Die Ablehnung des Gerichtsvollziehers, Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO mitzuvollstrecken, stellt eine Entscheidung über Kosten im Sinne des § 567 Abs. 2 ZPO dar.

Die im Streitfall gegebene Weigerung des Gerichtsvollziehers, Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO mitzuvollstrecken, stellt eine Entscheidung über Kosten im Sinne des § 567 Abs. 2 ZPO dar. Entscheidungen über Kosten im Sinne des § 567 Abs. 2 ZPO sind nicht nur Kostengrundentscheidungen und Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. § 104 Abs. 3, § 107 Abs. 3 ZPO), sondern auch Entscheidungen im Zusammenhang mit der Beitreibung von Kosten im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 788 Abs. 1 ZPO1.
In ihrer bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung unterschied die Vorschrift des § 567 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Beschwerdewerte zwischen Entscheidungen über die Kostenpflicht und anderen Kostenentscheidungen. Nach den Gesetzesmaterialien sollten dem Begriff der anderen Entscheidungen über Kosten die Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren (§ 104 Abs. 3, § 107 Abs. 3 ZPO), im Zusammenhang mit der Beitreibung von Zwangsvollstreckungskosten (§ 788 Abs. 1 ZPO) und beim Absetzen von Kosten im Mahnverfahren unterfallen, nicht aber Entscheidungen aufgrund von Kostengesetzen außerhalb der Zivilprozessordnung2.
Seit der ab 1.07.2004 geltenden Neufassung der Vorschrift durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenmodernisierungsgesetz – KostRMoG)3 gilt hinsichtlich sämtlicher Entscheidungen über Kosten ein einheitlicher Beschwerdewert. Hintergrund der Neufassung war die Absicht, den Beschwerdewert in Kostensachen an den mit dem Gesetz ebenfalls erhöhten Beschwerdewert in § 66 Abs. 2 GKG anzupassen4. Eine Änderung des Anwendungsbereichs der Vorschrift ist mit dieser Vereinheitlichung nicht einhergegangen5.
Die Gleichbehandlung von Entscheidungen über die Kostenfestsetzung und die Mitvollstreckung von Kosten stellt sich auch als sachangemessen dar. Es ist nicht gerechtfertigt, die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung des Gerichtsvollziehers, Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO mitzuvollstrecken, von anderen Voraussetzungen abhängig zu machen als die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung der förmlichen Festsetzung von Vollstreckungskosten nach § 788 Abs. 2 in Verbindung mit § 104 ZPO6.
Die Rechtsbeschwerde wendet gegen die Anwendung des § 567 Abs. 2 ZPO auf Entscheidungen über die Mitvollstreckung von Kosten gemäß § 788 Abs. 1 ZPO vergeblich ein, sie verletze den Grundsatz der Rechtsmittelklarheit. Dieser Grundsatz besagt, dass die Parteien in der Lage sein müssen, zweifelsfrei erkennen zu können, welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist7. Die Anwendung des § 567 Abs. 2 ZPO auf Entscheidungen über die Mitvollstreckung von Kosten nach § 788 Abs. 1 ZPO ist das Ergebnis einer hinreichend klaren Auslegung des Begriffs der Entscheidung über Kosten.
Danach war bereits die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts unzulässig.
Das Rechtsbeschwerdegericht hat die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde, über die das Beschwerdegericht entschieden hat, von Amts wegen zu prüfen. Ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ist nur möglich, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet ist, weil die Anfechtbarkeit der getroffenen Entscheidung vom Gesetz ausgeschlossen ist8.
Der Beschwerdewert beläuft sich im Streitfall auf Rechtsanwaltskosten in Höhe von 18 € und erreicht daher den nach § 567 Abs. 2 ZPO erforderlichen Mindestbeschwerdewert nicht. Diese Kosten bestehen in einer 0, 3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 237, 95 €, die sich bei Zugrundelegung der Gebührentabelle gemäß Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG auf 13, 50 € beliefe. Nach § 13 Abs. 2 RVG beträgt die Mindestgebühr allerdings 15 €. Hinzuzusetzen ist die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20% des Gebührenbetrags, die sich im Streitfall auf 3 € beläuft.
Die Unterschreitung des Mindestbeschwerdewerts gemäß § 567 Abs. 2 ZPO führt auch zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde.
Es besteht insoweit keine Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassung gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Eine Entscheidung, die vom Gesetz der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei irriger Rechtsmittelzulassung unanfechtbar. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde ebenso wie bei der Revision nur die Bejahung der in den § 574 Abs. 3 Satz 1 und § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Die Zulassung des Rechtsmittels führt dagegen nicht dazu, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ist daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden. Dies gilt zumal dann, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig gewesen ist9; Beschluss vom 21.04.2004 – XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 15 6]; Beschluss vom 11.09.2008 – I ZB 36/07, NJW-RR 2009, 424 Rn. 13; Beschluss vom 09.02.2010 – VI ZB 59/09, VersR 2010, 1241 Rn. 3; BGH, NJW-RR 2011, 142 Rn. 5; NJW-RR 2011, 143 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 01.12.2010 – XII ZB 227/10, NJW-RR 2011, 577 Rn. 6; Beschluss vom 29.11.2016 – VI ZB 23/16, VersR 2017, 908 Rn. 6)).
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. März 2020 – I ZB 50/19
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.08.2012 – VII ZB 86/10, NJW 2012, 3308 Rn. 11 mwN; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 567 Rn. 44; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 567 Rn.20[↩]
- vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drs. 14/4722, S. 110[↩]
- BGBl. I 2004, S. 718[↩]
- vgl. Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drs. 15/1971, S. 233[↩]
- vgl. BGH, NJW 2012, 3308 Rn. 11[↩]
- vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 11.02.2004 – 5 T 57/04 4[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2019 – I ZR 44/19, GRUR 2020, 307 Rn. 11 = WRP 2020, 314 – Sonntagsverkauf von Backwaren, mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – IX ZB 369/02 , NJW 2004, 1112, 1113 4]; Beschluss vom 09.06.2010 – XII ZB 75/10, NJW-RR 2011, 142 Rn. 5; Beschluss vom 22.06.2010 – VI ZB 10/10, NJW-RR 2011, 143 Rn. 4 f.; Beschluss vom 26.03.2015 – III ZB 80/13, NJW-RR 2015, 1405 Rn. 11; Beschluss vom 27.10.2016 – III ZB 17/16, NJW-RR 2017, 253 Rn. 2; Beschluss vom 20.02.2020 – I ZB 45/19 Rn. 7, jeweils mwN; vgl. auch – zur Zulässigkeit der Revision – BGH, Urteil vom 12.01.2017 – I ZR 198/15, NJW 2017, 2337 Rn. 11; Urteil vom 19.03.2019 – XI ZR 95/17, NJW 2019, 2162 Rn. 14, jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 01.10.2002 – IX ZB 271/02, NJW 2003, 70 5][↩]
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- Amtsgericht Aurich: Karsten Paulick