Der Verwalter, der eine Aufgabe selbst wahrnimmt, mit der er zulässigerweise einen Rechtsanwalt hätte beauftragen können, hat den Vorteil wählen zu können, ob er seine Vergütung nach dem RVG oder nach der InsVV geltend macht. Entscheidet er sich für letztere, darf er nicht erwarten, zumindest so gestellt zu werden, als hätte er die Vergütung nach dem RVG gewählt1.

Die Bemessung von Zu- und Abschlägen ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt2. Der rechtlichen Nachprüfung zugänglich sind jedoch die Maßstäbe (Rechtsgrundsätze) und ihre Beachtung, nach denen das Leistungsbild der entfalteten Verwaltertätigkeit im Einzelfall gewürdigt und zu dem Grundsatz einer leistungsangemessenen Vergütung (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 63 InsO) in Beziehung gesetzt worden ist3.
Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 InsO durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. § 3 InsVV konkretisiert diese gesetzlichen Vorgaben beispielhaft durch Zu- und Abschlagstatbestände4. Maßgebend ist, ob die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, also der real gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand. Das Insolvenzgericht hat dabei die in Betracht kommenden Tatbestände im Einzelnen zu überprüfen und zu beurteilen. Einer Bewertung der Höhe jedes einzelnen Zu- oder Abschlags bedarf es nicht. Es genügt, wenn der Tatrichter die möglichen Zu- und Abschlagstatbestände dem Grunde nach prüft und anschließend in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder Gesamtabschlag bestimmt5.
Im hier entschiedenen Fall hat das Landgericht Dortmund in seiner Beschwerdeentscheidung6 nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass für die Prüfung der zur Aufnahme in die Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen ein Zuschlag gewährt werden dürfte, weil es sich insoweit um die Wahrnehmung einer Regelaufgabe handelte. Vielmehr hat das Landgericht Dortmund gemeint, vorliegend sei durch die Forderungsprüfungen kein Aufwand angefallen, der über das für ein Regelinsolvenzverfahren übliche Maß hinausgegangen sei. Das ist nicht zu beanstanden.
Dem Insolvenzverwalter war für seine Tätigkeit im Rahmen der Erbauseinandersetzung und zur Abwehr eines Regressanspruchs nach § 64 GmbHG aF nicht bereits deshalb ein Zuschlag zu gewähren, weil er sich diese Tätigkeiten auch nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) hätte vergüten lassen können. Der Verwalter, der eine Aufgabe selbst wahrnimmt, mit der er zulässigerweise einen Rechtsanwalt hätte beauftragen können, hat den Vorteil wählen zu können, ob er seine Vergütung nach dem RVG oder nach der InsVV geltend macht. Entscheidet er sich für letztere, darf er nicht erwarten, zumindest so gestellt zu werden, als hätte er die Vergütung nach dem RVG gewählt. Wählt er im Falle einer Masseerhöhung die massebezogene Vergütung nach der InsVV, nicht die gegenstandswertbezogenen Gebühren nach dem RVG, kann er nicht verlangen, dass auch in diesem Fall immer ein Zuschlag gewährt werden muss. Die Beurteilung der Angemessenheit eines Zuschlags für die Tätigkeit des Verwalters ist bei einer Wahl der Vergütung nach der InsVV vielmehr nach deren System zu bemessen7. Die entsprechende Prüfung hat das Landgericht Dortmund vorgenommen.
Das Landgericht Dortmund hat auch bei seiner Beurteilung, dass der erhebliche Umfang der Tätigkeit des Insolvenzverwalters im Zuge der Erbauseinandersetzung den geltend gemachten Zuschlag von 40 % nicht rechtfertige, keinen falschen Maßstab angelegt. Es hat eine Vergleichsrechnung durchgeführt, nach der die allein aus der Massemehrung sich ergebende Erhöhung der Vergütung um ein Vielfaches höher sei als der Betrag, der über den beantragten Zuschlag ohne die Massemehrung verdient wäre8. Dem ist – entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde – nicht zu entnehmen, dass das Landgericht Dortmund eine Bindung an den durch den Insolvenzverwalter beantragten Prozentsatz angenommen hätte. Das Landgericht Dortmund hat vielmehr gemeint, der Mehraufwand des Insolvenzverwalters sei jedenfalls bereits dadurch ausreichend abgegolten, dass es durch die Massemehrung in Folge der Erbauseinandersetzung zu einer erheblichen Erhöhung der Regelvergütung gekommen sei. Die durch die Massemehrung bewirkte Erhöhung der Regelvergütung stelle eine angemessene Vergütung der Tätigkeit dar. Deshalb hat auch die weitere Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landgericht Dortmund habe verkannt, dass der Insolvenzverwalter einen Zuschlag von 40 % zusätzlich zu der erhöhten Vergütung infolge der vergrößerten Masse als angemessen erachtet und entsprechend beantragt habe, keinen Erfolg.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Oktober 2022 – IX ZB 10/22
- Bestätigung von BGH, Beschluss vom 08.03.2012 – IX ZB 162/11[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 07.10.2021 – IX ZB 4/20, NZI 2021, 1076 Rn. 8 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460 unter III. 2.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 29.04.2021 – IX ZB 58/19, NZI 2021, 744 Rn. 10[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 07.10.2021 – IX ZB 4/20, NZI 2021, 1076 Rn. 9 mwN[↩]
- LG Dortmund, Beschluss vom 01.03.2022 – 9 T 1098/21[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 08.03.2012 – IX ZB 162/11, NZI 2012, 372 Rn. 17 f[↩]
- vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 07.10.2010 – IX ZB 115/08, ZInsO 2010, 2409 Rn. 6 f mwN[↩]