Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge – und die Gläubigerbezeichnung

Allein die jeweilige Landesrundfunkanstalt und nicht der im Briefkopf des Vollstreckungsersuchens ebenfalls aufgeführte „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ ist Inhaber der Rundfunkbeitragsforderungen1.

Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge – und die Gläubigerbezeichnung

Dass auch bei einem auf dem Briefkopf des Beitragsservices gestellten Vollstreckungsersuchens allein der Gläubiger und nicht der Beitragsservice als Partei des Vollstreckungsverfahrens in Betracht kommt, ergibt sich bereits zwingend aus der Rechtslage.

Gemäß § 10 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages vom 17.12 2010 (RBStV), der den Rundfunkgebührenstaatsvertrag vom 31.08.1991 (RGebStV) mit Wirkung vom 01.01.2013 aufgehoben hat (vgl. Art. 2 und Art. 7 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 15.12 2010), steht das Aufkommen aus dem Rundfunkbeitrag der Landesrundfunkanstalt, dem Zweiten Deutschen Fernsehen, dem Deutschlandradio sowie der Landesmedienanstalt zu, in deren Bereich sich die Wohnung oder die Betriebsstätte des Beitragsschuldners befindet oder das Kraftfahrzeug zugelassen ist. Daraus ergibt sich, dass im Streitfall allein der Gläubiger als Landesrundfunkanstalt im Hinblick auf die Geltendmachung und Vollstreckung der Beitragsforderungen partei- und prozessfähig ist. Dem steht nicht entgegen, dass gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch eine nichtrechtsfähige öffentlichrechtliche Verwaltungsgemeinschaft dem Beitragsservice (früher GEZ) wahrnimmt. Der Beitragsservice ist nicht rechtsfähig und damit auch nicht partei- und prozessfähig, sondern dient den Landesrundfunkanstalten, dem ZDF und dem Deutschlandradio aus Praktikabilitätsgründen lediglich als eine örtlich ausgelagerte gemeinsame Inkassostelle. Er ist daher nur zur Beitreibung von Rundfunkbeiträgen im Namen der Landesrundfunkanstalten befugt2. Im Streitfall kam daher bereits von Rechts wegen nur der Gläubiger und nicht auch der Beitragsservice als tatsächlich existierende Partei und damit als Gläubiger der zu vollstreckenden Rundfunkbeiträge in Betracht.

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Nichts anderes ergibt sich bei verständiger Würdigung des Vollstreckungsersuchens. Darin war der Gläubiger als Absender hinreichend deutlich erkennbar. Seine Bezeichnung „Südwestrundfunk“ befand sich nicht nur räumlich eindeutig abgesetzt von den Angaben zum Beitragsservice auf der linken Seite des Briefkopfs des Vollstreckungsersuchens. Sie war zudem in Alleinstellung auch unter der abschließenden Grußformel „Mit freundlichen Grüßen“ und damit an der Stelle angegeben, an der herkömmlich die für den vorstehenden Inhalt verantwortlich zeichnende Person oder Institution aufgeführt ist. Es ergeben sich auch keine Zweifel an der Identität des Gläubigers daraus, dass im Vollstreckungsersuchen der Gläubiger nur mit seiner Bezeichnung „Südwestrundfunk“ angegeben ist, während Angaben zu seiner Rechtsform, Anschrift und Vertretung fehlen. Die Frage, wer Partei eines Rechtsstreits oder Beteiligter eines Vollstreckungsverfahrens ist, bestimmt sich nach den Umständen. Umstände, die im Streitfall trotz der Angabe „Südwestrundfunk“ als Absender des Vollstreckungsersuchens Zweifel an der damit gekennzeichneten Partei begründen könnten, so dass nur die Angabe der Rechtsform, Anschrift und Vertretungsverhältnisse die eindeutige Identifizierung des Gläubigers ermöglichen, hat das Beschwerdegericht weder festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass es eine weitere Landesrundfunkanstalt mit einem identischen oder zumindest verwechslungsfähigen Namen gibt, die ebenfalls berechtigt sein könnte, Rundfunkbeiträge von einem in Baden-Württemberg ansässigen Schuldner zu erheben. Dass im Briefkopf neben der Bezeichnung des Gläubigers auch die Bezeichnung des Beitragsservice und nähere Angaben zu dessen Erreichbarkeit angegeben sind, spricht nicht gegen die alleinige Parteieigenschaft des Gläubigers, sondern entspricht vielmehr der dem Beitragsservice vom Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugewiesenen Aufgabe, als Inkassostelle für die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten die Rundfunkbeiträge beizutreiben. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts musste auf diese eindeutige Rechtslage im Vollstreckungsersuchen nicht hingewiesen werden.

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Dagegen kann sich die Gegenansicht nicht auf den Umstand stützen, dass der beauftragte Gerichtsvollzieher als eine in Vollstreckungssachen äußerst erfahrene Person in seinen Entscheidungen davon ausgegangen sei, Gläubiger sei der Beitragsservice. Es kann dahinstehen, wen der im Streitfall tätige Gerichtsvollzieher als Gläubiger angesehen hat. Maßgeblich ist nicht die subjektive Sicht des Vollstreckungsorgans, sondern die verständige Würdigung der Umstände.

Für die Frage, wer Partei eines Rechtsstreits ist, ist ohnehin nicht allein die Parteibezeichnung ausschlaggebend. Selbst bei einer unrichtigen äußeren Bezeichnung ist die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll3. Dies ist hier der Gläubiger. Es ist insoweit auch unerheblich, ob der Gerichtsvollzieher im Rubrum der Eintragungsanordnung die Bezeichnung „SWR ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice Köln“ oder die Bezeichnung „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ verwendet4.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Oktober 2015 – I ZB 6/15

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – I ZB 64/14, K&R 2015, 577 Rn. 18 f.[]
  2. vgl. BGH, K&R 2015, 577 Rn.19 mwN[]
  3. BGH, Urteil vom 24.01.1952 – III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 334; Urteil vom 21.11.1975 – I ZR 93/74, VersR 1976, 286; Beschluss vom 28.03.1995 – X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764, 765; Beschluss vom 22.09.2011 – I ZB 61/10, NJW-RR 2012, 460 Rn. 8[]
  4. entgegen LG Tübingen, Beschluss vom 22.08.2015 – 5 T 167/15 sowie LG Tübingen, Beschluss vom 09.09.2015 – 5 T 162/15 7[]
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