Die wiedeholte Beschwerde

Weist das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde aus sachlichen Gründen zurück, ist ihre Wiederholung auch während der noch laufenden Beschwerdefrist unzulässig.

Die wiedeholte Beschwerde

Die erneute sofortige Beschwerde (hier: des Schuldners gegen den nach § 802g Abs. 1 ZPO erlassenen Haftbefehl) ist zwar gemäß §§ 793, 567 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil das Beschwerdegericht zuvor bereits über die (erste) sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Haftbefehl entschieden hat. Seine erneute sofortige Beschwerde ist deshalb unzulässig.

Der Schuldner hat den Haftbefehl mit seiner (ersten) sofortigen Beschwerde wirksam angefochten. Dem steht nicht entgegen, dass ihm zu diesem Zeitpunkt eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls weder zugestellt noch übergeben worden war. Eine Beschwerde ist bereits dann zulässig, wenn der Haftbefehl mit Hinausgabe aus dem Geschäftsbetrieb des Gerichts existent geworden ist1.

Das Beschwerdegericht hat die (erste) sofortige Beschwerde des Schuldners aus sachlichen Gründen zurückgewiesen. Die Wiederholung der sofortigen Beschwerde ist in diesem Fall unzulässig2.

Dem steht nicht entgegen, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Einlegung der ersten sofortigen Beschwerde keine genaue Kenntnis vom Inhalt des Haftbefehls hatte. Er hätte sich diese Kenntnis durch Akteneinsicht gemäß § 299 Abs. 1 ZPO vor Einlegung der sofortigen Beschwerde beschaffen können.

Die Frage, ob eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse die Zulässigkeit einer wiederholten Beschwerde begründen könnte oder eine so begründete Eingabe auch während der noch laufenden Beschwerdefrist als Erinnerung – gemäß §§ 767, 794 Abs. 1 Nr. 3, § 795 ZPO3 oder gemäß § 766 ZPO analog4 – auszulegen wäre, stellt sich hier nicht5.

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Der Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und der Verwerfung der sofortigen Beschwerde des Schuldners als unzulässig steht das auch im Rechtsbeschwerdeverfahren zu beachtende prozessuale Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius)6 nicht entgegen. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl des Amtsgerichts aufgehoben, ihn gleichzeitig jedoch – unter Berücksichtigung des richtigen Datums des Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung – neu gefasst. Die Aufhebung dieser Entscheidung und die Verwerfung der sofortigen Beschwerde des Schuldners als unzulässig führt zwar dazu, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts bestehen bleibt. Das stellt sich in der Sache aber nur als eine vom Verbot der reformatio in peius nicht erfasste andere Begründung7 dar, zumal das fehlerhafte Datum im Haftbefehl in entsprechender Anwendung von § 319 Abs. 1 ZPO gegebenenfalls jederzeit durch das Amtsgericht berichtigt werden kann.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Januar 2022 – I ZB 30/21

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 28.03.2019 – I ZB 63/18, DGVZ 2019, 148 Rn. 16; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18.06.2020 – I ZB 83/19, NJW-RR 2020, 1191 Rn. 12; OLG Frankfurt am Main, NJW 1974, 1389[]
  2. vgl. OLG Hamm, JR 1975, 25, 26 f.; OLG Bamberg, NJW 1965, 2407, 2408; OLG Frankfurt am Main, NJW 1974, 1389 f.; OLG München, MDR 1983, 585; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 42. Aufl., § 567 Rn. 30; Münch-Komm.ZPO/Hamdorf, 6. Aufl., § 567 Rn. 33; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., 567 Rn. 36; Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 567 Rn. 16; BeckOK-ZPO/Wulf, 43 Edition [Stand 1.12.2021], § 567 Rn. 9; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., § 147 Rn. 21; für die Unstatthaftigkeit der wiederholten Beschwerde vgl. Ratte, Wiederholung der Beschwerde und Gegenvorstellung, 1975, S. 87; Jänich in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., Vorbemerkung zu § 567 Rn. 24[]
  3. für den Rechtsbehelf nach Ablauf der Beschwerdefrist vgl. MünchKomm-ZPO/Forbriger aaO § 802g Rn. 24[]
  4. für den Rechtsbehelf nach Ablauf der Beschwerdefrist vgl. Voit in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 802g Rn. 11; Würdinger in Stein/Jonas aaO § 802g Rn. 28[]
  5. zu dieser Frage vgl. auch MünchKomm-ZPO/Hamdorf aaO § 567 Rn. 34[]
  6. vgl. BGH, Beschluss vom 06.05.2004 – IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 124 5][]
  7. vgl. Jänich in Wieczorek/Schütze aaO § 572 Rn. 65[]
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