Zahlungsunfähigkeit wegen Gläubigerbefriedigung

Von einer Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit kann nicht ausgegangen werden, wenn sich der Schuldner durch die Befriedigung seiner gegenwärtigen Gläubiger der Mittel entäußert, die er zur Begleichung seiner künftigen, alsbald fällig werdenden Verbindlichkeiten benötigt.

Zahlungsunfähigkeit wegen Gläubigerbefriedigung

Eine einmal nach außen hin in Erscheinung getretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort. Sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden1. Dies erfordert, dass – bis auf unwesentliche Ausnahmen – alle Zahlungen geleistet werden2.

Der Schuldner war im Streitfall lediglich in der Lage, im Anschluss an den gegen ihn gestellten Insolvenzantrag über einen Zeitraum von sieben Monaten seine damaligen Gläubiger nach und nach zu befriedigen. Diese Zeitspanne verdeutlicht, dass dem Schuldner die finanziellen Mittel fehlten, seine einzelnen Verbindlichkeiten jeweils binnen drei Wochen nach Fälligkeit zu begleichen3. Schiebt der Schuldner ständig einen Forderungsrückstand vor sich her, den er nur schleppend abträgt, verwirklicht sich ein typisches Merkmal einer Zahlungseinstellung4.

Ferner geriet der Schuldner unmittelbar nach Befriedigung der Forderung des insolvenzantragstellenden Gläubigers abermals mit den von ihm zu erbringenden Pachtzahlungen in Rückstand. Folglich war der Schuldner allenfalls an einem bestimmten Stichtag zur Befriedigung seiner Gläubiger, aber nicht auf Dauer zu einer allgemeinen Begleichung seiner alsbald fälligen Verbindlichkeiten5 im Stande.

Gegen den gewerblich tätigen Schuldner wurden aus verschiedensten Rechtsgründen ständig neue Forderungen begründet, denen er nach der Befriedigung der Beklagten und seiner sonstigen Gläubiger nicht mehr im Allgemeinen nachkommen konnte. Von einer Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit kann deshalb nicht ausgegangen werden, wenn sich der Schuldner durch die Befriedigung seiner gegenwärtigen Gläubiger der Mittel entäußert, die er zur Begleichung seiner künftigen, alsbald fällig werdenden Verbindlichkeiten benötigt. In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Bei dieser Sachlage ist von einer fortwirkenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen.

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Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner über mehrere Monate nicht gelingt, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen auszugleichen und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich sind, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann6. Die von dem Schuldner bis zur Befriedigung der Verbindlichkeit benötigte Zeitspanne stand als typisches Beispiel einer schleppenden Zahlungsweise einer allgemeinen Aufnahme der Zahlung der fälligen Verbindlichkeiten entgegen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. Oktober 2012 – IX ZR 117/11

  1. BGH, Urteil vom 25.10.2001, aaO; vom 20.11.2001, aaO; Urteil vom 19.05.2011 – IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 Rn. 26[]
  2. HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 17 Rn. 45[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2007 – IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Rn. 35[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 30.06.2011, aaO, Rn. 16[]
  5. vgl. RGZ 100, 62, 65; HKKirchhof, aaO[]
  6. BGH, Urteil vom 30.06.2011, aaO, Rn. 12[]