Eine entsprechend § 166 Abs. 1 BGB erfolgende Zurechnung des Wissens eines Vertreters des Gläubigers von den Anspruch begründenden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch zwar nicht gegen den Vertreter selbst richtet, jedoch mit einem gegen ihn gerichteten Anspruch in einem so engen Zusammenhang steht, dass auch hier die Befürchtung besteht, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Vorschrift des § 166 Abs. 1 BGB, der Kenntnisse des Vertreters dem Vertretenen zurechnet, im Rahmen des § 819 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend anwendbar2. Nach § 166 Abs. 1 BGB muss derjenige, der sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen eines Vertreters bedient, es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen, dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird. Er kann sich nicht auf eigene Unkenntnis berufen. Aus diesem der Vorschrift des § 166 BGB innewohnenden allgemeinen Rechtsgedanken hat der Bundesgerichtshof hergeleitet, dass sich – unabhängig von dem Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses – derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss3.
Diese Voraussetzungen sah der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall als erfüllt: L. war als Verwalter der organschaftliche Vertreter der Beklagten, der für die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr in weitem Umfang handeln konnte4. Er war insbesondere nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG in der bis zum 30.06.2007 geltenden Fassung für die Verwaltung der eingenommenen Gelder zuständig. Die Beklagte hat sich daher seine Kenntnis von dem fehlenden Rechtsgrund der Überweisung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen zu lassen mit der Folge, dass sie sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 818 Abs. 4 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann.
– veruntreuend – tätig war. Hierdurch wird die Schutzwürdigkeit der Interessen der Klägerin nicht verringert. Die Haftungsverschärfung in § 819 Abs. 1 BGB hat ihren Grund darin, dass der Bereicherungsschuldner ab Kenntniserlangung von dem mangelnden Rechtsgrund auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs nicht vertrauen darf und ihn daher gesteigerte Sorgfaltspflichten im Umgang mit dem Erlangten treffen. Er kann gleichsam als „Verwahrer fremden Guts“ angesehen werden5. Die gesteigerten Sorgfaltspflichten des Bereicherungsschuldners finden ihre Begründung mithin in der von ihm erkannten Zuordnung des Erlangten zu einer fremden Vermögenssphäre. Sie bestehen unabhängig davon, wer auf Seiten des Bereicherungsgläubigers konkret in dessen Vermögen zum Vorteil des Bereicherungsschuldners eingegriffen hat.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 436/12
- Fortführung von BGH, Urteile vom 15.03.2011 – II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832; und vom 12.06.1989 – II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255[↩]
- BGH, Urteile vom 25.03.1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 295 f; vom 20.02.1979 – VI ZR 256/77, VersR 1979, 523, 526; und vom 29.03.1962 – VII ZR 238/60, WM 1962, 609, 610; so auch OLG Hamm, VersR 2009, 1416, 1417; OLG Köln, OLGR 1998, 141; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 819 Rn. 3[↩]
- BGH aaO[↩]
- vgl. zur Stellung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft BGH, Urteil vom 27.09.2002 – V ZR 320/01, NJW 2003, 589, 590; Beschluss vom 02.06.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 162[↩]
- Wendehorst in BeckOK, BGB, § 819 [01.11.2013], Rn. 2 unter Hinweis auf die Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band II, S. 55[↩]