Bei einer Vorauspfändung (Dauerpfändung) für künftig fällig werdende Unterhaltsansprüche kann Pfändungsgegenstand auch eine Eigentümerbriefgrundschuld des Schuldners sein1.

Der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (im Folgenden: Pfändungsantrag) ist eine das Zwangsvollstreckungsverfahren einleitendende Verfahrenshandlung2. Als Verfahrenserklärung unterliegt der Pfändungsantrag der Auslegung, die das Rechtsbeschwerdegericht ohne Einschränkungen nachprüfen und in freier Würdigung selbst vornehmen kann3. Daher war im vorliegenden Fall der Pfändungsantrag nicht als ein auf eine Vorratspfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO gerichteter Antrag, sondern als ein auf eine Vorauspfändung (Dauerpfändung) in die für den Schuldner eingetragene Eigentümergrundschuld gerichteter Antrag auszulegen.
§ 850d ZPO enthält Sonderregelungen im Zusammenhang mit dem Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen. Gleichzeitig sieht diese Vorschrift eine Sonderbehandlung bestimmter Gläubiger vor; diese erhalten in § 850d Abs. 3 ZPO – im Wege einer Sonderregelung zu § 751 Abs. 1 ZPO – erweiterte Pfändungsmöglichkeiten wegen künftig fällig werdender Ansprüche, die bereits zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche gepfändet und überwiesen werden können (Vorratspfändung). Bei der Pfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO entsteht im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses ein Pfandrecht gleichen bevorzugten Rangs auch an künftig fällig werdendem Arbeitseinkommen wegen künftig fällig werdender Ansprüche4.
Wegen fortlaufender, monatlich wiederkehrender Unterhaltsforderungen kommt demgegenüber eine nicht rangwahrende Vorauspfändung (Dauerpfändung) eines Rechts dergestalt in Betracht, dass bei Vollstreckung wegen einer fälligen Gläubigerforderung zugleich auch die Pfändung wegen der künftig erst fällig werdenden Leistungen aufschiebend bedingt erfolgt, wobei die Pfändung erst bei Fälligkeit des jeweiligen titulierten Anspruchs wirksam wird, so dass zwischenzeitliche Verfügungen des Schuldners und Pfändungen dritter Gläubiger unberührt bleiben5.
Die Auslegung des Pfändungsantrags als ein auf eine Vorratspfändung gerichteter Antrag scheidet aus, wenn die Gläubigerin wie im hier entschiedenen Fall- nicht in das Arbeitseinkommen des Schuldners, sondern in dessen Eigentümergrundschuld vollstrecken möchte und unter Berücksichtigung der recht verstandenen Interessenlage der Gläubigerin nicht angenommen werden kann, dass der Antrag auf eine unzulässige Maßnahme gerichtet sein sollte. Eine Vollstreckung in die Eigentümergrundschuld kommt daher von vornherein nur unter dem Gesichtspunkt einer Vorauspfändung (Dauerpfändung) in Betracht. In diesem Sinne ist der Pfändungsantrag auszulegen. Zwar spricht die Gläubigerin in einem ihren Antrag erläuternden Schriftsatz vom 04.03.2020 von einer „Vorratspfändung“ und erwähnt dabei auch die Vorschrift des § 850d Abs. 3 ZPO. Dies steht indes, worauf das Beschwerdegericht zu Recht hingewiesen hat, einer Auslegung des Pfändungsantrags als auf eine Vorauspfändung (Dauerpfändung) gerichteter Antrag schon deshalb nicht entgegen, da die von der Gläubigerin in diesem Zusammenhang zitierte Kommentarfundstelle („Zöller, ZPO, Rz. 28 zu § 850d ZPO“) inhaltlich gar nicht die Vorratspfändung, sondern die Vorauspfändung (Dauerpfändung) betrifft, welche nach Auffassung des Kommentators auch die Pfändung einer Grundschuld zum Gegenstand haben kann.
Zutreffend ist das hier in der Vorinstanz tätige Landgericht Kassel6 auch von der Zulässigkeit der Vorauspfändung (Dauerpfändung) in die für den Schuldner eingetragene Eigentümergrundschuld ausgegangen.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof eine Vorauspfändung (Dauerpfändung) bislang nur bezüglich bestehender und künftiger Kontoguthaben wegen künftig fällig werdender Unterhaltsleistungen unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Fälligkeit für zulässig erachtet7. Es ist indes kein stichhaltiger Grund ersichtlich, eine Eigentümergrundschuld als sonstiges Vermögensrecht des Schuldners aus dem Bereich der Vorauspfändung (Dauerpfändung) – dieses Institut beruht gerade nicht auf einer analogen Anwendung des § 850d Abs. 3 ZPO – generell auszuschließen8. Im Streitfall kann dabei dahinstehen, ob Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vorauspfändung (Dauerpfändung) in ein Recht ist, dass es einer Teilpfändung zugänglich ist9. Denn diese Voraussetzung wäre erfüllt, da eine Eigentümergrundschuld auch teilweise gepfändet werden kann10.
Auch durfte die Zwangsvollstreckung wegen der wiederkehrenden Unterhaltsforderungen durch Dauerpfändung in die Eigentümergrundschuld überhaupt beginnen (§ 751 Abs. 1 ZPO). Die Voraussetzung, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Zwangsvollstreckung aufgrund mindestens einer fälligen Unterhaltsrate erfolgte11, lag jedenfalls im Zeitpunkt der Erinnerungsentscheidung vom 15.05.2020 vor. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts waren in diesem Zeitpunkt die Rückstände bis einschließlich März 2020 ausgeglichen. Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit keine Verfahrensrüge zu etwaigen weiteren Zahlungen des Schuldners.
Abzuändern war der Beschluss des Landgerichts Kassel allerdings insoweit, als der die Pfändung aussprechende Beschluss jeweils erst mit dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Werktag wirksam wird12.
Die Einwände, die gegen die Zulässigkeit der Vorauspfändung (Dauerpfändung) in eine für den Schuldner eingetragene Eigentümerbriefgrundschuld vorgebracht werden, greifen nicht durch:
So wird durch die vorliegende Vorauspfändung (Dauerpfändung) in die Eigentümergrundschuld nicht die wirtschaftliche Beweglichkeit des Schuldners in unzumutbarer Weise blockiert.
Zwar wird die gesamte Eigentümergrundschuld aufschiebend bedingt gepfändet. Die Wirkung des berichtigten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses soll aber jeweils erst bei Fälligkeit und nur in Höhe des dann auch fälligen Betrages eintreten. Auf diese Weise wird die Wirksamkeit der Beschlagnahme der Eigentümergrundschuld jeweils auf einen der jeweiligen Unterhaltsforderung entsprechenden Teil begrenzt. Nachdem sich die für den Schuldner eingetragene Eigentümergrundschuld auf 10 Millionen € beläuft, ist in Ansehung der in Rede stehenden Unterhaltsbeträge unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Falles nicht von einer durch Bedingungseintritt erst wirksam werdenden Verstrickung der Eigentümergrundschuld in erheblichem Umfang auszugehen. Der weit überwiegende Teil der Eigentümergrundschuld steht dem Schuldner daher auch weiterhin zur Verschaffung von Liquidität zur Verfügung. Dem Schuldner verbleibt die Möglichkeit, Teile seiner Eigentümerbriefgrundschuld „abzuspalten“ und dadurch selbständige, verkehrsfähige Teileigentümergrundschulden zu bilden.
Daher liegt auch kein Verstoß gegen das Verbot der Überpfändung (vgl. § 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO) vor. Da die Wirksamkeit des die Pfändung aussprechenden Beschlusses in Höhe des jeweils fällig werdenden Betrags eintreten soll, reicht die Pfändung nicht weiter als zur Vollstreckung der Unterhaltsforderungen notwendig. Angesichts einer titulierten monatlichen Forderung in Höhe von 1.000 € ist die von der Gläubigerin betriebene Zwangsvollstreckung in die Eigentümerbriefgrundschuld des Schuldners unter Abwägung der wechselseitigen Interessen nicht als unverhältnismäßig zu bewerten.
Soweit vertreten wird, die Vorauspfändung (Dauerpfändung) in eine Eigentümergrundschuld müsse unzulässig sein, weil der Schuldner jeden Monat erneut seinen Grundschuldbrief zur Bildung eines Teileigentümergrundschuldbriefs aus der Hand geben müsse und er während dessen nicht über den höheren Teil seiner Briefgrundschuld verfügen könne, so dringt dieser Einwand nicht durch. Denn der Gläubigerin würde es grundsätzlich genauso freistehen, gegebenenfalls bei Säumnis des Schuldners jeden Monat erneut wegen des jeweils fälligen Unterhalts eine Teilpfändung der Eigentümergrundschuld zu beantragen. Der den Schuldner treffende Aufwand wäre dann nicht geringer als bei dem von der Gläubigerin gewählten Vorgehen und im Übrigen vom Schuldner hinzunehmen. Die in diesem Zusammenhang von der Rechtsbeschwerde erhobene Gehörsrüge hat der Bundesgerichtshof geprüft, aber für nicht durch- greifend erachtet; von einer Begründung wird insoweit abgesehen, § 577 Abs. 6 Satz 2 ZPO i.V.m. § 564 Satz 1 ZPO.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. September 2021 – VII ZB 9/21
- Anschluss an BGH, Beschluss vom 31.10.2003 – IXa ZB 200/03, NJW 2004, 369[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 27.04.2016 – VII ZB 61/14 Rn. 12, NJW-RR 2016, 890[↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 21.11.2018 – XII ZB 243/18 Rn. 8, MDR 2019, 439[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 31.10.2003 – IXa ZB 200/03, NJW 2004, 369 9 ff., Rn. 12 ff.[↩]
- grundlegend BGH, Beschluss vom 31.10.2003 – IXa ZB 200/03, NJW 2004, 369 7 ff., zur Vorauspfändung von Kontoguthaben für künftig fällig werdende Unterhaltsansprüche[↩]
- LG Kassel, Beschluss vom 26.01.2021 – 3 T 260/20[↩]
- BGH, Beschluss vom 31.10.2003 – IXa ZB 200/03, NJW 2004, 369 7 ff.[↩]
- vgl. Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 850d Rn. 28; Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., B.354; vgl. zur Vorauspfändung (Dauerpfändung) eines Erbteils auch schon OLG Hamm, Beschluss vom 25.10.1993 – 14 W 178/93, FamRZ 1994, 453, 455; vgl. auch Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 751 Rn. 4 Fn.12[↩]
- vgl. zum Streitstand Wieczorek/Schütze/Bittmann, ZPO, 4. Aufl., § 751 Rn. 7; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 22 Rn. 36 einerseits und Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 751 Rn. 4; Brehm/Aleth, WuB – VI E. § 850d ZPO 1.94 andererseits[↩]
- vgl. nur Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., F.63 ff., F.171[↩]
- vgl. Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 22 Rn. 36[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 31.10.2003 – IXa ZB 200/03, NJW 2004, 369 1, 10, 16[↩]