Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks

Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung.

Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks

Erklärung des Widerrufs

Die Frage, ob der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks grundsätzlich einer Begründung bedarf, war bislang nicht abschließend geklärt. Der Bundesgerichtshof hat bisher nur entschieden, dass § 531 Abs. 1 BGB eine umfassende rechtliche Begründung des Widerrufs nicht verlangt und die Erklärung den zugrundeliegenden Sachverhalt allenfalls so weit darstellen muss, dass der Beschenkte ihn von anderen Geschehnissen unterscheiden, die Einhaltung der in § 532 BGB vorgesehenen Jahresfrist beurteilen und im Umkehrschluss erkennen kann, welche gegebenenfalls anderen Vorfälle der Schenker nicht zum Anlass für die Erklärung des Widerrufs genommen hat1. Ob es einer diesen Anforderungen genügenden Begründung bedarf, hat der Bundesgerichtshof hingegen – entgegen einer verbreiteten Auffassung2 – in der zitierten Entscheidung offengelassen. Diese Frage war für die Entscheidung des damals zu beurteilenden Falls unerheblich, weil die Widerrufserklärung den genannten Anforderungen genügte.

Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung.

Die obergerichtliche Rechtsprechung3 und der überwiegende Teil der Literatur4 hält die Mitteilung des Widerrufsgrundes für erforderlich – insbesondere deshalb, weil der Beschenkte die Möglichkeit haben müsse, das Vorliegen eines Widerrufsgrundes (§ 530 BGB) und die Einhaltung der Widerrufsfrist (§ 532 BGB) zu prüfen.

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Ein anderer Teil der Literatur lehnt eine Pflicht zur Mitteilung des Widerrufsgrundes ab und beruft sich dafür auf den Wortlaut des Gesetzes5.

Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.

Der Wortlaut des für die Beurteilung maßgebenden § 531 Abs. 1 BGB sieht eine Mitteilung des Widerrufsgrundes in der Widerrufserklärung nicht vor.

Eine Pflicht zur Begründung der Widerrufserklärung kann auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 531 Abs. 1 BGB sowie der §§ 530 und 532 BGB hergeleitet werden.

Angesichts der gravierenden Folgen, die der Widerruf einer Schenkung für den Beschenkten haben kann, hat der Beschenkte allerdings ein schutzwürdiges Interesse daran, die Wirksamkeit eines Widerrufs hinreichend zuverlässig überprüfen zu können. Das Gesetz stellt den Beschenkten insoweit aber nicht schutzlos. Es gewährt ihm dadurch Schutz, dass die materielle Wirksamkeit des Widerrufs an enge objektive und subjektive Voraussetzungen geknüpft ist und dass ein Rückgabeverlangen nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn der Schenker das Vorliegen dieser Voraussetzungen vor Gericht darlegen und beweisen kann.

Es stünde in Widerspruch zu diesem Regelungskonzept, zusätzlichen Schutz durch ein formelles Begründungserfordernis zu gewähren, obwohl das Gesetz ein solches Erfordernis nicht vorsieht.

Für dieses Ergebnis spricht auch ein systematischer Vergleich mit den Voraussetzungen für die fristlose Kündigung eines Dienstvertrags aus wichtigen Grund (§ 626 BGB).

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Eine solche Kündigung setzt nach § 626 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB ebenfalls das Vorliegen eines besonderen Grundes und die Einhaltung einer im Vergleich zu § 532 BGB deutlich kürzeren Erklärungsfrist vor.

Nach § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB muss der Kündigende dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen. Die Wirksamkeit der Kündigung hängt aber nicht davon ab, dass der Dienstherr dieser Pflicht nachkommt. Insoweit ist vielmehr allein ausschlaggebend, ob ein wichtiger Grund vorliegt und die Erklärungsfrist eingehalten ist6.

Für den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks, für die das Gesetz nicht einmal eine Pflicht zur nachträglichen Begründung vorsieht, kann insoweit nichts Anderes gelten.

Widerruf wegen groben Undanks

Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maß die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann. Ob diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Diese Umstände sind darauf zu untersuchen, ob und inwieweit erkennbar wird, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringt, die der Schenker erwarten darf. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, können neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben. Besondere Bedeutung kann ferner der persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem zukommen, vor allem dann, wenn diese von einer besonderen Verantwortlichkeit des Beschenkten gegenüber dem Schenker geprägt ist7. Die danach gebotene Gesamtwürdigung des festgestellten Sachverhalts ist Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Das Revisionsgericht ist in diesem Zusammenhang auf die Kontrolle beschränkt, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und gegebenenfalls den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat8.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Oktober 2022 – X ZR 42/20

  1. BGH, Urteil vom 22.10.2019 – X ZR 48/17, NJW-RR 2020, 179 Rn. 25[]
  2. vgl. einerseits zustimmend Staudinger/Chiusi, BGB, Neubearb.2021, § 531 Rn. 2; Koch/Holle, JZ 2020, 422, 423; Heinemann, ZNotP 2020, 212, 213 und andererseits ablehnend BeckOGK/Harke, BGB, Stand: 1.10.2022, § 531 Rn. 5[]
  3. OLG Hamm, Urteil vom 02.07.2001 22 U 1/01 44; OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.07.2015 2 U 47/1419[]
  4. BeckOK/Gehrlein, BGB, Stand: 1.08.2022, § 531 Rn. 1; Dauner-Lieb/Langen/Dendorfer-Ditges/Wilhelm, BGB, 4. Aufl.2021, § 531 Rn. 4; Erman/Hähnchen, BGB, 16. Aufl.2020, § 531 Rn. 1; Jauernig/Mansel, BGB, 18. Aufl.2021, § 531 Rn. 6; Münchener Kommentar-BGB/Koch, 8. Aufl.2019, § 531 Rn. 3; Staudinger/Chiusi, BGB, Neubearb.2021, § 531 Rn. 2[]
  5. BeckOGK/Harke, BGB, Stand: 1.10.2022, § 531 Rn. 5[]
  6. BAG, Urteil vom 17.08.1972 2 AZR 415/71, AP BGB § 626 Nr. 65 unter – II 1[]
  7. BGH, Urteil vom 22.10.2019 – X ZR 48/17, NJW-RR 2020, 179 Rn. 30 f.; Urteil vom 25.03.2014 – X ZR 94/12, NJW 2014, 3021 Rn. 17 f.[]
  8. BGH, Urteil vom 13.11.2012 – X ZR 80/11, NJW-RR 2013, 618 Rn. 12; Urteil vom 11.07.2000 – X ZR 89/98, BGHZ 145, 35, 38[]

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