Vergewaltigung der Mutter – vor den Augen des Kindes

Die Verwaltigung der Mutter vor den Augen des Kindes stellt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht auch einen sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB dar, solange der Täter nur einfach keine Rücksicht auf die Anwesenheit des Kindes genommen hat.

Vergewaltigung der Mutter – vor den Augen des Kindes

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall befanden sich der Täter und seine Lebensgefährtin nach einem Streit im Schlafzimmer. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits die 9jährige Tochter der Lebensgefährtin anwesend war oder ob diese erst im Verlauf des nachfolgenden Geschehens hinzukam, konnte nicht geklärt werden. Im Schlafzimmer entnahm der Täter dem Wäscheschrank einen Vibrator, drückte die Beine seiner Lebensgefährtin auseinander und führte ihr diesen gegen ihren Willen gewaltsam in schmerzhafter Weise mehrfach in die Scheide ein, was das Kind wahrnahm. Nachdem er mit dem Einführen des Vibrators begonnen hatte, bemerkte er das Kind und äußerte ihm gegenüber „Das braucht deine Schlampe“. Der Lebensgefährtin gelang es schließlich, ihn wegzustoßen, woraufhin dieser das Zimmer verließ.

Der Bundesgerichtshof verneinte einen tateinheitlich zur Vergewaltigung der Lebensgefährtin verwirklichten sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB.

Zwar war das Kind gegenwärtig, als der Angeklagte sexuelle Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin vornahm. Er erkannte auch, dass das Kind das Geschehen beobachtete und setzte seine Handlungen gleichwohl fort. Das reicht jedoch zum Beleg des subjektiven Tatbestands nicht aus:

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Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerungen

Seit der Neufassung der Vorschrift durch das 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26.01.19981 setzt das Vergehen der Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind zwar nicht mehr voraus, dass der Täter dabei in der Absicht handelt, sich, das Kind oder einen anderen sexuell zu erregen. Um eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Ausdehnung der Strafbarkeit zu vermeiden, hat der Bundesgerichtshof die Regelung der § 176 Abs. 4 Nr. 1, § 184g Nr. 2 StGB aber insoweit einengend ausgelegt, als für die Annahme einer sexuellen Handlung vor einem Kind über deren Wahrnehmung durch das Tatopfer hinaus erforderlich ist, dass der Täter das Kind so in das sexuelle Geschehen einbezieht, dass für ihn die Wahrnehmung der sexuellen Handlung durch das Tatopfer von handlungsleitender Bedeutung ist2.

Das war hier aber nicht festzustellen. Der von der Strafkammer auch unter Berücksichtigung der Bemerkung „Das braucht deine Schlampe“ gezogene Schluss, dass die Wahrnehmung durch das Kind nicht in irgendeiner Weise für den Angeklagten von Bedeutung war, während er den Vibrator in die Scheide seiner Lebensgefährtin einführte, er vielmehr nur keine Rücksicht darauf genommen hat, von dem Kind beobachtet zu werden, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Dezember 2015 – 2 StR 261/15

  1. BGBl. I S. 164[]
  2. BGH, Urteil vom 14.12 2004 – 4 StR 255/04, BGHSt 49, 376, 381; Urteil vom 12.05.2011 – 4 StR 699/10, NStZ 2011, 633; BGH, Beschluss vom 21.11.2013 – 2 StR 459/13; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 13.11.2012 – 3 StR 370/12, NStZ 2013, 278[]
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