Sinn und Zweck der Fristsetzung, dem Schuldner eine freiwillige Leistung zu ermöglichen6, ist genüge getan, wenn eine nach dem Kalender bestimmte, angemessene Zeit zur Leistung vereinbart war7. Nach Ablauf der vereinbarten Frist muss der Schuldner bei Nichtoder nicht vollständiger Erfüllung mit der Vollstreckung durch den Gläubiger rechnen. Das ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Im vorliegenden Fall hatte der Schuldner die Räumung auch noch nicht vollständig bewirkt, weil er weder das Anwesen vollständig geräumt noch den oder die Schlüssel herausgegeben hatte. Der Rückgabeanspruch der Gläubigerin umfasste sämtliche im Besitz des Schuldners befindlichen Schlüssel, da sie andernfalls nicht ungestört über das Anwesen verfügen konnte8.
Unter den besonderen Umständen des Streitfalls folgt die Erstattungsfähigkeit der Kosten dem Grunde nach gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO überdies daraus, dass nicht nur die vereinbarte Räumungsfrist abgelaufen, sondern darüber hinaus die vollstreckbare Ausfertigung des Titels zugestellt und der die streitigen Kosten auslösende Räumungsauftrag erst nachfolgend erteilt worden war.
Die Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin haben den Prozessbevollmächtigten des Schuldners unter dem 6.10.2015 eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs von Anwalt zu Anwalt zustellen lassen; das Empfangsbekenntnis ist am 9.10.2015 unterschrieben worden. Die Kenntnis seiner Prozessbevollmächtigten von dem damit manifestierten Willen der Gläubigerin, die Vollstreckung zu betreiben, wird dem Schuldner zugerechnet (§ 85 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bis zur Erteilung des Räumungsauftrags am 14.10.2015 blieben danach noch vier Tage Zeit, um den oder die Schlüssel an die Gläubigerin herauszugeben. Mit der Zustellung des Titels und der anschließenden wenn auch kurzen Wartefrist war die Gläubigerin über die Anforderungen der Rechtsprechung hinausgegangen, und der Schuldner hatte eine weitere Gelegenheit erhalten, die Räumung durch Übergabe des oder der Schlüssel vollständig zu bewirken. Dass die Gläubigerin den Schuldner dabei nicht ausdrücklich aufgefordert hat, den Schlüssel herauszugeben, ist unschädlich. Der Schuldner wusste, dass die Schlüsselrückgabe noch ausstand. Auch aus diesem Grund ist eine voreilige Vollstreckung, die einer Erstattungsfähigkeit der Kosten gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO entgegenstünde, nicht gegeben.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. Oktober 2018 – I ZB 13/18
- BGH, Beschluss vom 05.06.2014 – VII ZB 21/12, NJW 2014, 2508 Rn. 8 mwN[↩]
- vgl. BVerfGE 99, 338, 340 11]; BGH, Beschluss vom 04.10.2012 – VII ZB 11/10, NJW 2012, 3789 Rn. 11 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 10.12 2009 – VII ZB 88/08, NJW 2010, 1007 Rn. 8[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 18.07.2003 IXa ZB 146/03, NJW-RR 2003, 1581 13]; BGH, NJW 2012, 3789 Rn. 11[↩]
- vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl. § 788 Rn. 27[↩]
- vgl. BGH, NJW 2012, 3789 Rn. 11 mwN[↩]
- vgl. MünchKomm-.ZPO/Schmidt/Brinkmann, 5. Aufl., § 788 Rn. 26[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2010 – VIII ZR 285/09, NJW 2011, 143 Rn. 55[↩]