Soweit für die Vergütung eines Sonderinsolvenzverwalters, dessen Auftrag auf die Prüfung einer angemeldeten Forderung beschränkt ist, die Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes heranzuziehen sind, ist der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen. Er entspricht in der Regel der Befriedigungsquote, die für die geprüfte Forderung im Zeitpunkt der ersten Prüftätigkeit zu erwarten gewesen ist.

Die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters bemisst sich in entsprechender Anwendung der §§ 63 ff InsO und der Insolvenzrechtlichen Vergütungsordnung1. Sie ist nur dann unmittelbar nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zu berechnen, wenn die vom Sonderinsolvenzverwalter übernommene Aufgabe gemäß § 5 Abs. 1 InsVV angemessener Weise einem Rechtsanwalt zu übertragen war2.
Diese Voraussetzung ist in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht erfüllt: Die Prüfung der zur Aufnahme in die Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen gehört zu den Kernaufgaben, die ein Insolvenzverwalter in der Regel selbst auszuführen in der Lage sein muss, auch wenn er nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist. Er wird diese Tätigkeit deshalb angemessener Weise nicht einem Rechtsanwalt übertragen, wenn nicht ausnahmsweise besondere rechtliche Schwierigkeiten mit der Prüfung einer Forderung verbunden sind3. Dafür ist im Streitfall nichts festgestellt.
Die Sonderinsolvenzverwalterin ist im vorliegenden Fall durch diesen Rechtsfehler jedoch nicht beschwert. Eine höhere Festsetzung ihrer Vergütung kommt nicht in Betracht. Die Vergütung, welche die Sonderinsolvenzverwalterin unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen könnte, bildet die obere Grenze ihrer Vergütung als Sonderinsolvenzverwalterin, weil ihre Aufgabe ausschließlich darin bestand, einen einzelnen Anspruch zu prüfen, den der Insolvenzverwalter über das Vermögen der KG zur Insolvenztabelle der KomplementärGmbH angemeldet hatte4.
Bei der Bestimmung der Vergütung, die der Sonderinsolvenzverwalter hypothetisch unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV für die Prüfung einer angemeldeten Forderung beanspruchen könnte, ist von einer Geschäftsgebühr für außergerichtliche Tätigkeit nach Nr. 2300 VV RVG auszugehen5. Der Ansatz der 1, 3fachen Regelgebühr entspricht im hier entschiedenen Fall dem Antrag der Sonderinsolvenzverwalterin.
Ist der Auftrag an den Sonderinsolvenzverwalter wie hier auf die Prüfung einer angemeldeten Forderung beschränkt, ist der Gegenstandswert für die zu berechnende Geschäftsgebühr gemäß § 28 Abs. 3, § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen6. Die auf den Nennwert der Forderung abstellenden Wertvorschriften in § 28 Abs. 1 und 2 RVG finden keine Anwendung, weil für diese Prüfungstätigkeit keine Gebühr nach Nr. 3317, 3320 VV RVG7 und auch keine andere Gebühr im Sinne dieser Vorschriften anfällt.
Das Beschwerdegericht hat im vorliegenden Fall zwar keine Ermessenserwägungen angestellt, sondern „wie bei einem Feststellungsrechtsstreit“ die zu erwartende Befriedigungsquote für maßgeblich erachtet8. Der Bundesgerichtshof kann diesen Ermessensnichtgebrauch jedoch durch eine eigene Ermessensausübung ersetzen, weil die Sache im Blick auf die Vergütung der Sonderinsolvenzverwalterin entscheidungsreif ist9. Dabei erweist sich die Bestimmung des Gegenstandswerts durch das Beschwerdegericht im Ergebnis als richtig:
Der Gegenstandswert für die vom Sonderinsolvenzverwalter unter den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 InsVV für die Prüfung einer Forderungsanmeldung zu beanspruchende Geschäftsgebühr entspricht in der Regel der Befriedigungsquote, die im Zeitpunkt seiner ersten Tätigkeit zu erwarten gewesen ist10.
Die Bestimmung des Gegenstandswerts hat gemäß § 28 Abs. 3 RVG unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses, das der Auftraggeber im Verfahren verfolgt, zu erfolgen. Erfüllt der Sonderinsolvenzverwalter eine ihm vom Insolvenzgericht übertragene Aufgabe, fehlt es zwar an einem Auftraggeber in diesem Sinne. Unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 InsVV ist der Sonderinsolvenzverwalter jedoch für seine Tätigkeit wie ein beauftragter Rechtsanwalt zu vergüten11. Zur Bestimmung des Gegenstandswerts einer solchen Tätigkeit ist daher im Anwendungsbereich von § 28 Abs. 3 RVG hypothetisch auf das wirtschaftliche Interesse abzustellen, das der Insolvenzverwalter mit der entsprechenden Beauftragung eines Rechtsanwalts verfolgt hätte12. Dieses Interesse ist bei der Prüfung einer zur Tabelle angemeldeten Forderung in der Regel mit der zu erwartenden Befriedigungsquote gleichzusetzen.
Hauptzweck des Insolvenzverfahrens ist gemäß § 1 InsO die bestmögliche und gemeinschaftliche, d.h. gleichmäßige und anteilige Befriedigung der Insolvenzgläubiger13. Das Forderungsanmeldungsverfahren dient diesem Zweck. Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle realisieren14. Daraus kann für den Insolvenzverwalter einerseits eine insolvenzspezifische Pflicht erwachsen, bei Vorliegen eines Widerspruchsgrundes sein Widerspruchsrecht auszuüben15. Andererseits leitet sich daraus auch das wirtschaftliche Interesse ab, welches der Insolvenzverwalter kraft seines Amtes an einer ordnungsgemäßen Prüfung angemeldeter Forderungen hat. Maßgeblich ist danach die Befriedigungsquote, die auf den anmeldenden Gläubiger entfallen würde, weil sich die Forderungsanmeldung nur in diesem Umfang im Verteilungsverfahren nach §§ 187 ff InsO auf die Befriedigung der Insolvenzgläubiger auswirken kann16. Sieht der Insolvenzverwalter von einem Widerspruch gegen die angemeldete Forderung ab, wird vorbehaltlich eines Widerspruchs durch einen Insolvenzgläubiger der anmeldende Gläubiger in dieser Höhe befriedigt und die Befriedigungsquote der übrigen Insolvenzgläubiger bleibt unverändert. Übt der Insolvenzverwalter sein Widerspruchsrecht aus, nimmt die Forderung hingegen nicht an der Verteilung teil, sofern der anmeldende Gläubiger den Widerspruch nicht beseitigt (§ 189 InsO). Die Befriedigungsquoten der zur Tabelle festgestellten Forderungen wachsen dann entsprechend an.
In zeitlicher Sicht ist in der Regel auf die Befriedigungsquote abzustellen, die zum Zeitpunkt der ersten Prüftätigkeit des Sonderinsolvenzverwalters zu erwarten gewesen ist, weil gemäß Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG die Geschäftsgebühr bereits mit dem Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information entsteht.
Die Gegenansicht, nach der die Geschäftsgebühr anhand des Nennwerts der Forderung zu berechnen ist, überzeugt nicht. Sie stützt sich im Wesentlichen darauf, dass ansonsten eine angemessene Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters nicht gesichert sei17. Zwar trifft es zu, dass nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze bei entsprechend niedrigen Quotenerwartungen die Geschäftsgebühr nur nach der niedrigsten Gebührenstufe zu berechnen sein kann18. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass ungeachtet des geringeren wirtschaftlichen Interesses an der Forderungsprüfung auf den Nennwert der geprüften Forderung abzustellen ist. Dem Erfordernis einer angemessenen Vergütung wird dadurch Rechnung getragen, dass der zuständige Tatrichter im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung auch die Interessen des Sonderinsolvenzverwalters zu berücksichtigen hat. Liegen besondere Umstände vor, die eine Bestimmung des Gegenstandswerts anhand der zu Beginn der Prüfungstätigkeit zu erwartenden Befriedigungsquote als unbillig erscheinen lassen, ist der Tatrichter im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens gehalten, einen abweichenden Gegenstandswert zu bestimmen. Solche Umstände können sich etwa aus dem Umfang der Tätigkeit oder entsprechend dem Einwand der Rechtsbeschwerde aus einem besonderen Haftungsrisiko ergeben19. Ein besonderer Umfang oder eine besondere Schwierigkeit der Forderungsprüfung kann im Übrigen durch einen erhöhten Gebührensatz im Rahmen der Nr. 2300 VV RVG berücksichtigt werden.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze übt der Bundesgerichtshof sein Ermessen dahin aus, dass der Gegenstandswert für die hier zu ermittelnde Geschäftsgebühr 15.000 € beträgt. Dies entspricht der nach den unwidersprochen gebliebenen Berichten des Insolvenzverwalters stets erwarteten Befriedigungsquote in Höhe von eins vom Hundert auf die von der Sonderinsolvenzverwalterin geprüfte Forderung mit einem Nennwert von 1.500.000 €. Besondere Umstände, welche die Bestimmung eines von der Befriedigungsquote abweichenden Gegenstandswerts erfordern, liegen nicht vor.
Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall allerdings zum Nachteil der Sonderinsolvenzverwalterin entgegen § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO, §§ 4, 8 InsVV keine erstattungsfähigen Auslagen festgesetzt. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG bildet die Obergrenze allein für die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters20. Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen wird dadurch nicht berührt. Das Beschwerdegericht wird die Festsetzung der zu erstattenden Auslagen daher nachzuholen haben.
Die zu erstattenden Auslagen des Sonderinsolvenzverwalters bemessen sich in entsprechender Anwendung der §§ 63 ff InsO und der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung. Der Sonderinsolvenzverwalter kann danach in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 3 InsVV grundsätzlich wahlweise die Erstattung seiner tatsächlich entstandenen Auslagen oder einen Pauschsatz fordern.
Die vollständige Berücksichtigung des Pauschsatzes kann allerdings zu unangemessen hohen Auslagenerstattungen führen, soweit Sonderinsolvenzverwalter und Insolvenzverwalter nicht im Wesentlichen gleichartige Aufgaben zu erfüllen haben. Der Sinn und Zweck der Pauschalierungsregelung des § 8 Abs. 3 InsVV besteht darin, dem Insolvenzverwalter und dem Gericht die aufwendige Vorlage und Prüfung von Einzelbelegen zu ersparen21.
Hat der Sonderinsolvenzverwalter wie hier die Aufgabe, einen einzelnen Anspruch zu prüfen, ist seine Tätigkeit mit derjenigen des Insolvenzverwalters kaum mehr vergleichbar. Stützt der Sonderinsolvenzverwalter seinen Festsetzungsantrag in einem solchen Fall gleichwohl auf die Pauschalierungsregelung des § 8 Abs. 3 InsVV, können die zu erstattenden Auslagen jedenfalls nicht höher festgesetzt werden, als bei einer Auslagenerstattung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Liegen die Voraussetzungen des § 5 InsVV vor, bemessen sich die erstattungsfähigen Auslagen unmittelbar nach den Vorschriften in Teil 7 VV RVG. Anderenfalls bilden die danach hypothetisch erstattungsfähigen Auslagen zumindest die Obergrenze, die bei der Festsetzung der dem Sonderinsolvenzverwalter zu erstattenden Auslagen unterschritten, aber nicht überschritten werden darf.
Eine Obergrenze der dem Sonderinsolvenzverwalter zu erstattenden Auslagen konnte der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entnommen werden. Das Beschwerdegericht wird der Sonderinsolvenzverwalterin daher Gelegenheit zu geben haben, ihren Festsetzungsantrag mit Blick auf die geltend gemachte Auslagenerstattung zu prüfen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Mai 2020 – IX ZB 29/18
- BGH, Beschluss vom 29.05.2008 – IX ZB 303/05, ZIP 2008, 1294 Rn. 11[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 26.03.2015 – IX ZB 62/13, WM 2015, 1024 Rn. 6 mwN[↩]
- BGH, aaO Rn. 7[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2008 – IX ZB 303/05, ZIP 2008, 1294 Rn. 24; vom 26.03.2015, aaO Rn. 6[↩]
- BGH, Beschluss vom 26.03.2015 – IX ZB 62/13, WM 2015, 1024 Rn. 9[↩]
- vgl. Graeber/Graeber, InsVV, 3. Aufl., vor § 1 Rn. 44a; Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, vor § 1 InsVV Rn. 73[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 26.03.2015, aaO Rn. 8 f[↩]
- LG Hamburg, Beschluss vom 29.03.2018 – 326 T 105/16[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2014 – V ZR 32/13, NJW-RR 2015, 521 Rn. 34 mwN; Beschluss vom 12.10.2016 XII ZB 372/16, NJW-RR 2016, 1478 Rn. 12[↩]
- vgl. Graeber/Graeber, InsVV, 3. Aufl., vor § 1 Rn. 44a; ders., ZInsO 2008, 847, 848; HambKommInsO/Frind, 7. Aufl., § 56 Rn. 124; aA BeckOKInsO/Budnik, 2020, § 5 InsVV Rn. 14; Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, vor § 1 InsVV Rn. 73; Stoffler, EWiR 2015, 517, 518; vgl. auch Lorenz/Klanke/Lorenz, Vergütung und Kosten in der Insolvenz, 3. Aufl., vor § 1 InsVV Rn. 29 f[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2008 – IX ZB 303/05, ZIP 2008, 1294 Rn. 24 f[↩]
- vgl. Stoffler, EWiR 2015, 517, 518[↩]
- BGH, Urteil vom 13.03.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190, 197; Beschluss vom 14.07.2005 – IX ZB 224/04, ZIP 2005, 1519[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2013 – IX ZR 92/12, WM 2013, 574 Rn. 21[↩]
- vgl. MünchKomm-InsO/Schumacher, 4. Aufl., § 178 Rn. 18 mwN; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 178 Rn. 11[↩]
- aA Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, vor § 1 InsVV Rn. 73[↩]
- vgl. Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, vor § 1 InsVV Rn. 73[↩]
- vgl. Graeber, ZInsO 2008, 847, 848; zum Streitwert der Feststellungsklage nach § 182 InsO: BGH, Urteil vom 16.12.1999 – IX ZR 197/99, NZI 2000, 115 unter II.1; Beschluss vom 27.06.2019 – III ZR 190/18, ZInsO 2019, 1748 Rn. 3[↩]
- vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe, RVG, 24. Aufl., § 23 Rn. 41; Schneider/Mock, RVG, 8. Aufl., § 23 Rn. 49 ff[↩]
- vgl. Graeber, ZInsO 2008, 847, 848[↩]
- BGH, Beschluss vom 10.07.2008 – IX ZB 152/07, ZIP 2008, 1640 Rn.19 mwN[↩]