Einmalbeitrag zur Insolvenzsicherung der Betriebsrenten

Im Rahmen der gesetzlichen Insolvenzsicherung für Betriebsrenten ist gemäß § 30i BetrAVG der Barwert der bis zum 31. Dezember 2005 aufgrund eingetretener Insolvenzen zu sichernden Anwartschaften einmalig auf die beitragspflichtigen Arbeitgeber entsprechend § 10 Abs. 3 BetrAVG umzulegen und vom nach Maßgabe der Beträge zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das im Jahr 2004 geendet hat, zu erheben. Der Einmalbeitrag ist gemäß § 30i Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrAVG in 15 gleichen Raten erstmals zum 31. März 2007 und sodann in weiteren Jahresraten zum 31. März der Folgejahre fällig.

Einmalbeitrag zur Insolvenzsicherung der Betriebsrenten

Die Erhebung dieses Einmalbeitrags verletzt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts weder den Gleichheitssatz noch das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot. Die Pflicht zur Zahlung des Einmalbeitrags nach § 30i Abs. 1 BetrAVG setzt jedoch voraus, dass eine Beitragspflicht nach § 10 Abs. 1 BetrAVG im Jahr 2005 und bei Inkrafttreten des § 30i BetrAVG bestand.

Beitragspflicht in 2005[↑]

Der Beitragstatbestand des § 30i Abs. 1 BetrAVG setzt die Beitragspflicht des Arbeitgebers zur Insolvenzsicherung im Jahr 2005 voraus und erfasst damit weder Arbeitgeber, deren Beitragspflicht gemäß § 10 Abs. 1 BetrAVG vor dem 1. Januar 2005 endete, noch diejenigen, die erst seit dem 1. Januar 2006 beitragspflichtig geworden sind. Das folgt bereits aus dem Wortlaut von § 30i Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, der für die Bemessung des Einmalbeitrags auf § 10 Abs. 3 BetrAVG und die Beträge zum Schluss des im Jahr 2004 endenden Wirtschaftsjahres, also auf die Bemessungsgrundlage des Beitrags für 2005 gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 BetrAVG verweist.

Auch der systematische Zusammenhang mit § 10 Abs. 2 BetrAVG in der seit dem Inkrafttreten des § 30i BetrAVG zum 12. Dezember 2006 geltenden Fassung spricht dafür, dass der Einmalbeitrag nur von Arbeitgebern erhoben werden soll, die im Jahr 2005 beitragspflichtig waren. Arbeitgeber, die erst zum 1. Januar 2006 beitragspflichtig geworden sind, finanzieren gemäß § 10 Abs. 2 BetrAVG n.F. zusätzlich zu den laufenden Versorgungsleistungen auch den Barwert der Anwartschaften auf spätere Versorgungsleistungen, die aufgrund der seither eingetretenen Insolvenzen zu sichern sind. Demgegenüber war gemäß § 10 Abs. 2 BetrAVG a.F. die Ausfinanzierung der Versorgungsanwartschaften aus eingetretenen Insolvenzen bis zum Ablauf des Beitragsjahres 2005 noch nicht vorgesehen. Dies hatte zur Folge, dass für den Zeitraum seit Bestehen der Insolvenzsicherungspflicht nach dem Betriebsrentengesetz bis Ende 2005 eine Deckungslücke bezüglich der bis dahin angefallenen Versorgungsanwartschaften bestand, die durch zusätzliche Beiträge gemäß § 30i BetrAVG abgedeckt werden sollte. Der Gesetzgeber wollte zur Schließung dieser Lücke nur diejenigen Arbeitgeber heranziehen, die in der Zeit des Entstehens der Deckungslücke – bis Ende 2005 – insolvenzsicherungspflichtig waren und von Liquiditätsvorteilen des Rentenwertumlageverfahrens profitieren konnten1:

Der Beitragstatbestand des § 30i Abs. 1 BetrAVG knüpft nicht nur an die bestehende Beitragspflicht des Arbeitgebers im Jahr 2005 an, sondern setzt zusätzlich voraus, dass diese Pflicht auch bei Inkrafttreten der Beitragsregelung bestand2. Das folgt aus dem Wortlaut des § 30i Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, der von einer Umlage des Barwerts eingetretener Insolvenzen „auf die beitragspflichtigen Arbeitgeber“ spricht und damit an die im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Beitragspflicht anknüpft. Ferner spricht für diese Annahme die systematische Verknüpfung mit § 10 Abs. 1 BetrAVG, die als Grund für die Erhebung eines Einmalbeitrags die bestehende Beitragspflicht des insolvenzpflichtigen Arbeitgebers voraussetzt.

Den Gesetzesmaterialien ist nichts Abweichendes zu entnehmen. Absicht des Gesetzgebers war es, ohne unverhältnismäßigen Aufwand diejenigen Arbeitgeber zur Finanzierung der Deckungslücke heranzuziehen, die von Liquiditätsvorteilen des Rentenwertumlageverfahrens profitiert haben3. Gesetzgeberisches Anliegen war es hingegen nicht, bereits aus der Beitragspflicht ausgeschiedene Arbeitgeber nachträglich zu einem Einmalbeitrag heranzuziehen.

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Gleichheitsgrundsatz[↑]

§ 30i BetrAVG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Art. 3 Abs. 1 GG, auf den sich die Klägerin nach Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann, gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere Gruppe behandelt, obwohl bei beiden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten; es muss ein vernünftiger Grund für die Regelung fehlen und sie als willkürlich erscheinen lassen4. Die Prüfungsintensität reicht dabei vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an die Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit, wobei eine strenge Prüfung insbesondere bei einer differenzierten Behandlung von Personen und nicht bloß Sachverhalten sowie im Fall der Beeinträchtigung anderer Grundrechte geboten ist5. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen und komplexen Sachverhalten ist der Gesetzgeber zudem grundsätzlich berechtigt, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein wegen der damit einhergehenden Härten den allgemeinen Gleichheitssatz zu verletzen6.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen sieht als maßgeblichen Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung der nach § 30i BetrAVG verpflichteten Arbeitgeber gegenüber den Arbeitgebern, die bereits vor dem Jahre 2005 aus der Mitgliedschaft des Beklagten ausgeschieden sind und daher nicht zu einem einmaligen Beitrag herangezogen werden, zutreffend den Umstand, dass ein Rückgriff auf diese Personengruppe rechtswidrig wäre7. Die Beitragspflicht endet grundsätzlich mit dem Ende der Insolvenzsicherungspflicht. Zwar ist eine nachträgliche Beitragsfestsetzung bei einem Ausscheiden während des Jahres zulässig. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Verlängerung der Beitragspflicht über den Zeitraum des Ausscheidens hinaus, sondern um eine nachträgliche Veranlagung für den anteiligen Jahreszeitraum vor dem Ausscheiden8. Für alle vor 2005 Ausgeschiedenen ist die Beitragspflicht mit Ablauf des Jahres 2004 endgültig erloschen. Da sie bei Inkrafttreten des § 30i BetrAVG nicht mehr am Versichertenrisiko teilnahmen, durften sie nicht mehr zur neu geregelten Deckung des Finanzierungsrisikos mittels Beitragserhebung herangezogen werden, obwohl auch sie vom ursprünglichen Rentenwertumlageverfahren in der Vergangenheit profitiert haben.

Nichts anderes gilt für diejenige Teilgruppe von Arbeitgebern, die 2005 noch beitragspflichtig waren, aber vor Inkrafttreten des § 30i BetrAVG aus der Insolvenzsicherungspflicht ausgeschieden sind. Auch für diese Personengruppe ist es gerechtfertigt, sie nicht zu einem Einmalbeitrag heranzuziehen, weil dies eine unzulässige Begründung einer Beitragspflicht nach Beendigung der Mitgliedschaft bedeuten würde.

Eine Ungleichbehandlung der unter dem alten Finanzierungssystem beitragspflichtigen Arbeitgeber gegenüber der Gruppe der Arbeitgeber, die erst seit dem 1. Januar 2006 der Insolvenzsicherungspflicht unterliegen, rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass diese von dem bisherigen Finanzierungssystem nicht profitiert haben. Sie hatten keinen Liquiditätsvorteil aus der zeitlichen Verschiebung der Ausfinanzierung der Anwartschaften auf den Zeitpunkt des Eintritts des individuellen Versorgungsfalles. Bedenken könnte die Nichteinbeziehung der erst ab 2006 beitragspflichtigen Arbeitgebergruppe nur dann unterliegen, wenn diese von der Kapitalbildung in Zukunft erheblich profitieren würden, etwa durch sinkende Beitragssätze durch die Zinseinnahmen aus der Anlage des Einmalbeitragsaufkommens. Eine derartige Übervorteilung ist allerdings weitgehend ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber für die Barwertberechnung künftiger Anwartschaften in § 30i Abs. 1 Satz 1 BetrAVG – parallel auch in § 10 Abs. 2 BetrAVG – einen höheren Rechnungszinsfuß vorgesehen hat9. Die Vorausleistung wird damit nicht nur im Interesse der Beitragspflichtigen verringert, sondern zugleich wird vermieden, dass mit den Vorauszahlungen Überschüsse erzielt werden, die den früheren Beitragspflichtigen nicht mehr zugute kommen.

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Beitragsmessung und fehlende Binnendifferenzierung[↑]

Schließlich steht die Annahme, § 30i BetrAVG verstoße wegen einer fehlenden Binnendifferenzierung innerhalb der beitragspflichtigen Arbeitgeber, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, mit Bundesrecht im Einklang. Dies gilt auch für die Gruppe der Arbeitgeber, die erst im Jahr 2005 erstmals beitragspflichtig geworden sind.

Auf dem Gebiet des Beitragsrechts müssen die Beiträge im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht bemessen werden10. Zusätzlich hat es berücksichtigt, dass dieser Grundsatz auf dem Gebiet der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung nur eingeschränkt gilt, weil im Bereich der betrieblichen Altersversorgung mit ihrer Funktion, die Sozialrenten zu einer angemessenen Gesamtversorgung zu ergänzen, an die Stelle der Abgeltung eines individuellen Vorteils der aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Grundsatz des sozialen Ausgleichs tritt11. Unabhängig davon, ist bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat12.

Für die Insolvenzsicherungspflicht ist von dem Grundsatz auszugehen, dass der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hat. Es ist Sache des Gesetzgebers den Sachverhalt auszuwählen, an den er dieselbe Rechtsfolge knüpft, solange er seine Auswahl sachgerecht trifft13. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen braucht der Gesetzgeber nicht um die differenzierende Berücksichtigung aller denkbaren Fälle besorgt zu sein14. Eine Typisierung, Pauschalierung oder Generalisierung ist gerechtfertigt, wenn die durch sie eintretenden Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären. Danach durfte der Gesetzgeber hier auf eine ins Einzelne gehende Differenzierung verzichten, selbst wenn dies für die nur kurze Zeit der Beitragspflicht unterfallenden Arbeitgeber eine überproportionale Belastung bedeutete. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wäre es nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand für den Beklagten möglich gewesen, die Dauer der Mitgliedschaft der einzelnen Arbeitgeber festzustellen. Diese Zuordnung wurde zusätzlich erschwert durch Firmenübernahmen und Firmenzusammenschlüsse. Der erforderliche Mehraufwand hätte in keinem Verhältnis zu einer finanziellen Entlastung der Arbeitgeber gestanden. Ausgehend von einem Mitgliederbestand von 60 000 Arbeitgebern hätte für den Einzelfall die Mitgliedsdauer ermittelt werden müssen. Eine zeitanteilige Lastenverteilung der 167 000 unverfallbaren Versorgungsanwartschaften aus 10 723 Insolvenzen in den vergangenen 31 Jahren, die bis zum 31. Dezember 2005 noch nicht ausfinanziert gewesen waren, hätte einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet, der gemäß § 10 Abs. 2 BetrAVG von den beitragspflichtigen Arbeitgebern zu tragen sei. Demgegenüber hätte für den Beklagten die Möglichkeit bestanden, zur Begleichung der Deckungslücke bis zum 31. Dezember 2005 von rund 2,2 Mrd. € den Beitragssatz heraufzusetzen (8,66 Promille und höher). Trotz eines unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwandes hätte dies nur für einen Teil der Arbeitgeber zu einer Besserstellung geführt, der zudem nicht wesentlich zum Beitragsaufkommen beigesteuert hätte.

Selbst wenn die Differenzierung der Beitragsbelastung am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen wäre, läge insoweit kein Verfassungsverstoß vor. Die Beschränkung der Heranziehung auf die 2005 und auch am 12. Dezember 2006 beitragspflichtigen Arbeitgeber war, wie oben dargelegt, wegen des Verbots einer Heranziehung der Ausgeschiedenen erforderlich. Aus dem Umstand, dass eine periodengerechte Beitragsdifferenzierung über einen 31-jährigen Zeitraum allenfalls mit unverhältnismäßig großem Aufwand zu leisten wäre, folgt zugleich die Notwendigkeit, die Differenzierung auf gröbere sachgerechte Kriterien wie die des § 10 Abs. 3 BetrAVG zu beschränken. Die damit einhergehenden Nachteile sind den Betroffenen, die von einer periodengerechten Verteilung profitiert hätten, auch zumutbar. Ihre Mehrbelastung steht nicht außer allem Verhältnis zum legitimen Zweck, die Finanzierungslücke hinsichtlich zu sichernder Versorgungsanwartschaften durch Heranziehung der Beitragspflichtigen zu schließen, denen der bisherige Finanzierungsschub zugute gekommen war. Die mögliche Ratenzahlung schließt eine ruinöse Belastung Einzelner aus. Die Belastungsverzerrungen innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen betreffen nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten lediglich ein Beitragsvolumen von 10 %, das sich auf 93 % seiner Mitglieder verteilt. Wegen dieser Streuung erscheinen die Nachteile, die sich aus dem Unterbleiben einer periodengerechten Verteilung für die Betroffenen ergeben, weder bei absoluter noch bei relativer Betrachtung unerträglich.

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Rückwirkungsverbot[↑]

Eine Verletzung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) liegt nicht vor.

Hinsichtlich der Klägerin, die im Jahre 2005 beitragspflichtig war und auch nicht vor dem Inkrafttreten des § 30i BetrAVG aus der Insolvenzsicherungspflicht ausgeschieden ist, ist von einer sogenannten unechten Rückwirkung oder tatbestandlichen Rückanknüpfung auszugehen und eine echte Rückwirkung im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen zu verneinen.

Sie liegt nur vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift15. Die Anordnung, dass eine Rechtsfolge schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten soll, ist grundsätzlich unzulässig16.

Eine unechte Rückwirkung ist hingegen gegeben, wenn eine Norm gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft regelt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Die Norm macht erst in Zukunft eintretende Rechtsfolgen von Umständen abhängig, die vor der Zeit ihrer Verkündung liegen, weshalb nicht ihr zeitlicher, sondern nur ihr sachlicher Anwendungsbereich betroffen ist17. Eine unechte Rückwirkung wird grundsätzlich als verfassungsrechtlich zulässig angesehen, sofern dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz hinreichend Rechnung getragen wird.

Die Regelung in § 30i BetrAVG wirkt auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein, beeinträchtigt dabei zugleich nachträglich eine in der Vergangenheit begründete Rechtsposition der Betroffenen und stellt sich deshalb als eine tatbestandliche Rückanknüpfung dar. Der Beitragstatbestand gemäß § 30i BetrAVG ist erst mit Inkrafttreten der Regelung am 12. Dezember 2006 entstanden und sieht eine Beitragserhebung für die Zukunft in 15 Jahresraten ab dem 31. März 2007 vor18. Nur seine Tatbestandsvoraussetzungen weisen einen Rückbezug insoweit auf, als sie eine allgemeine Beitragspflicht im Jahr 2005 voraussetzen und an die Beitragsbemessungsgrundlage für dieses Jahr anknüpfen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die zu sichernden unverfallbaren Versorgungsanwartschaften aus eingetretenen Insolvenzen bis Ende 2005 auf den Beitragssatz seinerzeit noch nicht auswirkten, sondern erst in dem Jahr, in dem der individuelle Versorgungsfall eingetreten ist, mit den Barwerten der Renten finanziert wurden.

Die Ansicht, mit § 30i BetrAVG werde unzulässig rückwirkend in einen abgeschlossenen Tatbestand eingegriffen, weil für das Beitragsjahr 2005 eine endgültige und abgeschlossene Rechtsbeziehung mit der Festlegung des Beitragssatzes in Höhe von 4,90 Promille bestanden habe19, verkennt, dass § 30i BetrAVG nicht rückwirkend den Beitragssatz für das Beitragsjahr 2005 erhöht.

Die Zulässigkeit des Erlasses rückwirkender Vorschriften ist durch das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Danach ist eine unechte Rückwirkung unzulässig, wenn sie zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn das Bestandsinteresse der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegt20.

Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz. Auch bei unechter Rückwirkung eines Gesetzes ist das Vertrauen enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Berechtigte nicht zu rechnen brauchte, den er bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte21. Auf der anderen Seite muss der Gesetzgeber bei gesellschaftspolitischen Veränderungen und damit verbundenen Interessenlagen, insbesondere auch der Belastbarkeit der Solidargemeinschaft Rechnung tragen. Der Einzelne kann sich gegenüber gesetzlichen Änderungen dann nicht auf sein Vertrauen berufen, wenn dieses Vertrauen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände billigerweise eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber nicht beanspruchen kann.

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Gegen die Annahme, dass dem Interesse der nach § 30i BetrAVG beitragspflichtigen Arbeitgeber am Bestand der bisherigen Beitragserhebung und Beitragsbemessung gegenüber dem Veränderungsinteresse des Gesetzgebers an der Umstellung des Finanzierungsverfahrens der aus Insolvenzen aufgelaufenen Rentenanwartschaften nicht der Vorrang gebührt, ist nichts einzuwenden. Der Gesetzgeber hat die verfassungsrechtlichen Grenzen, die seiner Gestaltungsfreiheit durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gezogen sind, bei der Fassung des § 30i BetrAVG nicht überschritten. Die tatbestandliche Rückanknüpfung verfolgt ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel und ist verhältnismäßig. Der Gesetzgeber durfte sich vor dem Hintergrund des aktuellen Insolvenzgeschehens und des aufgelaufenen Schadenvolumens zum Ziel setzen, die Finanzierung des Beklagten zukunftssicherer auszugestalten sowie zur Schließung der im Rentenwertumlagesystem entstandenen Deckungslücke Arbeitgeber heranzuziehen, denen der Aufschub der Finanzierung zu sichernder Anwartschaften im bisherigen System Liquiditätsvorteile gewährt hatte. Wegen der noch nicht finanzierten Anwartschaften, deren Barwert Ende 2005 mit rund 2,2 Mrd. Euro beziffert wurde, war zu befürchten, dass auf die Arbeitgeber künftig ein erhebliches Finanzierungsrisiko zukommen würde, das durch eine Umstellung auf vollständige Kapitaldeckung „abgefedert“ werden sollte. Die Finanzierung der Insolvenzsicherung sollte damit unabhängiger von Strukturentscheidungen der Unternehmen und insgesamt zukunftssicherer gestaltet werden22.

Die Pflicht zur Zahlung eines Einmalbeitrags ist geeignet und erforderlich, die vom Gesetzgeber verfolgten legitimen Ziele zu verwirklichen. Das Schließen der Deckungslücke durch diejenigen Arbeitgeber, die von den Liquiditätsvorteilen des Rentenwertumlageverfahrens bis zur Umstellung der Finanzierung zum 1. Januar 2006 profitiert haben, war nur mit der Anknüpfung an eine vor diesem Zeitpunkt begründete Beitragspflicht zu erreichen. Ohne diese Rückanknüpfung hätte der Gesetzgeber auch nicht das Ziel erreichen können, das durch insolvenzsicherungspflichtige Versorgungszusagen begründete Ausfallrisiko enger mit der Finanzierung der bei einer Verwirklichung des Risikos zu erbringenden Leistung zu verbinden. Schließlich garantiert nur die tatbestandliche Rückanknüpfung der Einmalbeitragspflicht, dass Arbeitgeber, die vom Rentenwertumlageverfahren profitiert haben, sich der Verpflichtung zur Nachfinanzierung der Deckungslücke nicht durch die vom Gesetzgeber genannten Strukturentscheidungen23 entziehen können, die einen Wechsel in beitragsfreie oder beitragsermäßigte Formen der betrieblichen Altersversorgung zum Gegenstand haben und die Ausfinanzierung der selbst begründeten Anwartschaften den übrigen Beitragspflichtigen überlassen.

Auch ist von der Zumutbarkeit der unechten Rückwirkung auszugehen. Sie ergibt sich daraus, dass die Beitragsbelastung wegen des vergleichsweise hohen Rechnungszinsfußes nach § 30i Abs. 1 Satz 2 BetrAVG24 absehbar nur die zur Finanzierung der künftigen Ausgaben mindestens erforderlichen Beträge erhebt, und dass die daraus resultierende Belastung auf 15 Jahresraten mit einer zusätzlichen Beitragsbelastung von rund 0,58 Promille der Beitragsbemessungsgrundlage gestreckt oder, wahlweise, in einer diskontierten Einmalzahlung geleistet werden kann. Die Belastung, die durch die Erhebung des einmaligen Beitrags eintritt, ist damit auch für diejenigen Arbeitgeber zumutbar, die erst seit kurzer Zeit insolvenzpflichtig sind. Bei der Ausgestaltung solcher Ausgleichs- oder Abmilderungsregeln steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung25. Insbesondere muss er nicht alle denkbaren Sonderfälle erfassen. Stichtagsregelungen haben immer eine gewisse Härte zur Folge, die hier wegen der Sachgerechtigkeit hingenommen werden muss. Die Gesamtforderung liegt zugegebenermaßen hoch, sie beruht jedoch auf der hohen Beitragsbemessungsgrundlage und wird durch die eingeräumte Ratenzahlung abgemildert.

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Vertrauensschutz[↑]

Ein überwiegendes Vertrauen des Arbeitgebers in den Bestand der bisherigen Beitragserhebung lässt sich auch im Übrigen nicht begründen. Für die Beurteilung, wie weit das Vertrauen des Arbeitgebers verfassungsrechtlich zu schützen ist, kann nicht darauf abgestellt werden, welche Vorstellungen sich die Arbeitgeber über den Fortbestand der bisherigen Regelung zur Beitragserhebung und Beitragsbemessungsgrundlage gemacht haben. Wer auf Dauer angelegte Versorgungszusagen macht, kann nicht von vornherein erwarten, dass das Beitragserhebungsverfahren zur Insolvenzsicherung dieser Versorgungszusagen auf Dauer unverändert fortbesteht. Die gesetzliche Insolvenzsicherung beruht auf dem Gedanken der Solidarität und muss sich je nach dem zu finanzierenden Volumen Veränderungen anpassen können. Die rechtsstaatliche Garantie der Rechtssicherheit gewährleistet nicht, dass die Rechtsfolgen eines bestimmten Verhaltens bereits im Zeitpunkt seiner Vornahme abschließend geregelt sein müssen, sondern schützt das Vertrauen darauf, künftig nicht mit anderen als den in diesem Zeitpunkt vorhersehbaren Rechtsfolgen belastet zu werden. Die Erhebung des Einmalbeitrags stellt für die insolvenzpflichtigen Arbeitgeber keine Sonderbelastung dar, mit der sie nicht rechnen mussten; denn es war bereits zum Zeitpunkt der Zusage einer betrieblichen Altersvorsorge klar, dass sie auch für die unverfallbaren Versorgungsanwartschaften einstandspflichtig sind, sobald der Versorgungsfall eintritt. Sie werden mit dem Einmalbeitrag nicht einer unvorhersehbaren Rechtsfolge ausgesetzt. Es wird lediglich die Finanzierung der bis Ende 2005 aus eingetretenen Insolvenzen aufgelaufenen Versorgungsanwartschaften vorgezogen und mit der Ratenzahlungsregelung auf einen Zeitraum verteilt, in dem absehbar die meisten Versorgungsfälle aus den abgelaufenen Anwartschaften eintreten werden. Ein berechtigtes Vertrauen darauf, dass an dem ursprünglichen vom Gesetzgeber gewählten Modell des Rentenwertumlageverfahrens für alle Zeit festgehalten werde, ist nicht gerechtfertigt. Ein derartig weitgehendes Bestandsinteresse wird verfassungsrechtlich nicht geschützt.

Äquivalenzprinzip[↑]

Der Einwand, von der Schließung der Deckungslücke profitierten die Neumitglieder, weil sie niedrigere Beiträge leisten müssten, berücksichtigt weder das Äquivalenzprinzip noch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Heranziehung von Mitgliedern zu Beitragszahlungen für einen Zeitraum vor ihrer Mitgliedschaft stünde keine Gegenleistung des Pensionssicherungsvereins gegenüber, der für diesen Zeitraum kein Risiko übernehmen musste, weil kein öffentlich-rechtliches Mitgliedschaftsverhältnis begründet war. Die rückwirkende Begründung einer Beitragspflicht für Neumitglieder wäre überdies unverhältnismäßig, weil sie weder geeignet und erforderlich ist, die in der Vergangenheit entstandene Deckungslücke zu schließen, noch wäre es für diesen Personenkreis zumutbar für die „Altlasten“ einzustehen.

Eigentumsgarantie[↑]

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zu einem Einmalbeitrag gemäß § 30i BetrAVG verletzt nicht die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG, auf den sich die Klägerin als juristische Person des Privatrechts gemäß Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann.

Nach ständiger Rechtsprechung schützt die Eigentumsgarantie nicht das Vermögen als solches, auch wenn die Auferlegung von Geldleistungspflichten die Liquidität eines Unternehmens belasten mag26. Für den Einmalbeitrag gilt insofern nichts anderes als für die allgemeine Beitragsbelastung durch die Insolvenzabsicherung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung27.

Erdrosselungswirkung[↑]

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu übermäßig belastend oder erdrosselnd wirkender öffentlich-rechtlicher Zahlungsverpflichtungen. Für die Beurteilung einer erdrosselnden Wirkung ist dabei entscheidend auf den Beitragssatz und nicht maßgeblich auf den im Einzelfall zu zahlenden Einmalbeitrag abzustellen. Anderenfalls würde außer Acht gelassen, dass die Höhe des festgesetzten Beitrags jeweils vom Umfang der abgesicherten eigenen Versorgungszusagen abhängt. Der Einmalbeitragssatz von 8,66 Promille liegt noch innerhalb der bisherigen Schwankungsbreite des regulären Jahresbeitrags. Angesichts der Streuungsbreite der variablen Beitragssätze in der Zeit von 1975 bis 2005 ergibt sich im Fall der Ratenzahlung über 15 Jahre rechnerisch eine jährliche Mehrbelastung von 0,58 Promille auf Basis der Beitragsbemessungsgrundlage des Jahres 2005. Darin liegt keine unzumutbare Zusatzbelastung.

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Berufsfreiheit[↑]

Die Erhebung eines Einmalbeitrags verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Sie verfolgt objektiv keine berufsregelnde Tendenz. Ein Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufswahl wäre nur gegeben, wenn der Arbeitgeber infolge der Zahlung der Umlage wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wäre, seine Geschäftstätigkeit auszuüben28. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. September 2010 – 8 C 35.09

  1. vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs 16/1936 S. 1, 6 f.[]
  2. a.A. Rolfs, in: Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 5. Aufl. 2010, § 30i Rn. 9[]
  3. vgl. BT-Drs 16/1936 S. 7[]
  4. BVerfG, Beschluss vom 22.05.2001 – 1 BvL 4/96, BVerfGE 103, 392, 397; BVerwG, Urteile vom 23.05.1995 – 1 C 32.92, BVerwGE 98, 280, 288 = Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 13; und vom 23.01.2008 – 6 C 19.07, Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 18[]
  5. vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, a.a.O. Art. 3 Rn. 17 f.[]
  6. BVerfG, Beschluss vom 22.05.2001 a.a.O.[]
  7. OVG NRW, Urteile vom 14.03.1991 – 3 C 24.90, BVerwGE 88, 79, 81, 83 f.; und vom 23.01.2008 a.a.O.[]
  8. OVG NRW, Urteil vom 14.03.1991 a.a.O.[]
  9. vgl. den ursprünglichen Entwurf bei Hoppenrath, Festschrift für Andresen, 2006 S. 120 f. und BT-Drs. 16/1936 S. 6 f.[]
  10. BVerwG, Urteile vom 26.01.1993 – 1 C 33.89, BVerwGE 92, 24, 26 = Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 23; und vom 17.12.1998 – 1 C 7.98, BVerwGE 108, 169, 181 = Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 4[]
  11. BVerwG, Urteil vom 10.12.1981 – 3 C 1.81, BVerwGE 64, 248, 260, mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 16.10.1962 – 2 BvL 27/60, BVerfGE 14, 312 f.[]
  12. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1989 – 1 BvR 1402/87 u.a., BVerfGE 81, 108, 118[]
  13. BVerfG, Beschluss vom 28.06.1983 – 1 BvL 20/79, BVerfGE 64, 243, 246[]
  14. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, 255[]
  15. BVerfG, Beschluss vom 07.09.2006 – 1 BvR 1798/06, WM 2006, 2019[]
  16. BVerfG, Urteile vom 23.11.1999 – 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, 263; und vom 05.02.2004 – 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, 181; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 20 Rn. 76 f.[]
  17. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 – 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 242; und vom 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 79; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 68[]
  18. vgl. Art. 1 Nr. 2, Art. 13 des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006, verkündet am 11. Dezember 2006 – BGBl I S. 2742[]
  19. so Rolfs, in: Blomeyer/Rolfs/Otto, a.a.O., § 30i Rn. 4; Rolfs/de Groot, DB 2009 S. 61 ff.[]
  20. BVerfG, Beschluss vom 15.10.1996 – 1 BvL 44/92 und 48/92, BVerfGE 95, 64, 80 f.[]
  21. BVerfG, Beschluss vom 26.06.1979 – 1 BvL 10/78, BVerfGE 51, 356, 362 f.[]
  22. vgl. BT-Drs. 16/1936 S. 6[]
  23. vgl. BT-Drs. 16/1936 S. 7[]
  24. 3,67 % im Vergleich zu den für Lebensversicherungsunternehmen geltenden Rechnungszinsfußes von 2,5 %, vgl. BT-Drs. 16/1936 S. 6 f.[]
  25. BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 – 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, 361[]
  26. BVerfG, Urteil vom 20.07.1954 – 1 BvR 459/52, BVerfGE 4, 7, 16 f.; BVerwG, Urteil vom 29.01.1991 – 1 C 11.89, BVerwGE 87, 324, 330[]
  27. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 23.05.1995 – 1 C 32.92, BVerwGE 98, 280, 291[]
  28. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000 – 1 C 11.00, Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 44; BVerfG, Beschluss vom 03.05.2001 – 1 BvR 624/00, NVwZ 2001, 1264[]