Der Einwand, der Nutzen des Einzelnen sei bei vom Gemeinwesen bereit gestellten Gütern, namentlich bei Straßen im Gemeingebrauch, nicht praktikabel messbar und individuell zurechenbar, vermag angesichts des Standes der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung einen bundes(verfassungs)rechtlichen Klärungsbedarf zum Begriff des Vorteils im Straßenbaubeitragsrecht (hier: § 8 KAG S‑H) und zur (behaupteten) Erforderlichkeit einer strengeren Interpretation des Äquivalenzprinzips nicht zu begründen.

Der in § 8 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein (KAG S‑H) – wie auch in vergleichbaren Landesgesetzen – enthaltene Begriff des „Vorteils“, der eine Beitragspflicht der Anlieger zu einem Straßenausbau begründet, gehört dem gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nichtrevisiblen Landesrecht an. Eine Zulassung der Revision zur Klärung von Fragen zum kommunalabgabenrechtlichen Vorteilsbegriff kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht1.
Wird im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Unvereinbarkeit von Landesrecht (in der für das Revisionsgericht maßgeblichen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht) mit Bundes(verfassungs)recht gerügt, so kann sich daraus ein Bedarf an revisionsgerichtlicher Klärung nur ergeben, wenn die Auslegung der bundes((verfassungs))rechtlichen Maßstabsnorm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, nicht aber, wenn allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist2. Dem hieran auszurichtenden Darlegungserfordernis wird nicht schon dadurch genügt, dass die maßgeblichen Vorschriften des irrevisiblen Landesrechts als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen werden. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche Verfassungsnormen verstoßen wird und inwiefern sich bei der Auslegung dieser bundes((verfassungs))rechtlichen Maßstabsnorm Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich nicht auf der Grundlage bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten lassen3.
Was die Maßstäbe des Bundes(verfassungs)rechts betrifft, ist vorab festzuhalten: Es ist höchstrichterlich geklärt, dass es keinen einheitlichen, bundes(verfassungs)rechtlich vorgegebenen Begriff des Beitrags gibt, an den die Bundes- oder Landesgesetzgebung gebunden wäre4. Allerdings ist der kommunale Beitrag durch bestimmte Tatbestandsmerkmale gekennzeichnet: Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Gegenleistung: Das Gemeinwesen stellt eine besondere Einrichtung zur Verfügung. Wer davon besonderen wirtschaftlichen Nutzen hat, soll zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen. Hiernach ist der Gedanke der Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten, der den Beitrag abgaben-, aber auch verfassungsrechtlich legitimierende Gesichtspunkt. Dies bestimmt auch die rechtliche Gestaltung, vor allem die Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen und den Veranlagungsmaßstab. Beitragspflichtig können nur diejenigen sein, die besondere Vorteile von der gemeindlichen Einrichtung haben5. Dabei reicht die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme (potentielle Inanspruchnahme) der Einrichtung durch die Beitragspflichtigen aus6.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist weiter geklärt, dass der von der Beschwerde thematisierte allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das ebenso angesprochene Äquivalenzprinzip als auf den Beitrag bezogener Ausdruck des allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit7 dem Satzungsgeber bei der Erhebung und Bemessung von Beiträgen nur sehr weite Grenzen setzen, die insbesondere nicht mit denjenigen des von der Beschwerde hervorgehobenen Vorteilsprinzips identisch sind8. Dabei besagt das Äquivalenzprinzip lediglich, dass der Beitrag nicht in einem Missverhältnis zu dem von der Verwaltung erbrachten Vorteil stehen darf und nur bei einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen Beitrag und dem einem Grundstück vermittelten Vorteil verletzt ist9.
In ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt ist weiter, dass es dem Normgeber (Satzungsgeber) gestattet ist, abgabenrechtliche Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird10. Dabei kann er sich auch auf Erfahrungstatsachen stützen und mit Wahrscheinlichkeitsmaßstäben arbeiten. Geklärt ist schließlich, dass derartige Pauschalierungen und Typisierungen unter den Maßgaben der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit widersprechen11.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 9 BN 4.10
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.01.1976 – 7 B 1.76, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 7 S. 7; und vom 14.02.1977 – 7 B 161.75, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 9 S. 10[↩]
- stRspr; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.12. 1989 – 7 B 177.89, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277 S. 20; und vom 14.09. 2006 – 9 B 2.06, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 44 Rn. 5 m.w.N.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 02.02.2011 – 6 B 37.10, NVwZ 2011, 507 Rn. 4 m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 14.04.1967 – 4 C 179.65, BVerwGE 26, 305, 309 = Buchholz 401.80 Preuß. Verwaltungsgebührengesetz, 1923 Nr. 1 S. 7; und Beschluss vom 14.02.1977 a.a.O.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.05.1959 – 1 BvL 1, 7/58, BVerfGE 9, 291, 297 f.; vom 16.10.1962 – 2 BvL 27/60, BVerfGE 14, 312, 317; und vom 26.05.1976 – 2 BvR 995/75, BVerfGE 42, 223, 228; ähnlich bereits BVerwG, Beschluss vom 04.02.1958 – 2 BvL 31, 33/56, BVerfGE 7, 244, 254 ff.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 24.01.1995 – 1 BvL 18/93 und 5, 6, 7/94, 1 BvR 403, 569/94, BVerfGE 92, 91, 115[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09. 1987 – 8 C 28.86, NVwZ 1988, 159, 160[↩]
- BVerwG, Beschlüsse vom 30.04.1996 – 8 B 31–32.96, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 37 S. 5; und vom 22.03.2007 – 10 BN 5.06, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 49 Rn. 9[↩]
- BVerwG, Urteil vom 24.09.1987 a.a.O.[↩]
- vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25.08.1982 – 8 C 54.81, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 S. 4[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.2009 – 9 B 60.08, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 57 Rn. 4 f.[↩]