Einige auf der Webseite „perlentaucher.de“ veröffentlichte Buchkritiken, die aus komprimierten Fassungen von Buchrezensionen aus Zeitungen bestehen, stellen eine unzulässige „unfreie“ Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar und hätten ohne die Einwilligung der Zeitungsverlegerinnen nicht übernommen werden dürfen.

So hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in zwei Urteilen über die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen die komprimierte Wiedergabe von Buchrezensionen Dritter zulässig ist.
Die Klägerinnen verlegen namhafte Tageszeitungen, in denen auch Buchrezensionen veröffentlicht werden. Die Beklagte stellt auf ihrer Webseite „perlentaucher.de“ Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt vor und spricht Empfehlungen aus. Dabei veröffentlicht sie auch Buchrezensionen aus den von den Klägerinnen verlegten Zeitungen in komprimierter Fassung. Diese sog. „Abstracts“ werden von den Mitarbeitern der Beklagten formuliert, enthalten aber einzelne Zitate und Passagen aus den Originalkritiken.
Die Klägerinnen halten dies für unzulässig und haben mit den vorliegenden Klagen in der Hauptsache ein generelles Verbot derartiger Abstracts verlangt, hilfsweise die Untersagung von Abstracts mit Originalzitaten sowie bestimmter konkreter Abstracts. Nach Ansicht der Klägerinnen verletzen die Abstracts wegen des Umfangs der Übernahme von Formulierungen aus den Originalrezensionen ihre Urheberrechte.
Das in erster Instanz zuständige Landgericht1 hatte die Klagen abgewiesen. Auch die dagegen eingelegten Berufungen hatten keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht wies die Berufungen im Dezember 2007 zunächst vollständig zurück2.
In der Revision bestätigte der Bundesgerichtshof, dass die Klägerinnen kein generelles Verbot der Verwendung ihrer Buchrezensionen verlangen können. Es sei urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassungen zu verwerten. Anders als die Vorinstanzen vertrat der Bundesgerichtshof aber die Auffassung, dass die Übernahme der Rezensionen im konkreten Einzelfall die Urheberrechte der Klägerinnen verletzten könnte. Die Berufungsurteile wurden teilweise aufgehoben und das Oberlandesgericht angewiesen zu prüfen, ob die Verbreitung einzelner konkreter Abstracts der Beklagten das Urheberrecht der Klägerinnen verletzen.
In den aktuellen Berufungsurteilen kommt das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. nunmehr zu dem Ergebnis, dass tatsächlich bestimmte Perlentaucher-Kritiken, die im Dezember 2004 erschienen waren und von den Klägerinnen konkret benannt werden, ihr Urheberrecht verletzten. Diese Abstracts bestünden mehr oder weniger aus einer Übernahme von besonders prägenden und ausdrucksstarken Passagen der Originalrezensionen, von denen lediglich einige Sätze ausgelassen worden seien. Sie stellten deshalb eine unzulässige „unfreie“ Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar und hätten ohne die Einwilligung der Klägerinnen nicht übernommen werden dürfen. In diesem – eingeschränkten – Umfang gab das Oberlandesgericht den Berufungen deshalb statt und änderte die vorausgegangenen Urteile des Landgerichts ab.
Die Verurteilung der Beklagten lässt keine allgemeine Aussage darüber zu, in welchem Umfang die Übernahme von Buchrezensionen urheberrechtlich zulässig ist. Jede Übernahme oder Verarbeitung muss vielmehr im Einzelfall daraufhin überprüft werden, ob sie eine zulässige freie Bearbeitung des Originaltextes darstellt.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteile vom 1.November 2011 – 11 U 75/06 und 11 U 76/06