Wasserrohrbruch in der Eigentumswohnung

Ein Wohnungseigentümer kann den Schaden, der ihm nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG zu ersetzen ist, fiktiv in Höhe des Nettobetrags der Reparaturkosten abrechnen, wenn er ihn in Eigenarbeit beseitigt.

Wasserrohrbruch in der Eigentumswohnung

Nach § 14 Nr. 4 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen. Schuldner des Anspruchs ist die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband1.

Der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG war hier Gegenstand der Klage, denn die Zwischendecke in der Sondereigentumseinheit des Wohnungseigentümers wurde nach einem Rohrbruch für die Reparatur der Wasserleitung geöffnet. Danach musste sie wieder verschlossen und neu tapeziert werden. Darauf stützt der Wohnungseigentümer das Zahlungsverlangen. Die reparierte Wasserleitung gehört zum Gemeinschaftseigentum, die beschädigte Zwischendecke steht im Sondereigentum des Wohnungseigentümers.

Die innerhalb des Gebäudes verlegten Versorgungsleitungen zählen zu dessen wesentlichen Bestandteilen (§§ 93, 94 BGB). Soweit sie im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums verlaufen, stehen sie zwingend im Gemeinschaftseigentum. Sie bilden ein der Bewirtschaftung und Versorgung des Gebäudes dienendes Leitungsnetz und damit eine Anlage im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG. Für die dingliche Zuordnung bleibt außer Betracht, dass einzelne Teile des Leitungsnetzes, die sich im räumlichen Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums befinden, nur eine Sondereigentumseinheit versorgen2. Das gilt auch, wenn es sich – wie hier – um eine Mehrhausanlage handelt und die Leitung ein Gebäude versorgt, das aus nur einer Sondereigentumseinheit besteht. Zu dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Versorgungsnetz gehören die Leitungen jedenfalls bis zu der ersten für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit3. An einer solchen Absperrmöglichkeit im räumlichen Bereich des Sondereigentums des Wohnungseigentümers fehlt es im hier entschiedenen Fall.

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Vorliegend handelt es sich bei dem beschädigten Bauteil nicht um eine tragende Geschossdecke, die nach § 5 Abs. 2 WEG zum Gemeinschaftseigentum gehört4, sondern um eine Zwischendecke. Deckenverkleidungen innerhalb eines Sondereigentums stehen nach § 5 Abs. 1 WEG im Sondereigentum5.

Im vorliegenden Fall ging der Bundesgerichtshof jedoch nicht davon aus, werden, dass der von dem Wohnungseigentümer geltend gemachte Schaden durch die Reparatur der Wasserleitung verursacht worden ist.

Nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist der Schaden zu ersetzen, der adäquat kausal durch das Betreten oder die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zur Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums verursacht worden ist. Dazu gehört auch die Verschlechterung des Zustands des Sondereigentums6. § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG gibt hingegen keinen Anspruch auf Ersatz von Schäden, die in Folge des die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslösenden Mangels des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind7.

Danach kann der Wohnungseigentümer Ersatz der Kosten verlangen, die dadurch entstanden sind, dass für die Reparatur der Leitung die Zwischendecke geöffnet und wieder verschlossen wurde. Der Ersatzanspruch nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG besteht nicht, wenn die Zwischendecke bereits wegen Durchfeuchtung beschädigt war und ohnehin erneuert werden musste. Wie es sich hier verhält, ist nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht zweifelsfrei. Es nimmt Bezug auf die Feststellungen des Amtsgerichts, wonach die Zwischendecke durchfeuchtet war und durchhing. Das spricht dafür, dass die Decke bereits infolge des Wasserrohrbruchs unbrauchbar war und die Öffnung keinen weiteren Schaden verursacht hat. An anderer Stelle führt das Berufungsgericht dagegen aus, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht konkret vorgetragen habe und es auch nicht ersichtlich sei, dass die Zwischendecke vor der Reparatur an der fraglichen Stelle beschädigt gewesen sei. Ob der Schaden durch das Öffnen der Zwischendecke zum Zwecke der Reparatur des Warmwasserrohrs adäquat kausal verursacht worden ist, bedarf somit weiterer Feststellungen. Deshalb kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Auch kommt in einem solchen Fall ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB8 nicht in Betracht.

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Die Darlegungs- und Beweislast für die Schadensursächlichkeit trägt der Wohnungseigentümer.

Sollte sich erweisen, dass die Zwischendecke in dem Bereich, in dem sie geöffnet werden musste, unbeschädigt war, kann der Wohnungseigentümer, wovon das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeht, Ersatz der bei der Reparatur durch eine Fachwerkstatt anfallenden Kosten auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags verlangen. Allerdings wird vertreten, dass dem Wohnungseigentümer, der den Schaden in seinem Sondereigentum selbst repariert, nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG nur der Marktwert der Arbeitsleistung zu erstatten ist9. Richtigerweise kann ein Wohnungseigentümer den Schaden, der ihm nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG zu ersetzen ist, fiktiv in Höhe des Nettobetrags der Reparaturkosten abrechnen, wenn er ihn in Eigenarbeit beseitigt hat. Das gilt auch dann, wenn ein Familienangehöriger die Reparatur vorgenommen hat.

Der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist ein verschuldensunabhängiger Schadenersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Grundgedanken zugrunde liegen10. Auf ihn finden die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB über Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung Anwendung11. Insoweit unterscheidet er sich von dem Ausgleichsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, der einen Ausgleich in Geld in Anlehnung an die Grundsätze der Enteignungsentschädigung gewährt12.

Die danach anwendbare Vorschrift des § 249 BGB räumt dem Geschädigten einen Anspruch auf Naturalrestitution ein (§ 249 Abs. 1 BGB) und sieht als besondere Form des Naturalersatzanspruchs einen Zahlungsanspruch vor (§ 249 Abs. 2 BGB). Ein Geschädigter kann den für die Beseitigung eines Sachschadens erforderlichen Aufwand im Hinblick auf § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB konkret nach dem erforderlichen Aufwand oder fiktiv abrechnen, also unabhängig davon, ob er den Schaden gar nicht oder selbst bzw. durch einen Familienangehörigen beseitigt13. Das gilt auch für den Wohnungseigentümer, der Schadensersatz nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG verlangt. Der Schutzzweck der Vorschrift, das Sondereigentum in seinem tatsächlichen Bestand zu schützen, gebietet es auch unter Berücksichtigung des zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden besonderen Schutz- und Treueverhältnisses14 nicht, den Schadensersatzanspruch auf den tatsächlichen Beseitigungsaufwand zu beschränken.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Dezember 2016 – V ZR 124/16

  1. BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 27[]
  2. BGH, Urteil vom 26.10.2012 – V ZR 57/12, ZfIR 2013, 377 Rn.20[]
  3. BGH, Urteil vom 26.10.2012 – V ZR 57/12, ZfIR 2013, 377 Rn. 21[]
  4. vgl. OLG München, ZMR 2008, 232, 233; OLG Hamm, ZMR 1997, 193, 194; Bärmann/Armbrüster, WEG, 13. Aufl., § 5 Rn. 69; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 4. Aufl., § 5 Rn. 42[]
  5. vgl. LG Dresden, Urteil vom 16.10.2013 – 8 O 1163/13 34; K. Schmidt in juris PK-BGB, 6. Aufl., § 5 WEG Rn. 15; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 5 Rn. 24[]
  6. BGH, Urteil vom 25. Sep- tember 2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 26[]
  7. OLG München, ZMR 2008, 562, 564; Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 73; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 14 Rn. 36[]
  8. vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.05.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 Rn.19 ff.[]
  9. Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 76; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 38; jeweils unter Hinweis auf KG, ZMR 2000, 335[]
  10. vgl. BGH, Urteil vom 11.12 2002 – IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 mwN[]
  11. allgemeine Ansicht, vgl. KG, ZMR 2000, 335 mwN; BayObLG, NJW-RR 1994, 1104, 1105; Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 76; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 50, 51, 72; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 37, 38; Spielbauer/Then, 3. Aufl., WEG, § 14 Rn. 72, 73; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn.199; v. Rechenberg, ZWE 2005, 47, 54[]
  12. BGH, Urteil vom 21.05.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 Rn. 16; Urteil vom 20.04.1990 – V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 167[]
  13. st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2001 – V ZR 435/99, BGHZ 147, 320, 323; BGH, Urteil vom 03.12 2013 – VI ZR 24/13, NJW 2014, 535 Rn. 9; Urteil vom 29.04.2003 – VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1, 3; Urteil vom 23.03.1976 – VI ZR 41/74, BGHZ 66, 239, 241[]
  14. vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22.04.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224, 228; Urteil vom 10.11.2006 – V ZR 62/06, ZWE 2007, 32 Rn. 8[]
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