Vollzugsvollmachten in dem Kaufvertrag mit dem Dritten werden nicht Inhalt des Kaufvertrags des Verkäufers mit dem Vorkaufsberechtigten.

Sind Willenserklärungen beurkundet worden, die beim Grundbuchamt oder Registergericht einzureichen sind, so soll der Notar dies nach § 53 Halbsatz 1 BeurkG veranlassen, sobald die Urkunde eingereicht werden kann. Etwas anderes gilt nach Halbsatz 2 dieser Vorschrift nur, wenn, woran es im hier entschiedenen Fall fehlt, alle Beteiligten gemeinsam etwas anderes verlangen. Anerkannt ist eine weitere – ungeschriebene – Ausnahme, die auf der gesetzlichen Verpflichtung des Notars zu redlicher Amtsführung nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 1 BNotO beruht. Der Notar darf und muss von dem Vollzug einer Urkunde – auch ohne entsprechende Weisung eines Beteiligten – absehen, wenn er weiß, dass sie nichtig ist [1]. Entsprechendes gilt, wenn auf Grund des ihm unterbreiteten konkreten Sachverhalts die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts naheliegt oder offensichtlich ist [2], wenn das Grundbuch bei dem Vollzug der Urkunde mit hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig würde oder wenn die Vollzugsreife (doch) nicht gegeben ist [3].
Zweifelhaft ist, ob sich das aus der Unwirksamkeit des Kaufvertrags ableiten ließe. Die Unwirksamkeit des Kaufvertrags wird allerdings teilweise als Grund angesehen, der den Notar berechtige, den Vollzug der dinglichen Rechtgeschäfte, die auf dem Kaufvertrag beruhen, abzulehnen [4]. Das kann, muss aber immer nicht zutreffen. Im Grundbuch zu vollziehen ist nämlich nicht der Kaufvertrag als schuldrechtliches Grundgeschäft, sondern nur die auf Grund des Kaufvertrags vorgenommenen dinglichen Rechtsgeschäfte, die nach §§ 873, 883 BGB zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Grundbuch bedürfen. Mängel des Kaufvertrags führen nicht ohne weiteres auch zur Mangelhaftigkeit der dinglichen Rechtsgeschäfte. Das gilt insbesondere für die hier geltend gemachte Nichtigkeit nach § 139 BGB. Es kann nur sein, dass die Vollzugsreife fehlt, wenn das schuldrechtliche Grundgeschäft unwirksam ist. Von einem Fehlen der Vollzugsreife wird regelmäßig auszugehen sein, wenn die Auflassung schon in dem Kaufvertrag erklärt wird. Ob das auch dann angenommen werden kann, wenn der Verkäufer die Auflassung nach der Beurkundung des Kaufvertrags gesondert erklärt und dabei – wie hier bei der Auflassung an dden Vorkaufsberechtigten – keine Vorbehalte macht, bedarf keiner Entscheidung.
Die Auflassung des Verkäufers an den Vorkaufsberechtigten, um deren Vollzug es hier geht, ist nämlich unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Kaufvertrags zwischen dem Verkäufer und dem Drittkäufer unwirksam.
Bei der Auflassung waren weder der Verkäufer noch der Vorkaufsberechtigte selbst anwesend. Sie wurden beide durch eine Angestellte des Notariats vertreten. Diese hat den Verkäufer bei der Auflassung auf Grund der Vollzugsvollmacht vertreten, die in dem Kaufvertrag mit dem Drittkäufer enthalten war. Diese Vollmacht galt indes nicht für die erklärte Auflassung.
In dem Kaufvertrag hatten der Verkäufer und der Drittkäufer die dort benannten Notariatsangestellten bevollmächtigt, „für sie alle Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die zur Durchführung, Ergänzung oder Berichtigung dieses Vertrags erforderlich sein sollten“. Die Auslegung der Vollmacht ergibt, dass die Notariatsangestellten nur zur Abgabe von Erklärungen ermächtigt werden sollten, die der Behebung etwaiger technischer Hindernisse dienten, die der Verwirklichung der von den Kaufvertragsparteien vereinbarten Rechte und Pflichten und den von ihnen schon vorgenommenen Erfüllungshandlungen entgegenstanden. Das ist der Beschränkung der Vollmacht auf Erklärungen zu entnehmen, die „zur Durchführung, Ergänzung und Berichtigung erforderlich“ sind. Diese Formulierung erfasst die – zudem ganz ungewöhnliche – Ermächtigung, inhaltliche Änderungen der wechselseitigen Verpflichtungen oder dingliche Rechtsgeschäfte vorzunehmen, die in dem Vertrag bislang nicht vorgesehen waren, nicht.
Zu diesen Rechtsgeschäften konnte die in dem Vertrag von den Parteien bereits erklärte Auflassung nur gehören, soweit sie aus technischen Gründen, etwa zur Klärung der Identität des aufgelassenen Grundbesitzes, noch einmal wiederholt werden musste. Die Auflassung an einen anderen diente nicht der Durchführung der beurkundeten Erklärungen. Sie war ein neues Rechtsgeschäft, das zudem der Erfüllung nicht „dieses Vertrags“, das heißt: des Vertrags des Verkäufers mit dem Drittkäufer, sondern der Erfüllung eines anderen Kaufvertrags diente. Auf diese Vollmacht konnte sich die Notariatsangestellte deshalb bei der Auflassung des Grundbesitzes an den Vorkaufsberechtigten nicht stützen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 464 Abs. 2 BGB. Danach kommt zwar durch die Ausübung eines Vorkaufsrechts zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer ein Kaufvertrag mit den Bestimmungen zustande, die der Verkäufer mit dem Dritten vereinbart hat. Das gilt aber nur für die schuldrechtlichen Vereinbarungen. Erteilte Vollzugsvollmachten werden nicht Inhalt des Kaufvertrags mit dem Vorkaufsberechtigten. Sie würden jedenfalls nicht erweitert. Eine Vollmacht zur Wiederholung der bereits erklärten Auflassung aus technischen Gründen würde deshalb, selbst wenn sie Inhalt des Kaufvertrags mit dem Vorkaufsberechtigten würde, nicht zu einer Ermächtigung, die Auflassung erstmals vorzunehmen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Juni 2012 – V ZB 283/11