Ist eine Wohnung verkauft worden, hat der neue Eigentümer das Recht auf eine erstmalige Besichtigung.

So hat das Amtsgericht München in dem hier vorliegenden Fall entschieden und den Mieter dazu verpflichtet, eine Besichtigung durch den neuen Wohnungseigentümer zu dulden. Mit Kaufvertrag vom 5.Oktober 2015 hat der Kläger aus München eine Wohnung in der Georgenstraße in München gekauft, ohne diese vorher gesehen zu haben. Am 4. Februar 2016 wurde er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Wohnung war seit dem 27. Mai 1981 an den Beklagten vermietet. Der Mietvertrag enthält folgende Regelung:
„(1) Der Vermieter oder ein von ihm Beauftragter oder beide können die Mieträume betreten, um die Notwendigkeit unaufschiebbarer Hausarbeiten festzustellen.
(2) Will der Vermieter das Grundstück verkaufen, so darf er oder ein von ihm Beauftragter nach Ankündigung die Mieträume zusammen mit den Kaufinteressenten an Wochentagen von 9 Uhr bis 12 Uhr und 16 Uhr bis 18 Uhr betreten.
(3) Ist das Mietverhältnis gekündigt, so darf der Vermieter oder ein von ihm Beauftragter die Räume mit den Mietinteressenten zu den gleichen Stunden betreten.
(4) Der Mieter muss dafür sorgen, dass die Räume auch in seiner Abwesenheit betreten werden können.“
Am 26. Februar 2016 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Da er die Wohnung bisher noch nie besichtigt hatte, teilte er dem Mieter schriftlich mit, dass er die Wohnung besichtigen und ausmessen möchte und schlug drei verschiedene Termine vor. Der Mieter wendet sich dagegen und vertritt die Ansicht, dass dem Vermieter ein Besichtigungsrecht nur mit Mietinteressenten zustände und sein Informationsrecht durch die Übersendung von einer Architektenskizze erfüllt sei. Außerdem forderte der Mieter den Kläger auf, 638,00 Euro an ihn zu bezahlen, da er eine neue Spülmaschine angeschafft hatte, nachdem die alte Maschine kaputt gegangen war. Der neue Eigentümer hat Klage erhoben.
In seiner Urteilsbegründung hat das Amtsgericht München ausgeführt, dass die Regelung des Mietvertrags so zu verstehen sei, dass das Besichtigungsrecht nicht abschließend geregelt sei und in den dort aufgezählten Fällen jedenfalls ein Besichtigungsrecht bestehe.
Nach Auffassung des Amtsgerichts München ist in seinem Bedürfnis auf erstmalige Information hinsichtlich des Aussehens, der Ausstattung sowie der genauen Größe der Wohnung ein berechtigtes Interesse zu sehen, das das Interesse des Mieters an fehlender Störung deutlich überwiegt.
Darüber hinaus kann der Mieter die Besichtigung auch nicht von der Bezahlung der Spülmaschine abhängig machen: Denn nach Ansicht des Amtsgerichts kann gegenüber dem aus Art. 14 GG herrührenden Recht auf Duldung der erstmaligen Besichtigung einer Wohnung durch den neuen Eigentümer die fehlende Bezahlung von Geldansprüchen nicht geltend gemacht werden.
Aus diesen Gründen verurteilte das Amtsgericht den Mieter auf Duldung der Besichtigung der Wohnung.
Amtsgericht München, Urteil vom 12. August 2016 – 416 C 10784/16