Betriebsteilübergang – und die Zuordnung zu einem Betriebsteil

Wird nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil übernommen, muss der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil oder Bereich angehören, damit sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613a BGB auf den Erwerber übergeht. Ein Übergang des mit der (Teil)Betriebsveräußerin, der VDS GmbH, bestehenden Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB hätte nur dann stattgefunden, wenn die Klägerin dem übergegangenen Betriebsteil zugeordnet gewesen wäre1.

Betriebsteilübergang – und die Zuordnung zu einem Betriebsteil

Für die Frage, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an. Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, so erfolgt die Zuordnung grundsätzlich – ausdrücklich oder konkludent – durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts2.

Entscheidend ist zunächst, in welchem Betriebsteil der Arbeitnehmer vor der (Teil)Betriebsveräußerung überwiegend tätig war. Es kommt auf den Schwerpunkt der Tätigkeit an3.

Dieser Tätigkeitsschwerpunkt ist nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Hierbei ist eine wertende Gesamtbetrachtung aller Elemente vorzunehmen.

In erster Linie ist auf den jeweiligen zeitlichen Aufwand und Arbeitseinsatz abzustellen. Hierbei handelt es sich um ein zumeist einfach zu ermittelndes, sachgerechtes quantitatives Kriterium, das im vorliegenden Falle auch die Parteien für die Aufteilung – zwei Drittel zu einem Drittel, zugrunde gelegt haben. Darüber hinaus ist auch der überwiegende Arbeitsort von Bedeutung.

Weiterlesen:
Verwirkung des Widerspruchsrechts

Dass der Arbeitnehmer im Rahmen seiner – einem anderen, nicht übergegangenen Betriebsteil zuzuordnenden – Tätigkeit u.a. auch Tätigkeiten für einen Betriebsteil ausgeübt hat, der auf den Übernehmer übergegangen ist, wirkt sich auf seine Zuordnung zum nicht übergegangenen Bereich nicht aus.

Ausgangspunkt für diese Beurteilung ist die vom EuGH und dem Bundesarbeitsgericht praktizierte strukturelle Betrachtungsweise: Es ist stets erforderlich, dass der Arbeitnehmer in den übertragenen Betriebsteil tatsächlich eingegliedert war4, sodass es insbesondere nicht ausreicht, dass er Tätigkeiten für den übertragenen Teil verrichtet hat, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein5.

Dies gilt selbst dann, wenn die Tätigkeiten des Arbeitnehmers (nahezu) ausschließlich oder überwiegend dem übergehenden Betriebsteil zugute gekommen sind6. Es kann daher offen bleiben, ob die Klägerin im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit ausschließlich oder nur teilweise für den Betriebsteil „Weiterverarbeitung“ tätig war. Selbst wenn ihre Tätigkeit in der Verwaltung inhaltlich ganz auf den Bereich der Weiterverarbeitung ausgerichtet gewesen wäre, stellte dies lediglich eine konkrete Widerspiegelung des dort verfolgten Arbeitszwecks dar. Eine Betriebszugehörigkeit zum Bereich der Weiterverarbeitung wäre damit nicht zu rechtfertigen.

Im vorliegenden Fall war die Klägerin strukturell allerdings in beide Betriebsteile – (nicht übergegangene) Verwaltung und (übergegangenes) Druckzentrum – eingegliedert. Sie war jeweils in den Arbeitsablauf und die betriebliche Hierarchie der jeweiligen Betriebseinheit integriert, wo sie direkt den jeweiligen Betriebsteilzweck verfolgte und der dort zuständigen Leitungsebene unterworfen war.

Weiterlesen:
Betriebsübergang beim Jobcenter

Die zusätzliche Einbindung in den Teilbereich „Druckzentrum“ genügt jedoch nicht, um sie diesem Bereich zuzuordnen. Diese Einbindung bezog sich nämlich nur auf die dort verrichteten untergeordneten körperlichen Arbeiten und machte nur 1/3 ihrer Tätigkeit aus. Soweit die Klägerin hingegen Verwaltungsaufgaben (auch) für diesen übergegangenen Bereich erledigte, war sie fest in die Struktur der nicht übergegangenen zentralen Verwaltung eingebunden und integriert.

Es ist schließlich für die Frage der Zuordnung ohne Belang, welches Schicksal das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach dem Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs erfahren hat. So wie es unerheblich ist, dass ein nach einem Betriebsteilübergang verbleibender „Restbetrieb“ auf Dauer nicht lebensfähig ist oder stillgelegt wird7, spielt es auch keine Rolle, ob es nach dem Betriebsteilübergang noch die ursprüngliche oder überhaupt eine Verwendung für die Arbeitnehmerin im Bereich der Verwaltung gegeben hat.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Oktober 2013 – 8 AZR 763/12

  1. allgemeine Meinung, vgl. BAG 18.10.2012 – 6 AZR 41/11, Rn. 43[]
  2. st. Rspr., vgl. BAG 21.02.2013 – 8 AZR 877/11, Rn. 35[]
  3. vgl. BAG 24.01.2013 – 8 AZR 706/11, Rn. 66, 68; 27.01.2011 – 8 AZR 326/09, Rn. 32[]
  4. vgl. BAG 7.04.2011 – 8 AZR 730/09, Rn. 21[]
  5. vgl. BAG 24.01.2013 – 8 AZR 706/11, Rn. 62[]
  6. vgl. BAG 24.08.2006 – 8 AZR 556/05, Rn. 28[]
  7. vgl. BAG 13.02.2003 – 8 AZR 102/02, zu II 2 c cc der Gründe[]
Weiterlesen:
Neuer Tankstellenstandort, anderer Pächter - und trotzdem ein Betriebsübergang?