Die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung fällt in die ausschließliche Zuständigkeit eines Richters am Amtsgericht, die jedenfalls nach Einführung des am 1.01.1999 aufgrund der zweiten Zwangsvollstreckungsnovelle in Kraft getretenen § 758a ZPO nicht durch eine nach § 938 ZPO getroffene entsprechende Anordnung des Prozessgerichts umgangen werden kann.

Für die Wohnungsdurchsuchung bedarf es nach § 758a Abs. 1 Satz 1 ZPO der Anordnung eines Richters am Amtsgericht1. Diese Zuständigkeit ist eine ausschließliche (§ 802 ZPO). Ohne, dass geprüft werden müsste, ob bei einer ohne mündliche Verhandlung erlassenen einstweiligen Verfügung zugleich die Gefahr im Verzuge impliziert ist, bedarf es daher der Beurteilung dieser Frage durch den für die Anordnung der Durchsuchung örtlich zuständigen Amtsrichter oder durch den Gerichtsvollzieher (§ 758a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Deren – gegebenenfalls vor Ort zu treffende – Beurteilung, ob tatsächlich Gefahr im Verzuge ist, kann das Prozessgericht nicht vorwegnehmen und daher auch nicht „quasi deklaratorisch“ feststellen.
Die ausschließliche Zuständigkeit des für den Wohnort des Schuldners örtlich zuständigen Amtsrichters für Wohnungsdurchsuchungsanordnungen kann auch nicht durch eine nach § 938 ZPO getroffene entsprechende Anordnung umgangen werden. Der Gesetzgeber hat bei Schaffung der Vorschrift ersichtlich die besseren Erkenntnismöglichkeiten des für den Wohnsitz des Schuldners zuständigen Amtsgerichts vorausgesetzt. Soweit also § 938 ZPO dem nach § 937 ZPO für den Erlass einstweiliger Verfügungen zuständigen Gericht der Hauptsache die Möglichkeit einräumt, nach freiem Ermessen zu bestimmen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind, erweitert die Vorschrift die Befugnis des Gerichts nicht über die in § 758a Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelte ausschließliche Befugnis des Amtsgerichts hinaus.
Allerdings hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 11.02.19992 gemeint, über § 938 ZPO sei – ohne dass § 802 ZPO entgegenstehe – auch die Möglichkeit eröffnet, Anordnungen nach § 758 ZPO zu treffen3. Dem ist jedenfalls nach Einführung des § 758a ZPO nicht mehr zu folgen. Diese durch die zweite Zwangsvollstreckungsnovelle eingeführte Vorschrift, die der Wahrung des für die Wohnungsdurchsuchung geltenden Richtervorbehalts (Art. 13 Abs. 2 GG) dient, trat am 1.01.1999 in Kraft. Sie ist in der angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts, die nur wenige Wochen nach Einführung der Vorschrift erging, nicht erwähnt. Die Entscheidung erging indes auch im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO wegen eines bereits in erster Instanz für erledigt erklärten Teils der Klage.
Eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift gegen ihren eindeutigen Wortlaut scheidet aus4. Zwar ordnet Art. 3 der Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG an, dass die Mitgliedstaaten die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vorzusehen haben, die z.B. keine ungerechtfertigten Verzögerungen mit sich bringen sollen. Die getroffenen Maßnahmen sollen darüber hinaus wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so angewendet werden, dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist. Effektiver Rechtsschutz ist der Antragstellerin indes nicht verwehrt. Der Zweck der einstweiligen Verfügung des Prozessgerichts lässt sich ohne weiteres durch einen auf sie bezogenen Antrag beim zuständigen Amtsgericht auf Erlass einer Durchsuchungsanordnung erreichen. Dass es dabei zu einer den Rechtsschutz der Antragstellerin gegenüber den Rechten des Antragsgegners übermäßig beschränkenden Zeitverzögerung käme, ist nicht erkennbar.
Die Annahme, bei der begehrten Maßnahme des Gerichtsvollziehers handele es sich nicht um eine „Durchsuchung“ im Sinne der genannten Vorschrift, vermag das Hanseatische Oberlandesgericht Hambrg nicht zu folgen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.08.20065 ist daher nicht einschlägig. Wegen des Erfordernisses, die gefälschte Markenware, die nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Antragstellerin beim Antragsgegner vorhanden sein soll, in der Wohnung des Antragsgegners aufzufinden, ist tatsächlich eine Durchsuchung der Wohnung erforderlich. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass staatliche Organe – hier der Gerichtsvollzieher – ziel- und zweckgerichtet nach Personen oder Sachen suchen, die der Wohnungsinhaber von sich aus nicht offen legen oder herausgeben will6. So liegt der Fall hier, denn die Antragstellerin möchte mittels der begehrten Tätigkeit des Gerichtsvollziehers gerade für den Fall der nicht freiwilligen Herausgabe der vom Antragsgegner herauszugebenden Ware oder des Leugnens eines entsprechenden Warenbesitzes durch den Antragsgegner die Möglichkeit haben, in der Wohnung des Antragsgegners nachzuschauen, ob sich die betreffende Ware nicht doch in den Räumlichkeiten des Antragsgegners befindet. Sie hält es gerade für notwendig, dem Antragsgegner, der ihr mutmaßlich den Zutritt zu seiner Wohnung verweigert, die Möglichkeit zu nehmen, bei ihm vorhandene Piraterieware beiseite zu schaffen.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 5. Februar 2013 – 3 W 10/13