Wolfsangriffe auf die Schafherde – und die Grenzen der Haftung des Landes

Es gibt kein Gesetz, wonach das Land Schleswig-Holstein verpflichtet ist, die Anwesenheit von Wölfen in Schafzuchtgebieten im Land zu verhindern. Da Regelungen vorhanden sind, nach denen den Landwirten Entschädigungen bei Wolfsangriffen und Unterstützung bei der Schaffung von Schutzmaßnahmen gegen Wölfe geleistet werden, liegt kein Unterlassen des Gesetz- oder Verordnungsgebers vor.

Wolfsangriffe auf die Schafherde – und die Grenzen der Haftung des Landes

Mit dieser Begründung hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in den hier vorliegenden Fällen den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht zugestanden und damit gleichzeitig die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Die Schafhalter können für diese Folgen des Wolfsangriffs keinen Schadensersatz vom Land Schleswig-Holstein verlangen. Geklagt hatten landwirtschaftliche Schafhalter und Schafzüchter, deren Herde im Spätherbst 2018 mehrfach von einem Wolf angegriffen worden war. Die Angriffe führten zum Verlust von insgesamt 12 Schafen. Bei weiteren 140 trächtigen Schafen soll es durch die Wolfsangriffe zum „Verlammen“ (Abort) gekommen sein. Ende November 2018 überwand der Wolf dann bei einem anderen Schafhalter eine als wolfsicher eingestufte Einzäunung. Im Januar 2019 erteilte das beklagte Land eine Genehmigung zur Tötung des Tieres. Der Wolf wurde im Januar 2020 in Niedersachsen überfahren. Für die gerissenen Schafe beantragten die Kläger bei dem beklagten Land Schleswig-Holstein Zuwendungen nach der sog. Wolfsrichtlinie.

Mit diesem Verfahren begehren die Kläger darüber hinaus Schadensersatz wegen der behaupteten Aborte bei den 140 trächtigen Schafen und wollen festgestellt wissen, dass das beklagte Land zum Ersatz von Schäden durch Wolfsangriffe auf ihre Herden verpflichtet ist. Die Kläger sind der Auffassung, das Land müsse einen absoluten Schutz vor Übergriffen durch Wölfe in Schafherden sicherstellen. Es sei verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen, wie beispielsweise einen Zaun an der dänischen Grenze, ein Eindringen von Wölfen in Schleswig-Holstein zu unterbinden und Wölfe sofort einzufangen.

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Nachdem das Landgericht Kiel1 die Klage abgewiesen hatte, haben die Kläger mit der Berufung ihr Ziel weiter verfolgt.

In seiner Entscheidungsbegründung hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht ausgeführt, dass eine Amtspflichtverletzung durch Beamte des beklagten Landes nicht vorliegt. Es gibt kein Gesetz, wonach das Land Schleswig-Holstein verpflichtet ist, die Anwesenheit von Wölfen in Schafzuchtgebieten im Land zu verhindern. Das gilt sowohl für die von den Klägern vorgeschlagene Einzäunung der Staatsgrenze als auch für die Betäubung und Verbringung der Wölfe. Die in § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz vorgesehene Genehmigung zum Abschuss des Wolfes hat das beklagte Land zutreffend erteilt, nachdem der Wolf die als wolfsicher geltenden Schutzmaßnahmen überwunden hat.

Soweit das beklagte Land verpflichtet ist, das Eigentum und die Berufsfreiheit der Kläger zu schützen, stehen den Klägern auch keine Entschädigungsansprüche zu. Denn das beklagte Land hat bereits Verwaltungsvorschriften zur Entschädigung von Landwirten für Wolfsangriffe erlassen. Weiterhin hat es Regelungen geschaffen, nach denen den Landwirten Unterstützung bei der Schaffung von Schutzmaßnahmen gegen Wölfe geleistet wird. Es liegt deshalb kein Unterlassen des Gesetz- oder Verordnungsgebers vor, das zu einer Entschädigungspflicht des beklagten Landes führen könnte. Weitergehende Entschädigungsregelungen können nicht durch die Rechtsprechung geschaffen werden. Dies ist die Aufgabe des Gesetzgebers.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 24. September und 3. November 2020 – 11 U 61/20

  1. LG Kiel, Urteil vom 29.04.2020[]
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