Die gegen eine vZTA i.S. des Art. 33 Abs. 1 UZK erhobene Anfechtungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) erledigt sich nicht nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO, wenn die vZTA aufgrund einer Änderung der KN nach Klageerhebung ungültig geworden ist.

So ist zwar die vZTA in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall gemäß Art. 34 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) aufgrund einer Änderung der KN aufgrund der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1821 der Kommission vom 06.10.2016 zur Änderung des Anhangs – I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif1 mit Ablauf des 31.12.2016 ungültig geworden, weil sie dem damit gesetzten Recht nicht mehr entsprach.
Für die Zeit davor entfaltet die vZTA jedoch eine rechtliche Wirkung, die nicht dadurch entfallen ist, dass die vZTA später mit Wirkung ex nunc ungültig wurde. Gemäß Art. 33 Abs. 2 UZK ist eine vZTA sowohl für die Zollbehörden als auch für ihren Inhaber verbindlich. Dementsprechend kann der Einführer die vZTA bei der Erfüllung von Zollförmlichkeiten nicht mehr -wie unter Geltung des Zollkodex (ZK)- unbeachtet lassen, sondern hat gemäß Art.20 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24.11.2015 zum UZK die Referenznummer der vZTA zwingend in der Zollanmeldung anzugeben, wenn von den Zollförmlichkeiten Waren betroffen sind, die unter die vZTA fallen. Die beiderseitige Bindung einer vZTA gilt gemäß Art. 252 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28.07.2015 zum UZK ab dem 01.05.2016 auch für solche vZTA, die -wie im Streitfall- zu diesem Zeitpunkt bereits in Kraft waren.
Die Klägerin hat im hier entschiedenen auch ein Rechtsschutzinteresse an der beantragten Aufhebung der vZTA: Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hat sie die von der vZTA betroffene Ware im Wirksamkeitszeitraum der vZTA laufend importiert und gegen die ergangenen Einfuhrabgabenbescheide Einspruch eingelegt. Die durch die vZTA vorgegebene zolltarifliche Einreihung der Ware hatte das Hauptzollamt somit aufgrund der Bindungswirkung der vZTA der Abgabenberechnung für die vom 01.05.2016 bis zum 31.12.2016 durchgeführten Einfuhren zugrunde zu legen (Art. 33 Abs. 2 Buchst. a UZK).
Allerdings gilt dies nicht für die Zeit, in der noch der (frühere) Zollkodex Anwendung fand:
Nach der ständigen Bundesfinanzhofsrechtsprechung zur früheren Rechtslage unter Geltung des ZK ist der Klagegegenstand entfallen und der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, wenn eine im Wege der Verpflichtungsklage angefochtene vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 ZK ungültig wird. Eine Fortführung des auf Verpflichtung des Hauptzollamt zur Erteilung einer vZTA gerichteten Klageverfahrens kommt nicht in Betracht, weil es keinen zollrechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Tarifauskunft gibt. Nach Art. 12 Abs. 1 ZK erteilen die Zollbehörden eine vZTA auf schriftlichen Antrag sowie unter den Voraussetzungen der Art. 6 und Art. 7 der Zollkodex-Durchführungsverordnung. Wird dem Antragsteller eine vZTA erteilt, ist sein Antrag beschieden, und zwar unabhängig davon, ob er die tarifliche Einreihung durch die Zollbehörde für zutreffend hält oder nicht. Ein eventuelles späteres Ungültigwerden der erteilten vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 ZK (ob diese angefochten ist oder nicht) führt daher nicht dazu, den Antrag auf Erteilung einer vZTA nunmehr als nicht beschieden anzusehen2.
Davon ausgehend ist hinsichtlich des Zeitraums bis zum 30.04.2016 eine Aufhebung der vZTA nicht möglich, weil diese mit Ablauf des 31.12.2016 ungültig geworden ist und sich somit die Hauptsache für den genannten Zeitraum, in dem noch der ZK anzuwenden war, erledigt hat. Eine Bindungswirkung, wie sie ab Geltung des UZK ab dem 01.05.2016 besteht, kam der vZTA unter Geltung des ZK nicht zu.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 19. November 2019 – VII R 12/18