Zug-um-Zug-Forderungen – und die Insolvenztabelle

Zug um Zug-Forderungen können nicht zur Insolvenztabelle angemeldet werden1.

Zug-um-Zug-Forderungen – und die Insolvenztabelle

Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen gegen den Schuldner nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO); dies geschieht durch Anmeldung der Forderungen zur Tabelle2. Zugum-Zug-Forderungen können indes nicht zur Tabelle angemeldet werden, da sie sich nicht für die Berechnung der Quote eignen und die Insolvenzordnung in dem Feststellungs- und Verteilungsverfahren nach §§ 174 ff InsO keine den §§ 756, 765 ZPO entsprechende Regelung kennt3. Sie sind nicht „anmeldungsfähig“4.

Auf dieser Grundlage ist danach zu differenzieren, ob der Gläubiger die ihm zustehende beziehungsweise bereits zugesprochene (§ 179 Abs. 2 InsO) Zug um Zug-Forderung als solche oder nur mit dem zuerkannten Schadensersatzbetrag ohne die Zugum-Zug-Einschränkung angemeldet hat. Im ersten Fall ist die Wirksamkeit der – so nicht möglichen – Anmeldung zweifelhaft. Im zweiten Fall mag – abhängig vom Wert der Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung – der angemeldete Betrag zu hoch angesetzt sein. Die Anmeldung selbst ist in diesem Fall jedoch wirksam, da sie den Anforderungen der Insolvenzordnung (Eignung zur Berechnung der Quote) entspricht.

Vorliegend hat der Gläubiger die ihm von den Vorinstanzen zuerkannte Forderung nicht als Zugum-Zug-Forderung angemeldet. Der Forderungsanmeldung ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen. Vielmehr werden dort unter Ziffer I die von den Vorinstanzen zuerkannten Haupt- und Nebenforderungen ohne Zugum-Zug-Einschränkung zur Tabelle angemeldet. Soweit unter Ziffer IV die „Rückabtretung der Kommanditanteile Zug um Zug mit der Schadensersatzforderung“ angeboten wird, ist dies ersichtlich nicht als Einschränkung der Forderungsanmeldung zu verstehen.

Weiterlesen:
Gesellschafterhaftung in der Insolvenz der Gesellschaft - und die Darlegungslast

Dementsprechend ist in der Insolvenztabelle auch keine Zugum-Zug-Einschränkung der angemeldeten Forderung, sondern nur der zugesprochene Schadensersatzbetrag ohne die Zugum-Zug-Einschränkung eingetragen worden. Der Insolvenzverwalter, dem im Hinblick auf die Wirksamkeit der Anmeldung eine Vorprüfungspflicht und ein Zurückweisungsrecht zukommt5, hat offenbar keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Anmeldung gehabt, sie als uneingeschränkte Anmeldung verstanden und die Forderung – ohne die Zugum-Zug-Einschränkung – eingetragen.

Im Übrigen wären, selbst wenn der Gläubiger die ihm von den Vorinstanzen zugesprochene Forderung – unzulässig – als Zugum-Zug-Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet haben sollte, seine zwischenzeitlich im Insolvenzverfahren erfolgten Erklärungen dahingehend auszulegen, dass er die Forderung – korrigierend – allein mit dem Inhalt der in der Insolvenztabelle erfolgten Eintragung, das heißt ohne Zugum-Zug-Einschränkung anmelden will (zu nachträglichen Änderungen der Anmeldung vgl. § 177 Abs. 1 Satz 3 InsO). Der Gläubiger hat in Kenntnis der durch den Insolvenzverwalter erfolgten Eintragung der von ihm angemeldeten Forderung in die Insolvenztabelle ohne die Zugum-Zug-Einschränkung seine Anmeldung betragsmäßig teilweise zurückgenommen. Selbst wenn daher seine ursprüngliche Anmeldung – wovon nach den vorstehenden Ausführungen indes nicht ausgegangen werden kann – als Anmeldung einer Zugum-Zug-Forderung zu verstehen gewesen sein sollte, liegt in der von ihm in Kenntnis der erfolgten Tabelleneintragung vorgenommenen Reduzierung der angemeldeten Forderung konkludent eine geänderte, auf den Schadensersatzbetrag beschränkte Anmeldung seiner Forderung ohne deren Zugum-Zug-Einschränkung. Diese Anmeldung ist insolvenzrechtlich zulässig und wirksam.

Weiterlesen:
DDR-Haft, strafrechtliche Rehabilitation und das Insolvenzverfahren

Eine Zugum-Zug-Forderung kann weder zur Tabelle angemeldet noch festgestellt werden. Sie kann aber nach § 45 Satz 1 InsO mit einem unter Berücksichtigung der vom Gläubiger zu übertragenden Kommanditbeteiligung berechneten Wert geltend gemacht und insoweit – ohne den Zugum-Zug-Vorbehalt – zur Insolvenztabelle festgestellt werden. Dieser Wert kann für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden6.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Mai 2015 – III ZR 384/12

  1. Bestätigung von BGH, Urteile vom 17.07.2014 – III ZR 218/13, WM 2014, 1667; vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, WM 2013, 1597; und vom 01.03.2011 – II ZR 297/08, DStR 2011, 1327[]
  2. Breitenbücher in Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl., § 87 Rn. 4[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2014 – III ZR 218/13, WM 2014, 1667 Rn.19 mwN; BGH, Urteile vom 01.03.2011 – II ZR 297/08, DStR 2011, 1327 Rn. 4, 23; und vom 23.10.2003 – IX ZR 165/02, NZI 2004, 214, 215[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, WM 2013, 1597 Rn. 14, 16[]
  5. MünchKomm-InsO/Riedel, 3. Aufl., § 175 Rn. 11 ff; Graf-Schlicker in Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl., § 175 Rn. 5 f[]
  6. vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17.07.2014 – III ZR 218/13, WM 2014, 1667 Rn.19; BGH, Urteile vom 23.10.2003 – IX ZR 165/02, NZI 2004, 214, 215; und vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, WM 2013, 1597 Rn. 17; Rn.19[]
Weiterlesen:
Die Haftungsforderung in der Insolvenz - und die Rücknahme des Haftungsbescheids