Der in einem gerichtlichen Vergleich zum Abschluss eines Kündigungsschutzprozesses während des laufenden Insolvenzverfahrens vom Insolvenzschuldner erworbene Anspruch auf Zahlung einer Abfindung unterfällt als Neuerwerb dem Insolvenzbeschlag (§ 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO). Der Insolvenzverwalter ist insoweit in entsprechender Anwendung von § 727 ZPO Rechtsnachfolger des Insolvenzschuldners und kann eine Umschreibung des Titels und die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu seinen Gunsten verlangen.

Im Klauselerinnerungsverfahren nach § 732 ZPO kann der Schuldner alle Einwendungen gegen eine dem Gläubiger erteilte Klausel erheben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand haben. Dazu gehört auch der Einwand, die Rechtsnachfolge sei nicht eingetreten1; es handelt sich hierbei um einen Mangel in der Klauselvoraussetzung2. Ein solcher Fall liegt im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall vor. Die Arbeitgeberin (Schuldnerin) wendet sich im vorliegenden Verfahren nicht gegen die Berechtigung des Anspruchs aus dem Abfindungsvergleich selbst3 und erhebt auch nicht den einem Verfahren nach § 767 ZPO vorbehaltenen Erfüllungseinwand. Vielmehr macht sie geltend, die Voraussetzungen für die Umschreibung des Titels und die Erteilung der Vollstreckungsklausel an den Insolvenzverwalter hätten nicht vorgelegen4.
Nach § 727 Abs. 1 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in einem Urteil bezeichneten Gläubigers erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird. Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite ist jeder Wechsel der im Urteil oder sonstigen Vollstreckungstitel als Gläubiger des zu vollstreckenden Anspruchs bezeichneten Person; auf die Art der Rechtsnachfolge kommt es nicht an5. Auf gerichtliche Vergleiche ist die Vorschrift gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1, § 795 ZPO entsprechend anzuwenden. Unter diesen Voraussetzungen kann auch dem Insolvenzverwalter eine vollstreckbare Ausfertigung eines zugunsten des Insolvenzschuldners ergangenen Titels erteilt werden, sofern der Anspruch das von ihm verwaltete Vermögen betrifft und der Nachweis der Rechtsnachfolge durch Vorlage der Bestallungsurkunde (§ 56 Abs. 2 Satz 1 InsO) im Original oder in öffentlich beglaubigter Abschrift erfolgt6. Gleiches gilt für den Gläubiger, der einen Titel gegen den Insolvenzschuldner erlangt hat und nunmehr eine vollstreckbare Ausfertigung gegen den Insolvenzverwalter begehrt7. In beiden Fällen handelt es sich allerdings um keinen Fall der Rechtsnachfolge, die Notwendigkeit der Titelumschreibung ist vielmehr bedingt durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO. § 727 ZPO findet deshalb nur entsprechende Anwendung8.
Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Insolvenzverwalter in entsprechender Anwendung des § 727 Abs. 1 ZPO in Bezug auf den im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Abfindungsvergleich eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.
Die materiell-rechtliche Wirksamkeit des Titels, für den die Erteilung der Vollstreckungsklausel begehrt wird, unterliegt im Klauselerinnerungsverfahren nach § 732 ZPO keiner Überprüfung9. Deshalb könnte die Rüge mangelnder Verfügungsbefugnis des Insolvenzschuldners zum Abschluss des Vergleichs der Erinnerung nicht zum Erfolg verhelfen. Diese wird von der Schuldnerin auch nicht erhoben.
Unabhängig hiervon war der Insolvenzschuldner trotz laufenden Insolvenzverfahrens befugt, sein Arbeitsverhältnis im Wege des Vergleichs gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Die Arbeitskraft des Schuldners und dessen Arbeitsverhältnis als solches gehören nicht zur Insolvenzmasse und unterfallen daher nicht dem Verfügungsverbot des § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, also kein Vermögensobjekt, und fällt nicht in die Insolvenzmasse. Gleiches gilt für das Arbeitsverhältnis als solches. Die Entscheidung über eine Klage gegen eine Arbeitgeberkündigung und die Prozessführungsbefugnis verbleiben beim Insolvenzschuldner10. Daraus folgt, dass alleine dieser berechtigt ist, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er sein Arbeitsverhältnis nach einer Kündigung im Wege des Vergleichs beendet. Eine Zustimmung des Treuhänders – auch wenn er die Funktion des Insolvenzverwalters nach § 313 Abs. 1 InsO in der bis 30.06.2014 geltenden Fassung innehat, zu einem solchen Vergleichsschluss ist für die Wirksamkeit des Vergleichs nicht erforderlich. Daran ändert nichts, dass ein solcher Beendigungsvergleich typischerweise den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, die dem Massebeschlag nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO unterliegt, beinhaltet. Die mittelbare Wirkung auf die Insolvenzmasse ist hinzunehmen. Andernfalls könnte das Recht des Schuldners, über seine Arbeitskraft selbst zu verfügen, durch den Treuhänder eingeschränkt werden11.
Der mit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs entstandene Abfindungsanspruch ist Teil der Insolvenzmasse nach §§ 35, 36 InsO und unterlag mit seinem Entstehen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters als Treuhänder nach § 313 Abs. 1 InsO aF.
Nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO erfasst das Insolvenzverfahren auch das Vermögen, das der Insolvenzschuldner während des Verfahrens erlangt (sog. Neuerwerb). Dies gilt jedenfalls so lange, bis ihm Restschuldbefreiung erteilt wird12. Arbeitseinkommen fällt in die Insolvenzmasse, soweit es pfändbar ist. Die Pfändbarkeit bestimmt sich dabei gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO – mit hier nicht relevanten Ausnahmen – nach §§ 850 ff. ZPO13. Zum Arbeitseinkommen iSv. § 850 ZPO gehören auch Abfindungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, ob es sich um gesetzliche Abfindungsansprüche, beispielsweise nach §§ 9, 10 KSchG, oder um vertraglich vereinbarte handelt14. Eine Abfindung ist eine nicht wiederkehrend zahlbare Vergütung iSv. § 850i ZPO15; sie wird nicht als Gegenleistung für die in einem bestimmten Zeitraum erbrachte Arbeitsleistung geleistet16. Um einen solchen Abfindungsanspruch geht es hier; dies steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit. Dass die Abfindung in mehreren Raten gezahlt wurde, ändert an ihrem Charakter als Einmalzahlung nichts. Einen Pfändungsschutzantrag nach § 850i ZPO hat der Insolvenzschuldner nicht gestellt, so dass der Abfindungsanspruch mit seinem Entstehen in vollem Umfang dem Insolvenzbeschlag unterlag.
Dass der Insolvenzschuldner bereits mit der Stellung des Insolvenzantrags gemäß § 287 Abs. 2 InsO seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis an den Treuhänder abgetreten hatte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Da Restschuldbefreiung noch nicht angekündigt und das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs noch nicht aufgehoben war, konnte diese Abtretung noch keine Wirkung entfalten (§§ 291, 289 Abs. 2 Satz 2 InsO aF). Maßgeblich war vielmehr ausschließlich der Insolvenzbeschlag des Abfindungsanspruchs nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO17.
Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO sind erst mit dem Abschluss des Vergleichs eingetreten, nicht bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Voraussetzung für die Erteilung der Klausel nach § 727 ZPO ist, dass die Rechtsnachfolge bei Urteilen nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist. Bei anderen Vollstreckungstiteln, denen kein Klageverfahren vorausging, ist maßgebender Zeitpunkt frühestens der ihrer Errichtung18. Gleiches gilt bei einem gerichtlichen Vergleich jedenfalls dann, wenn der in ihm geregelte vollstreckbare Anspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits war, der durch den Vergleich beendet wurde19.
Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 80 Abs. 1 InsO) auf den Insolvenzverwalter als Treuhänder nach § 313 Abs. 1 InsO aF bestand das Arbeitsverhältnis zwischen dem Insolvenzschuldner und der Schuldnerin noch. Ein Abfindungsanspruch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stand dem Insolvenzschuldner zu diesem Zeitpunkt weder kraft Gesetzes noch kraft vertraglicher Vereinbarung zu. Die Verfügungsbefugnis über einen solchen Anspruch konnte daher auch nicht auf den Insolvenzverwalter übergehen. Ebenso wenig war ein solcher Abfindungsanspruch Gegenstand des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Berlin20, vielmehr stritten die dortigen Parteien ausschließlich über die Wirksamkeit der Kündigung vom 28.11.2008. Deshalb konnte der Insolvenzverwalter die Forderung auf die Abfindung iHv.07.000, 00 Euro vor dem Wirksamwerden des Vergleichs noch nicht erworben haben21.
Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gegen die Schuldnerin ist durch Abschluss des Vergleichs am 23.04.2009 entstanden. Erst durch die wirksame Verfügung des Insolvenzschuldners über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses kam es im Gegenzug zum Entstehen des Abfindungsanspruchs22. Erst zu diesem Zeitpunkt hat damit auch der Insolvenzverwalter kraft Gesetzes (§ 35 Abs. 1 Alt. 2, § 80 Abs. 1 InsO) die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die nunmehr zur Masse gehörige Forderung erlangt und hat diese in Verwaltung zu nehmen23. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es deshalb insoweit auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht an.
Die Rechtsnachfolge hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage seiner Bestallungsurkunde (§ 56 Abs. 2 Satz 1 InsO) im Original nachgewiesen6.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12. August 2014 – 10 AZB 8/14
- PG/Kroppenburg 6. Aufl. § 732 ZPO Rn. 5; Thomas/Putzo/Seiler 35. Aufl. § 732 ZPO Rn. 7 f.[↩]
- Zöller/Stöber 30. Aufl. § 732 ZPO Rn. 12[↩]
- zur Unzulässigkeit eines solchen Einwands im Rahmen des § 732 ZPO: zB BGH 29.06.2011 – VII ZB 89/10, Rn.20 ff., BGHZ 190, 172; 16.04.2009 – VII ZB 62/08, Rn. 12[↩]
- vgl. zu einer solchen Rüge: BGH 30.03.2010 – XI ZR 200/09, Rn. 39, BGHZ 185, 133[↩]
- Zöller/Stöber § 727 ZPO Rn. 2[↩]
- BGH 5.07.2005 – VII ZB 16/05[↩][↩]
- BGH 3.02.2011 – V ZB 54/10 – BGHZ 188, 177; 14.04.2005 – V ZB 25/05[↩]
- allgM, zB BGH 3.02.2011 – V ZB 54/10, Rn. 8, BGHZ 188, 177; 14.04.2005 – V ZB 25/05, zu II 2 b der Gründe; Zöller/Stöber § 727 ZPO Rn. 18[↩]
- BGH 29.06.2011 – VII ZB 89/10, Rn. 21 mwN, BGHZ 190, 172[↩]
- vgl. insgesamt dazu: BAG 20.06.2013 – 6 AZR 789/11, Rn. 15 ff. mwN; 5.11.2009 – 2 AZR 609/08, Rn. 10 mwN[↩]
- BAG 20.06.2013 – 6 AZR 789/11 – [zur Änderung des Arbeitsvertrags durch Annahme einer Änderungskündigung]; Reinfelder NZA 2009, 124, 127; ähnlich Mohn NZA-RR 2008, 617, 622; zweifelnd Hergenröder ZVI 2011, 1, 10[↩]
- BGH 13.02.2014 – IX ZB 23/13, Rn. 5 ff. mwN; vgl. auch seit 1.07.2014 § 300a InsO[↩]
- BAG 20.06.2013 – 6 AZR 789/11, Rn. 17 ff.[↩]
- BAG 20.08.1996 – 9 AZR 964/94, zu II 2 c der Gründe; BGH 11.05.2010 – IX ZR 139/09, Rn. 11[↩]
- vgl. umfassend Hergenröder ZVI 2006, 173[↩]
- BAG 20.08.1996 – 9 AZR 964/94 – aaO[↩]
- BGH 3.12 2009 – IX ZB 247/08, Rn. 15, BGHZ 183, 258; HK-InsO/Waltenberger 7. Aufl. § 287 InsO aF Rn. 32 mwN[↩]
- allgM, vgl. zB Thomas/Putzo/Seiler § 727 ZPO Rn. 11[↩]
- BGH 9.12 1992 – VIII ZR 218/91, zu II 1 der Gründe, BGHZ 120, 387[↩]
- 53 Ca 20268/08[↩]
- vgl. zu einer solchen Fallkonstellation: BGH 9.12 1992 – VIII ZR 218/91, zu II 1 b der Gründe, BGHZ 120, 387[↩]
- vgl. zum Gegenseitigkeitsverhältnis: BAG 10.11.2011 – 6 AZR 357/10, Rn. 18, BAGE 139, 376[↩]
- HK-InsO/Depré § 148 InsO Rn. 5[↩]