Der Bundesgerichtshof hatte sich aktuell mit der Wirksamkeit einer Vorausverfügung des Vollstreckungsschuldners über die Miete sowie mit den Folgen eines Rechtsirrtums des Mieters über seine Zahlungspflicht zu befassen:

Über das Vermögen des früheren Grundstückseigentümers war im Jahr 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden, das Hausgrundstück, dass er ursprünglich zusammen mit seiner Ehefrau bewohnt hatte, wurde 2009 zwangsversteigert. Da der Ersteher das Gebot, für das er den Zuschlag erhalten hatte, nicht vollständig zahlte, wurde ein Zwangsverwaltungsverfahren eingeleitet, und ein Zwangsverwalter über das Grundstück bestellt.
Der frühere Eigentümer und seine Ehefrau berufen sich gegenüber dem Zwangsverwalter auf einen mit ihrer Tochter geschlossenen Untermietvertrag. Die Tochter ihrerseits habe mit dem Ersteher einen Festmietvertrag für den Zeitraum vom Zuschlag bis zum 31.08.2015 abgeschlossen und die vereinbarte Miete von 35.000 € am selben Tag an den Ersteher gezahlt.
Die Tocher meint, dass die an den Ersteher geleistete Einmalzahlung dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam und sie deshalb nicht zur Zahlung von Miete an den Zwangsverwalter verpflichtet sei; demgemäß erbrachte sie auch keine Zahlungen an ihm. Daraufhin erklärte der Zwangsverwalter gegenüber der Tochter die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs.
Die vom Zwangsverwalter gegen die Tochter und ihre Eltern gerichtete Räumungsklage sowie die gegen die Tochter erhobene Zahlungsklage hat das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Witten abgewiesen1. Auf die Berufung des Zwangsverwalters hat das Landgericht Bochum dem Zahlungsantrag teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen – einschließlich des Räumungsantrags – abgewiesen2.
Die vom Landgericht Bochum zugelassene Revision des Zwangsverwalters, mit der er den Räumungsanspruch weiterverfolgt, hatte nun vor dem Bundesgerichtshof Erfolg, die Revision der Tochter, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehrt, blieb dagegen ohne Erfolg:
Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine nach periodischen Zeitabschnitten bemessene Miete im Sinne des § 1124 Abs. 2 BGB auch bei einer im Mietvertrag vereinbarten Einmalzahlung anzunehmen ist, wenn ohne weiteres eine Umrechnung des geschuldeten Einmalbetrags auf periodische – üblicherweise monatliche – Zeitabschnitte erfolgen kann, weil der Mietvertrag von vorneherein auf eine feste Mietzeit abgeschlossen worden ist. Aus diesem Grund hat das Landgericht Bochum zutreffend angenommen, dass die Vorausverfügung gegenüber dem Zwangsverwalter unwirksam und die Tochter ab Januar 2010 zur Zahlung einer monatlichen Miete in Höhe von 486, 11 € an den Zwangsverwalter verpflichtet war.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zu Unrecht hat hingegen das Landgericht Bochum die auf Zahlungsverzug gestützten Kündigungen wegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums der Tochter für unwirksam gehalten. An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums sind nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Wohnraummietrecht strenge Anforderungen zu stellen; es besteht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kein Grund, im Rahmen von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu Gunsten des Mieters einen milderen Maßstab anzulegen.
Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt nur vor, wenn der Schuldner die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig geprüft hat und bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte.
Entscheidet er sich bei zweifelhafter Rechtslage dafür, die von ihm geforderte Leistung nicht zu erbringen, geht er das Risiko, dass sich seine Einschätzung später als falsch erweist, zumindest fahrlässig ein und hat deshalb seine Nichtleistung zu vertreten, wenn er – wie in einem späteren Rechtsstreit festgestellt wird – zur Leistung verpflichtet war.
Vorliegend musste die Tochter gerade mit Rücksicht auf die unsichere Rechtslage mit der Möglichkeit rechnen, dass sie zur Zahlung von Miete an den Zwangsverwalter verpflichtet war und durfte das mit der unsicheren Rechtslage verbundene Risiko nicht auf diesen abwälzen. Da die Kündigung des Zwangsverwalters mithin wirksam war, hat der Bundesgerichtshof die Familie zur Räumung verurteilt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. April 2014 – VIII ZR 103/13