Wird die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, auf dessen Grundlage der Gläubiger die Zwangsversteigerung betreibt, auf die Vollstreckungsgegenklage des Schuldners nach Erteilung des Zuschlags für unzulässig erklärt, ist im Rahmen des Verteilungsverfahrens gemäß den §§ 105 ff. ZVG der auf den Titel entfallende Teil des Versteigerungserlöses dem Schuldner zuzuteilen.

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungstitel hat aber nicht zur Folge, dass dem Schuldner auch der Teil des Vollstreckungserlöses zusteht, der auf eine aufgrund des Zuschlags gemäß § 91 Abs. 1 ZVG erloschene Grundschuld entfällt, aus der die Zwangsvollstreckung nicht betrieben worden ist. Vielmehr ist dieser Erlösanteil dem Grundschuldgläubiger zuzuteilen, es sei denn, eine solche Zuteilung ist wegen eines für begründet erklärten Widerspruchs (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. §§ 876 bis 882 ZPO) oder bei einer vollstreckbaren Grundschuld wegen einer begründeten Vollstreckungsgegenklage (§ 115 Abs. 3 ZVG i.V.m. § 767 ZPO) ausgeschlossen.
Die Zuteilung an den Grundschuldgläubiger ist unabhängig davon vorzunehmen, ob es sich hierbei um einen Dritten oder um den die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger handelt.
Im Grundsatz gelten § 775 Nr. 1, § 776 Satz 1 ZPO auch für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nach dem Zwangsversteigerungsgesetz1. Nach diesen Vorschriften ist die Zwangsvollstreckung unter anderem dann einzustellen und sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben, wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden ist. Deshalb muss das Vollstreckungsgericht beispielsweise einen bereits anberaumten Versteigerungstermin aufheben, wenn der Schuldner ein der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO stattgebendes Urteil vorlegt.
Es gelten aber Besonderheiten, wenn wie hier in dem Zeitpunkt, in dem das Prozessgericht die Zwangsvollstreckung gemäß § 767 ZPO für unzulässig erklärt, der Zuschlag bereits erteilt ist.
Dies bedeutet aber nicht, dass eine nach Erteilung des Zuschlags ergehende Entscheidung des Prozessgerichts i.S.d. § 775 Nr. 1 ZPO für den weiteren Fortgang des Versteigerungsverfahrens bedeutungslos wäre. Nach der Zuschlagserteilung ist der Versteigerungserlös nach den Vorschriften der §§ 105 ff. ZVG auf die Berechtigten zu verteilen. In diesem Zusammenhang erstellt das Vollstreckungsgericht einen Teilungsplan (§ 114 ZVG). Hat der Schuldner Einwendungen gegen einen im Rahmen der Verteilung gemäß § 114 ZVG zu berücksichtigenden vollstreckbaren Anspruch, sind diese Einwendungen gemäß § 115 Abs. 3 ZVG nach den §§ 767, 769, 770 ZPO zu erledigen.
Dies gilt auch für den vollstreckbaren Anspruch, aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt2. Wird die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, auf dessen Grundlage der Gläubiger die Zwangsversteigerung betreibt, auf die Vollstreckungsgegenklage des Schuldners nach Erteilung des Zuschlags für unzulässig erklärt, ist deshalb im Rahmen des Verteilungsverfahrens gemäß den §§ 105 ff. ZVG der auf den Titel entfallende Teil des Versteigerungserlöses dem Schuldner zuzuteilen3. Liegt die Entscheidung gemäß § 767 ZPO nicht bereits im Zeitpunkt der Aufstellung des Teilungsplans vor (§ 113 ZVG), kann der Schuldner die Ausführung des Teilungsplans bezogen auf die Vollstreckungsforderung durch eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 769 Abs. 1 ZPO oder gemäß § 769 Abs. 2 ZPO verhindern und hierdurch eine Hilfszuteilung gemäß § 124 Abs. 1 ZVG analog und eine Hinterlegung des entsprechenden Erlösanteils gemäß § 124 Abs. 2, § 120 ZVG erreichen4. Nach Vorlage der stattgebenden Entscheidung gemäß § 767 ZPO ist der hinterlegte Betrag an den Vollstreckungsschuldner auszuzahlen5.
Die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungstitel hat aber nicht zur Folge, dass dem Schuldner auch der Teil des Vollstreckungserlöses zusteht, der auf eine aufgrund des Zuschlags gemäß § 91 Abs. 1 ZVG erloschene (weitere) Grundschuld entfällt, aus der die Zwangsvollstreckung nicht betrieben worden ist. Vielmehr ist dieser Erlösanteil dem Grundschuldgläubiger zuzuteilen, es sei denn, eine solche Zuteilung ist wegen eines für begründet erklärten Widerspruchs (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. §§ 876 bis 882 ZPO) oder bei einer vollstreckbaren Grundschuld wegen einer begründeten Vollstreckungsgegenklage (§ 115 Abs. 3 ZVG i.V.m. § 767 ZPO) ausgeschlossen.
Der Gesetzgeber hat in § 115 ZVG eine abschließende Regelung dazu getroffen, unter welchen Voraussetzungen Einwände gegen die in den Teilungsplan aufgenommenen Ansprüche berücksichtigt werden können. Dies gilt auch für Einwände des Vollstreckungsschuldners. Wird der in § 115 ZVG vorgegebene Weg nicht beschritten, verbleibt es bei der im Teilungsplan vorgesehenen Verteilung des Versteigerungserlöses. Insoweit stellt § 115 ZVG eine spezielle Regelung im Zwangsversteigerungsrecht dar, hinter der die allgemeinen Vorschriften (hier: § 775 Nr. 1, § 776 ZPO) zurücktreten.
Wenn es sich bei der Grundschuld um ein der Vollstreckungsforderung nachrangiges Recht handelt, ist sie nicht in das geringste Gebot (§ 44 ZVG) aufzunehmen. Sie bleibt nicht bestehen (§ 52 Abs. 1 ZVG), sondern erlöscht gemäß § 91 Abs. 1 ZVG durch den Zuschlag, ist aber gemäß § 114 ZVG im Rahmen der Verteilung zu berücksichtigen6. Wenn der Schuldner nicht rechtzeitig Widerspruchsklage gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. § 878 Abs. 1 ZPO erhoben hat, steht der auf die Grundschuld entfallende Erlösanteil nicht dem Schuldner, sondern der Inhaberin der hiernach erloschenen (nachrangigen) Grundschuld zu. Dies gilt auch, wenn die Inhaberin dieser Grundschuld zugleich die Gläubigerin ist, die aus einer anderen (vorrangigen) Grundschuld die Zwangsversteigerung betreibt. Hieran ändert auch die Vollstreckungsgegenklage des Schuldners nichts, da diese nur die (vorrangige) Grundschuld zum Gegenstand hatte, aus der die Zwangsvollstreckung betrieben wird.
Eine solche unter Beachtung der Systematik des Zwangsversteigerungsgesetzes (§§ 33, 115 ZVG) zu treffende Lösung führt auch nicht t zu einem unbilligen Vorteil des unzulässig die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigers. Richtig ist zwar, dass der Gläubiger im Ergebnis nicht titulierte Ansprüche gegen den Schuldner durchsetzen kann. Dies ist jedoch sachlich gerechtfertigt, weil der Schuldner mit einer Auskehr des auf die erloschene Grundschuld entfallenden Erlösanteils an ihn einen ihm nicht zustehenden Vermögenswert erhielte.
Mit dem Zuschlag erlöschen das Eigentum des Schuldners an dem Grundstück und die Grundschulden, die nach den Versteigerungsbedingungen nicht bestehen bleiben (§ 91 Abs. 1 ZVG). Die Rechte erlöschen jedoch nur mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Grundstücks als Surrogat der Versteigerungserlös tritt; an diesem setzen sich die erloschenen Rechte und die früheren Rechtsbeziehungen fort, soweit dem nicht der Umstand entgegensteht, dass nicht mehr ein Grundstück den Gegenstand dieser Rechte und Rechtsbeziehungen bildet. An die Stelle des Eigentums tritt für den Schuldner und früheren Eigentümer der Anspruch auf den Versteigerungserlös mit den sich aus dem Zwangsversteigerungsgesetz ergebenden Beschränkungen. An die Stelle der Grundschuld tritt das Recht der Grundschuldgläubiger, sich in Höhe des Grundschuldbetrages aus dem Erlös zu befriedigen (sog. Surrogationsgrundsatz)7.
Könnte der Schuldner bei einer erst nach Erteilung des Zuschlags erfolgreichen Vollstreckungsgegenklage nicht nur den auf den Vollstreckungstitel entfallenden Versteigerungserlös beanspruchen, sondern auch den Anteil, der auf die infolge des Zuschlags erloschene Grundschuld entfällt, verlöre der Gläubiger dieser Grundschuld seine Rechte infolge der unzulässigen Zwangsvollstreckung eines anderen Gläubigers in das Grundstück. Für einen solchen Rechtsverlust gibt es keine Grundlage; er wäre auch mit dem Surrogationsgrundsatz unvereinbar. Zugleich erhielte der Schuldner, der auf den Vermögenswert der Grundschuld auch vor der Zwangsversteigerung nicht zugreifen konnte, einen ungerechtfertigten Vorteil. Ohne die Zwangsvollstreckung wäre die Grundschuld des Gläubigers nicht erloschen und das Eigentum des Schuldners entsprechend (höher) belastet geblieben.
Die Zuteilung an den Grundschuldgläubiger ist unabhängig davon vorzunehmen, ob es sich hierbei um einen Dritten oder um den die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger handelt. Von solchen Zufälligkeiten kann die rechtliche Beurteilung nicht abhängig gemacht werden. In beiden Fällen steht der anteilige Versteigerungserlös dem Schuldner nicht zu. Dass der Vollstreckungsgläubiger die Zwangsvollstreckung aus einer (anderen) Grundschuld nicht mehr betreiben darf, wird bei der Verteilung des auf die Vollstreckungsforderung entfallenden Erlösanteils hinreichend berücksichtigt. Ist der Gläubiger zugleich Inhaber einer (weiteren, nachrangigen) Grundschuld, steht er insoweit einem anderen Grundschuldgläubiger gleich und muss deshalb auch entsprechend behandelt werden. Für eine Sanktionierung des betreibenden Gläubigers und eine damit einhergehende Privilegierung des Schuldners gibt es keine gesetzliche Grundlage.
Dass der Schuldner hiernach den auf die nachrangige Grundschuld entfallenden Erlösanteil in dem Zwangsversteigerungsverfahren nicht beanspruchen kann, schließt etwaige materiellrechtliche Ansprüche gegen die Gläubigerin wegen Einwendungen gegen die Grundschuld nicht aus. Diese müssten aber in einem Erkenntnisverfahren geltend gemacht werden.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Februar 2020 – V ZB 131/19
- vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 775 Rn. 44; Wieczorek/Schütze/Sponheimer, ZPO, 4. Aufl., § 775 Rn. 7[↩]
- vgl. Steiner/Storz, ZVG, 9. Aufl., § 115 Rn. 39; Bachmann, ZVG, 2. Aufl., § 115 Rn. 41; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 115 Rn. 1[↩]
- vgl. allgemein zu der Wirkung einer stattgebenden Entscheidung gemäß § 115 Abs. 3 ZVG i.V.m. § 767 ZPO BGH, Urteil vom 20.03.1981 – V ZR 85/80, WM 1981, 693, 694[↩]
- vgl. zu Einzelheiten Steiner/Teufel, ZVG, 9. Aufl., § 115 Rn. 39 f.; Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 115 Rn. 9 ff.; Depré, ZVG, 2. Aufl., § 115 Rn. 42[↩]
- vgl. Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 115 Rn. 9 ff.; Depré, ZVG, 2. Aufl., § 115 Rn. 42[↩]
- vgl. nur Stöber/Nicht, ZVG, 22. Aufl., § 114 Rn. 138 f.; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, 15. Aufl., § 114 Rn. 31[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.10.1984 – IX ZR 111/82, NJW 1985, 388 mwN; BGH, Urteil vom 05.04.1972 – VIII ZR 31/71, BGHZ 58, 298, 299[↩]
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