Berufungsurteil – und die erforderliche Darstellung des Tatbestands

Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO kann in einem Berufungsurteil der Tatbestand durch die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil der ersten Instanz, verbunden mit erforderlichen Berichtigungen, Änderungen und Ergänzungen, die sich aus dem Vortrag der Parteien und aus einer etwaigen Bezugnahme auf Schriftsätze vor dem Berufungsgericht ergeben, ersetzt werden.

Berufungsurteil – und die erforderliche Darstellung des Tatbestands

Lässt ein Berufungsgericht – wie hier – die Revision zu oder unterliegt das Berufungsurteil der Nichtzulassungsbeschwerde, müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung aus dem Urteil oder – im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO – aus dem Sitzungsprotokoll so erschließen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist.

Außerdem muss das Berufungsurteil erkennen lassen, von welchem Sach- und Streitstand das Berufungsgericht ausgegangen ist, und die Anträge, die die Parteien im Berufungsverfahren gestellt haben, müssen zumindest sinngemäß deutlich werden1.

Diesen Anforderungen wrude  das Berufungsurteil im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall noch gerecht:

Zwar verweist die Revision zutreffend darauf, dass die im Berufungsurteil erfolgte Bezugnahme auf den sich aus dem erstinstanzlichen Urteil ergebenden Sachverhalt sowie den dort gestellten Anträgen „ins Leere“ geht, da das Teilversäumnis- und Endurteil des Landgerichts weder eine Sachverhaltsdarstellung enthält noch die gestellten Anträge wiedergibt. Jedoch sind die zweitinstanzlich gestellten Anträge im Berufungsurteil enthalten. Zudem kann ihm entnommen werden, von welchem Sach- und Streitstand das Berufungsgericht ausgegangen ist. Denn dieses führt einleitend aus, dass die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von Energiekosten verlange, und schildert anschließend den Prozessverlauf. Hieraus ergibt sich, dass die seitens der Klägerin geltend gemachten Inkassokosten in der Vorinstanz nicht in voller Höhe zuerkannt worden sind. Aus einer Gesamtschau der Ausführungen zu einer Beschwer der Klägerin in Höhe von 230,10 €, der Wiedergabe der zweitinstanzlich gestellten Anträge sowie der Ausführungen dazu, dass der Klägerin der „zusätzlich geltend gemachte Teil der Inkassokosten“ nicht zustehe, wird der Gegenstand der zweitinstanzlichen Entscheidung im Ergebnis hinreichend deutlich.

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Überraschungsentscheidung

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. Dezember 2022 – VIII ZR 81/21

  1. vgl. BGH, Urteile vom 18.10.2017 – VIII ZR 242/16, DAR 2018, 78 Rn. 4; vom 26.05.2021 – VIII ZR 93/20, NJW-RR 2021, 1016 Rn. 11; vom 11.05.2022 – VIII ZR 379/20, NJW-RR 2022, 877 Rn. 14[]