Werbung mit einem Fußballprofi

Ein Fußballprofi hat die Nennung seines Namens in einer Werbung hinzunehmen und besitzt keinen Lizenzanspruch.

Werbung mit einem Fußballprofi

Im hier vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg zu entscheidenden Fall ist der Kläger Mitglied der deutschen Fußballnationalmannschaft und spielte in der englischen Premier League für den FC Chelsea, welcher einem russischen Finanzinvestor Roman Abramowitsch gehört. Ende 2008/Anfang 2009 wurde in den Medien die Frage aufgeworfen, ob Abramowitsch im Zuge der Finanzkrise den FC Chelsea oder der FC Chelsea den Kläger verkaufen müsse.

Die Beklagte, eine Privatbank, ließ Anfang 2009 online eine Anzeige schalten, die aus einer Folge von fünf Teilen bestand. Der Text des ersten Teils lautete:
„HERR ABRAMOWITSCH, SIE MÜSSEN B… NICHT VERKAUFEN!“ Es folgen die Teile: „KOMMEN SIE LIEBER ZUR BANK MIT 6% RENDITE 2008!“ und „Q… b… Das neue Private Banking“.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs1 kann in Fällen, in denen mit dem Bild oder dem Namen einer bekannten Persönlichkeit für ein Produkt oder eine Dienstleistung geworben wird, der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht hinzunehmen sein, wenn sich der Werbende wegen des Inhalts der Anzeige auf die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsäußerungsfreiheit berufen kann. Der Umstand, dass mit der Verwendung des Namens des Betroffenen in erster Linie bei den Betrachtern Aufmerksamkeit erregt werden sollte, um letztlich die Bekanntheit des beworbenen Produkts oder der beworbenen Dienstleistung zu erhöhen, steht dem nicht entgegen. Zu berücksichtigen ist, dass die vermögensrechtlichen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts keinen Verfassungsschutz, sondern nur einfach-gesetzlichen Schutz genießen. Die mit der Namensnennung in einer Werbeanzeige verbundene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann deshalb zulässig sein, wenn sich die Werbeanzeige in satirisch-spöttischer Form mit einem in der Öffentlichkeit diskutierten Ereignis auseinandersetzt, an dem der Genannte beteiligt war, wenn der Image- und Werbewert des Genannten durch die Verwendung seines Namens nicht ausgenutzt wird und wenn nicht der Eindruck erweckt wird, der Genannte identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt oder empfehle es.

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Nach Abwägung der widerstreitenden Interessen ist das Hanseatische Oberlandesgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger kein Lizenzanspruch zusteht. Sein Interesse, nicht in der Werbeanzeige genannt zu werden, hat gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse, das für die Beklagte streitet, zurückzutreten. Die Werbeanzeige der Beklagten erweckt in keiner Weise den Eindruck, dass der Kläger Finanzdienstleistungen der Beklagten empfehle oder diese Bank überhaupt kenne. Der Image- und Werbewert des Klägers wird deshalb auch nicht ausgenutzt. Der Betrachter der Anzeige stellt entgegen der Auffassung des Klägers auch keine gedankliche Beziehung zwischen ihm (Kläger) und der beworbenen Finanzdienstleistung her. Die Nennung des Namens soll zwar die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Anzeige lenken und somit auch die Bekanntheit der Dienstleistung der Beklagten und deren Umsatz erhöhen. Dieser Umstand ist indes nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien nicht ausschlaggebend.

Von entscheidendem Gewicht ist vielmehr, dass die Werbeanzeige einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat. Die Beklagte übt in satirisch-spöttischer Form Kritik daran, welchen Einfluss Geld und Geldgeber auf den Fußballsport haben und dass das sportliche Schicksal von Vereinen und Spielern von den Auswirkungen der Finanzkrise abhängen kann. Insofern weist die Anzeige entgegen der Auffassung des Klägers durchaus kritische Züge auf, auch wenn der Kläger nicht persönlich, sondern allenfalls in seiner von Geldgebern beeinflussten Rolle als Profisportler kritisiert wird. Das Thema ist für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsam, da die Frage, welchen Einfluss Geld auf den Sport hat, von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse ist. Die Frage, ob zum Zeitpunkt der Werbeaktion tatsächlich Anzeichen dafür bestanden, dass A… den Kläger „verkaufen“ müsse, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben. Gegen die Zulässigkeit der Werbeanzeige spricht auch nicht, dass der Kläger – anders als die Betroffenen in den BGH-Fällen „Zerknitterte Zigarettenschachtel“ und „Schau mal, D…“ – keine bestimmte Verhaltensweise gezeigt hat, an die die Anzeige erinnert und an die die geäußerte Kritik anknüpft. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof zwar über Sachverhalte entschieden hat, in denen die jeweiligen Rechtsträger im Rahmen der aufgegriffenen Ereignisse selbst gehandelt hatten. Hieraus lässt sich aber nicht der Rückschluss ziehen, dass ein Zeitgeschehen, welches für sich genommen von gesellschaftlichem Interesse ist, nicht aufgegriffen werden darf, wenn eine erwähnte Person von diesem Zeitgeschehen und/oder der satirischen Umsetzung dieses Geschehens eher mittelbar betroffen ist wie hier der Kläger. Vielmehr wirkt sich im Rahmen der Abwägung der Umstand, dass sich die vorliegende Werbung – anders als diejenige in den genannten BGH-Fällen – nicht über eine Verhaltensweise des Klägers lustig macht und mithin die Werbung für den Kläger nicht abträglich ist, eher zugunsten der Zulässigkeit der Anzeige aus.

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Der Anwendung der Kriterien des Bundesgerichtshofs steht auch nicht entgegen, dass der Kläger weder ein politisches Amt noch eine sonstige offizielle Funktion ausübt. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Fall „Schau mal, D…“ klargestellt, dass nicht nur Politiker, sondern auch sonstige Personen des öffentlichen Lebens zugunsten des öffentlichen Informationsinteresses eine Vereinnahmung im Rahmen einer Werbung unter den genannten Voraussetzungen hinnehmen müssen. Hieran kann bei dem Kläger als weltbekanntem Fußballspieler kein Zweifel bestehen.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 2. März 2010 – 7 U 125/09

  1. BGH, Urteile vom 26.10.2006 – Az. I ZR 182/04, Rücktritt des Finanzministers; vom 05.06.2008 – I ZR 96/07, Zerknitterte Zigarettenschachtel; vom 05.06.2008 – I ZR 223/05, Schau mal, D…[]