Ein Mitverschulden des Auftraggebers an einem Werkmangel wegen eines ihm zuzurechnenden Planungsfehlers ist bei der Geltendmachung eines Vorschusses auf die Selbstvornahmekosten zu berücksichtigen und führt zu dessen Kürzung.

Der planende Architekt muss im Rahmen seines Planungsauftrags – jedenfalls ohne abweichende vertragliche Vereinbarung – dem Auftraggeber bzw. dem ausführenden Handwerker konkret mitteilen, ob und ggf. welche beispielhafte Detailzeichnungen oder andere Vorgaben aus einer Richtlinie unverändert übernommen werden können oder welche Änderungen erforderlich sind.
Hat der Unternehmer nach seinem eigenen Vortrag einen Planungsmangel erkannt und kann er seine Behauptung, er habe Bedenken angemeldet, nicht beweisen, kann er sich nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn auf ein mitwirkendes Verschulden des Architekten als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn nicht berufen.
Die Zurechnung eines Mitverschuldens des Planers nach §§ 254, 278 BGB bei einer Vorschussklage scheidet nicht schon aus Rechtsgründen aus. Insbesondere ist bei der Klage auf Kostenvorschuss ein planerisches Mitverschulden, das dem Bauherrn zuzurechnen ist, nicht nur insoweit zu berücksichtigen, als der Handwerker einen Anspruch auf Sicherheitsleistung für den Kostenzuschussanspruch geltend machen könnte.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs darf ein Unternehmer, wenn er die Mängel selbst beseitigen will und eine Kostenbeteiligungspflicht des Bestellers besteht, die Mängelbeseitigung von einer ausreichenden Sicherheitsleistung des Bestellers abhängig machen1. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall dem Unternehmer in entsprechender Anwendung des § 273 Abs. 1 BGB eine Art Zurückbehaltungsrecht zugebilligt. Diese Ausführungen betreffen jedoch nur die vorgerichtliche Situation. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Rechtsstellung des Unternehmers, der bei einer Kostenbeteiligungspflicht des Bestellers nachbessern will und darf, derjenige eines Zurückbehaltungsberechtigten, so dass er im Prozess gemäß § 274 Abs. 1 BGB nur Zug um Zug gegen Zuschusszahlung zur Nachbesserung zu verurteilen ist2.
Im Übrigen unterscheidet sich die Interessenlage bei einer Mängelbeseitigung durch einen Unternehmer und einer Kostenbeteiligungspflicht des Bestellers grundlegend von derjenigen bei Geltendmachung eines Kostenvorschusses auf die Mängelbeseitigung gegen den Unternehmer bei einer Kostenbeteiligungspflicht des Bestellers. Hier trägt der Besteller nicht mehr die Gefahr, dass der Unternehmer weiterhin untätig bleibt, weil der Unternehmer eine Mängelbeseitigung ohne Zustimmung des Bestellers nicht mehr durchführen darf und der Besteller deshalb die Nachbesserung selbst in die Hand nimmt. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, dem Unternehmer eine Vorschusspflicht auch im Hinblick auf die Nachbesserungskosten, für die die Kostenbeteiligungspflicht des Bestellers eingreift, aufzubürden, denn insoweit besteht eine Vorleistungspflicht des Unternehmers jedenfalls nach Abnahme, die hier am 2.12.2010 erfolgt ist, nicht.
Deshalb ist ein dem Auftraggeber zuzurechnender Planungsfehler auch bei der Geltendmachung eines Vorschusses auf die Sanierungskosten zu berücksichtigen3.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Unternehmer trotz eines Planungsfehlers des Architekten gleichwohl gesamtschuldnerisch auf die gesamten Mängelbeseitigungskosten haftet, wenn der Schaden sowohl durch einen Planungsfehler des Architekten als auch durch einen Ausführungsfehler des Bauunternehmers entstanden ist, und der Ausführungsfehler auch ohne den Planungsfehler selbständig zum vollen eingetretenen Schaden beigetragen hat4.
Hier liegen keine eigenständigen Ausführungsfehler vor, sondern der Planungsfehler und der Ausführungsfehler betreffen den gleichen Mangel, so dass nicht festgestellt werden kann, dass der Ausführungsfehler auch ohne den Planungsmangel zum vollen Schaden geführt hätte. Wäre die Planung fachgerecht gewesen, wäre mangels anderer Anhaltspunkte auch bei der Ausführung ein mangelfreies Werk zu erwarten gewesen.
Der Anspruch der Bauherrin ist nicht gemäß §§ 254, 278 BGB wegen eines ihr zuzurechnenden Planungsfehlers des Architekten zu kürzen.
Führt ein Unternehmer den fehlerhaften Plan des Architekten aus, obwohl er genau erkennt, dass der Planungsfehler des Architekten mit Sicherheit zu einem Mangel des Bauwerks führen muss, und weist er den Bauherrn selbst vorher darauf nicht hin, kann er sich nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn auf ein mitwirkendes Verschulden des Architekten als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn in der Regel nicht berufen5. Unterlässt der Auftragnehmer den Hinweis auf Mängel, die er erkannt hat, so ist er immer allein für den Schaden verantwortlich6.
Der Beklagte hat schriftsätzlich vorgetragen, er habe das Problem der Luftdichtigkeit am Schwellen- bzw. Traufpunkt erkannt und deshalb mündlich Bedenken angemeldet. In der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2013 hat er angegeben, dass man während der Bauausführung festgestellt habe, dass Kniestock und Giebel so nicht abzudichten gewesen seien. Der vom Beklagten benannte Zeuge Z., der Vorarbeiter des Beklagten, hat in seiner Vernehmung vom 28.06.2013 angegeben, ihm sei aufgefallen, dass ein Luftraum zwischen Schalung und Mauerwerk sei und er habe dies dem Beklagten mitgeteilt. Damit hatte der Beklagte das konstruktive Problem des Dachaufbaus und der Luftdichtheit des Daches nach den Ausführungen des Sachverständigen gekannt.
Im vorliegenden Fall ist festgestellt, dass der streitige Bedenkenhinweis des Beklagten wegen der konstruktiven Schwächen des Dachaufbaus nicht nachgewiesen ist. Danach kann sich der Beklagte angesichts seiner Kenntnis vom konstruktiven Mangel der Planung gegenüber der Bauherrin als Auftraggeberin nach Treu und Glauben nicht auf ein planerisches Mitverschulden berufen. Vielmehr hat er den Kostenvorschuss in ungeschmälerter Höhe zu erbringen und kann ggf. im Innenverhältnis aufgrund des planerischen Verschuldens des Architekten einen Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB geltend machen. Ob und in welcher Höhe hier ein solcher Anspruch besteht, hat in diesem Verfahren dahingestellt zu bleiben.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 15. April 2014 – 10 U 127/13
- BGHZ 90, 354 = NJW 1984, 1679[↩]
- BGHZ 90, 344 = NJW 1984, 167637; BGHZ 90, 354 = NJW 1984, 167934 f.[↩]
- BGH BauR 2002, 8618 und 21; Werner/Pastor Der Bauprozess 14. Aufl. RN 2121 m.w.N. in FN 244; zur beschränkenden Wirkung von Sowieso-Kosten siehe OLG Stuttgart BauR 2010, 1599[↩]
- OLG Frankfurt, IBR 2013, 212; Werner/Pastor, Der Bauprozess 14. Aufl., RN 2491[↩]
- BGH BauR 1991, 799; Werner/Frechen in Werner/Pastor Der Bauprozess 14. Aufl., RN 2490[↩]
- BGH a.a.O.[↩]
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