Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil sie durch den Einzelrichter erfolgt ist, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrunds das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 ZPO der mit drei Mitgliedern besetzten Kammer (§ 75 GVG) hätte übertragen müssen.

Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter

An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden1.

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergangen ist.

Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, in denen er einen Zulassungsgrund bejaht, das Verfahren zwingend an das Kollegium zu übertragen. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die im Sinne aller in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsgründe zu verstehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Gebot des gesetzlichen Richters. Dieser Verstoß ist vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen2. 7 b)) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter ausweislich seines Hinweises versehentlich erfolgt ist. Nach § 319 Abs. 1 ZPO ist eine Berichtigung des Beschlusses, in den versehentlich eine Zulassung aufgenommen wurde, grundsätzlich möglich3. Dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde unbeabsichtigt erfolgt ist, muss sich dann aber aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung ergeben, weil nur dann eine offenbare Unrichtigkeit vorliegen kann. Ein gerichtsintern gebliebenes Versehen, das meist nicht ohne weitere Beweiserhebung überprüft werden könnte, ist keine „offenbare“ Unrichtigkeit im Sinne von § 319 ZPO4. An derartigen, nach außen getretenen Umständen, die den gerichtsinternen Bereich verlassen hätten, fehlt es hier. Davon ist auch der Einzelrichter zutreffend ausgegangen.

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Die Zurückverweisung der Sache erfolgt an den Einzelrichter, der unter Berücksichtigung der Rechtsbeschwerdebegründung sowie der Rechtsbeschwerdeerwiderung zu überprüfen haben wird, ob die Voraussetzungen für eine Übertragung an die Kammer gemäß § 568 Satz 2 ZPO vorliegen.

Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Bundesgerichtshof von der Möglichkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG Gebrauch. Diese Kosten wären bei richtiger Behandlung der Sache durch den Einzelrichter nicht entstanden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31. Januar 2019 – I ZB 49/18

  1. st. Rspr.; vgl. nur Beschluss vom 22.02.2018 – V ZB 157/17 2 mwN[]
  2. st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 13.03.2003 – IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, 202 bis 204 6 bis 9]; Beschluss vom 08.03.2011 – VIII ZB 65/10, WuM 2011, 242 Rn. 4; Beschluss vom 14.06.2017 – I ZB 87/16 10; Beschluss vom 22.02.2018 – V ZB 157/17 3; Beschluss vom 19.12 2018 – VII ZB 45/18 8 f., jeweils mwN[]
  3. Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 319 Rn. 11; Prütting/Gehrlein/Thole, ZPO, 10. Aufl., § 319 Rn. 8[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 06.02.2014 – IX ZB 114/12 9 f.[]