Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter – und die wirtschaftlich Berechtigten

Zahlungen auf die Prozesskosten sind den wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten.

Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter  – und die wirtschaftlich Berechtigten

Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Prozess- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen1.

Das Erfordernis der Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung durch wirtschaftlich Beteiligte im Rahmen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO gilt auch für den Steuerfiskus2. Unbeachtlich ist, ob der jeweilige Beteiligte bereit ist, sich an den entstehenden Kosten zu beteiligen3.

Nach diesen Grundsätzen war im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall jedenfalls dem Finanzamt O. die Aufbringung der Verfahrenskosten zumutbar. Die Beteiligung dieses Gläubigers an den insgesamt angemeldeten und nicht nur für den Ausfall anerkannten Forderungen beträgt unter Berücksichtigung der zurückgenommenen Anmeldungen rund 83 v.H. Ausgehend von dem Streitwert, den die Instanzgerichte festgesetzt haben, beträgt der wirtschaftliche Nutzen des beabsichtigten Rechtsmittels für die Masse im Erfolgsfall 100.000 €. Wenn davon nur 50.000 € zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger gelangen, entfallen auf den Gläubiger zu 41.500 €. Dies ist mehr als das Sechsfache der Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung, die lediglich 6.189, 51 € betragen [2, 0 Gerichtsgebühr und 2, 3 Rechtsanwaltsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer].

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Wiederaufnahme eines PKH-Verfahrens

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs4 ist bei der Anwendung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu Lasten des Insolvenzverwalters davon auszugehen, dass auch die Ausfallgläubiger zu den Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung heranzuziehen sind. Dies soll gelten, solange der Verwalter nicht dargetan hat, dass diese Gläubiger auch ohne die Rechtsverfolgung – schon aufgrund ihres Absonderungsrechts – mit einer weitgehenden Befriedigung ihrer Ansprüche rechnen können und deshalb wirtschaftlich nicht in erheblichem Maße an einem Erfolg der Rechtsverfolgung teilhaben werden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – IX ZA 35/14

  1. BGH, Beschluss vom 03.05.2012 – V ZB 138/11, NZI 2012, 626 Rn. 8; vom 13.09.2012 – IX ZA 1/12, ZInsO 2012, 2198 Rn. 2; vom 21.11.2013 – IX ZA 20/13, ZInsO 2014, 79 Rn. 3; jeweils mwN[]
  2. BGH, Beschluss vom 19.07.2007 – IX ZR 77/06, nv mwN[]
  3. BGH, Beschluss vom 13.09.2012, aaO Rn. 6 mwN; vom 21.11.2013, aaO Rn. 4[]
  4. BGH, Beschluss vom 03.05.2012, aaO Rn. 16 ff[]

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