Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 VwVfG ist im Sinne von § 38 InsO auch dann bereits begründet und damit Insolvenzforderung, wenn zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Widerrufsgrund des Auflagenverstoßes gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG gegeben ist 1.

Für eine solche Forderung ist der Rechtsweg nicht zum ordentlichen Gericht, sondern zur Verwaltungsgerichtsbarkeit gegeben, so dass die Feststellung von der zuständigen Verwaltungsbehörde zu betreiben ist 2.
Nach § 38 InsO dient die Insolvenzmasse der Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind und die Erstattungsforderung einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen die Zuwendungsempfängerin darstellt.
Der Begriff des "begründeten" Vermögensanspruchs dient dazu, die vom Insolvenzverfahren erfassten Verbindlichkeiten gegenüber nicht berücksichtigungsfähigen Rechtspositionen, Neuschulden und insbesondere Masseverbindlichkeiten abzugrenzen. Begründet im Sinne des § 38 InsO ist ein Anspruch nicht erst dann, wenn er bereits entstanden ist. Auch ein noch nicht fälliger (betagter) oder befristeter Anspruch ist bereits begründet, ebenso ein bedingter Anspruch, wenn er nicht vom Eintritt einer Bedingung abhängt, die allein im Willen des Insolvenzschuldners steht. Allgemein gilt, dass ein Anspruch begründet ist, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt ist. Das Schuldverhältnis muss bestanden haben, auch wenn sich hieraus der Anspruch erst später ergibt; der Rechtsgrund seiner Entstehung muss bereits gelegt sein 3.
Das ist im Hinblick auf die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufs eines Zuwendungsbescheides nicht nur im Falle des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG 4, sondern auch im Falle der Nr. 2 dieser Vorschrift anzunehmen.
Obwohl der Erstattungsanspruch nach § 49a Abs. 1 VwVfG gegen den Insolvenzverwalter erst mit dem Bescheid vom 02.03.2010 und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, war dieser Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung dieses Verfahrens bereits im Sinne des § 38 InsO begründet. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und das Bundesverwaltungsgericht daher bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen des Berufungsgerichts waren zu diesem Zeitpunkt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG erfüllt, weil die Zuwendungsempfängerin der Auflage, einen Verwendungsnachweis mit Originalbelegen vorzulegen, nicht nachgekommen ist. Dies hat die Begründung des Erstattungsanspruchs im insolvenzrechtlichen Sinne zur Folge.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Widerruf noch eine Ermessensausübung voraussetze. Im Hinblick auf den Widerruf wegen Zweckverfehlung nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG ergibt sich dies daraus, dass die Vorschrift auf § 44a BHO zurückgeht und damit ebenso bezweckt, dass die Rückforderung von Haushaltsmitteln in Fällen der Zweckverfehlung möglich sein muss 5. Dem liegt zugrunde, dass wegen des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei Zuwendungen, die ihren Zweck verfehlen, im Regelfall das Widerrufsermessen nur durch Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden kann. Der Erstattungsanspruch wird damit materiell ausschließlich von der Zweckverfehlung getragen 6.
Diese Erwägungen beanspruchen auch für den Fall des Widerrufs nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG Geltung. Die beiden Widerrufsgründe des § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG sind in historischer, gesetzessystematischer und teleologischer Hinsicht so eng miteinander verknüpft, dass ihre gleichartige Handhabung im Rahmen des § 38 InsO geboten ist.
§ 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG entspricht ebenso wie Nr. 1 der Norm der früheren Regelung in § 44a BHO 5 und erweitert die Regelung des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG um die Möglichkeit, den Widerruf für die Vergangenheit vorzunehmen 7. Sämtliche in § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG genannten Befugnisse sind zur Wahrung haushaltlicher Belange geboten 8. Sie knüpfen an die konkrete Zweckbestimmung einer Zuwendung an, dem auch eine Auflage dienlich sein muss, jedenfalls nicht zuwiderlaufen darf (§ 36 Abs. 3 VwVfG), und ermöglichen die Rückforderung im Falle einer Verfehlung dieses Zwecks 5. Die in Nr. 1 und 2 der Norm genannten Widerrufsgründe lassen sich zudem ohnehin nicht immer trennscharf voneinander abgrenzen; sofern die Zweckbestimmung einer Zuwendung in einer Auflage enthalten ist, können durch einen Fehlschlag der Zweckerreichung beide Tatbestände erfüllt sein 9.
Ohne Erfolg bestreitet der Insolvenzverwalter demgegenüber eine selbständige Bedeutung des Widerrufsgrundes der nichterfüllten Auflage (§ 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG) neben demjenigen des nichterreichten Zuwendungszwecks (§ 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG) für den – hier gegebenen – Fall, dass Gegenstand der Auflage die Verpflichtung zur fristgerechten Vorlage vollständiger Verwendungsnachweise sei. Er verkennt, dass § 49 Abs. 3 VwVfG nicht nur sicherstellen will, dass der Zuwendungszweck erreicht, regelmäßig also das Vorhaben überhaupt realisiert wurde, sondern dass dies auch gerade unter Einsatz der zugewendeten öffentlichen Mittel geschah. Hinzu kommt, dass oft erst die Verwendungsnachweise der Zuwendungsbehörde die genauere Überprüfung der Plangerechtigkeit und der Qualität der Vorhabenrealisierung ermöglichen.
Auf der Rechtsfolgenseite ist nicht nur für § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG, sondern auch für Nr. 2 dieser Vorschrift im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit davon auszugehen, dass das Vorliegen eines Widerrufsgrundes für die Bewilligung einer Subvention im Regelfall den Widerruf nach sich zieht und hiervon nur im Ausnahmefall abgesehen werden kann 10.
Damit wird der an § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG anknüpfende Erstattungsanspruch materiell von dem Auflagenverstoß getragen und bedarf keiner weiteren rechtfertigenden Umstände. Das auf dieser Grundlage auszuübende Ermessen ermöglicht es wie in den Fällen der Zweckverfehlung lediglich, im Einzelfall – etwa aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vom Widerruf und damit der Rückforderung abzusehen. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, dass das Ermessen ausgeübt wurde, um den Erstattungsanspruch im Sinne von § 38 InsO zu begründen. Unabhängig davon sind den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Umstände zu entnehmen, derentwegen zugunsten des Insolvenzverwalters ausnahmsweise vom Widerruf der Bewilligung hätte abgesehen werden müssen.
Die in Rede stehende Auflage ist nicht einer – die Begründung eines vermögensrechtlichen Anspruchs im Sinne des § 38 InsO hindernden – Bedingung gleichzusetzen, deren Eintritt allein im Willen des Schuldners steht ("Potestativbedingung"). Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine derartige, selbständig durchsetzbare Auflage überhaupt mit einer Potestativbedingung vergleichbar ist. Im vorliegenden Fall waren nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf erfüllt, deren Eintritt damit nicht mehr mittels einer Willensbetätigung der Zuwendungsempfängerin verhindert werden konnte.
Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es auf die Kenntnis der Behörde von dem Widerrufsgrund für die Begründung des Erstattungsanspruchs nach § 38 InsO ebenso wenig an wie auf die Entscheidungsfrist des § 49 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG 11. Schließlich bedarf es zu dem nach § 38 InsO maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht des Vorliegens eines wirksamen Widerrufsbescheides; die dem entgegenstehenden Erwägungen des Berufungsgerichts im Bereich des Erschließungsbeitragsrechts 12 lassen sich nicht verallgemeinern und auf den Widerruf einer Zuwendung übertragen 13.
Die Erstattungsforderung stellt schließlich keine nachrangige Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der 2004 geltenden Fassung (vgl. Art. 103c Abs. 1 Satz 1 EGInsO) dar, die nach § 174 Abs. 3 InsO nur auf besondere Aufforderung zur Insolvenztabelle anzumelden gewesen wäre. Das setzte voraus, dass die Erstattungsforderung auf Rückgewähr des kapitalersetzenden Darlehens eines Gesellschafters gerichtet wäre oder eine gleichgestellte Forderung darstellen würde. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts und seiner revisionsrechtlich unbedenklichen Auslegung des Zuwendungsbescheides handelt es sich bei der Zuwendung weder um ein kapitalersetzendes Darlehen noch um eine gleichgestellte Forderung, da es an einer Rückzahlungs- oder Rückgewährverpflichtung fehlte.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Juni 2019 – 10 C 2.18
- Fortführung von BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 3 C 8.14, BVerwGE 151, 302[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.05.1997 – 3 B 151.96, Buchholz 401.0 § 251 AO Nr. 1[↩]
- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 3 C 8.14, BVerwGE 151, 302 Rn. 13 f. m.w.N.[↩]
- dazu BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 3 C 8.14, BVerwGE 151, 302[↩]
- BT-Drs. 13/1534 S. 5[↩][↩][↩]
- BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 3 C 8.14, BVerwGE 151, 302 Rn. 17[↩]
- Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl.2018, § 49 Rn. 105[↩]
- BT-Drs. 13/1534 S. 6[↩]
- Abel, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand April 2019, § 49 Rn. 81[↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 16.06.1997 – 3 C 22.96, BVerwGE 105, 55, 58; und vom 26.06.2002 – 8 C 30.01, BVerwGE 116, 332, 337[↩]
- BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 3 C 8.14, BVerwGE 151, 302 Rn. 21[↩]
- OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 – 9 S 1/09, NVwZ-RR 2010, 494[↩]
- BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 3 C 8.14, BVerwGE 151, 302 Rn.19[↩]