Die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes richtet sich, wenn ausländisches Sachrecht zur Anwendung kommt, nur dann nach § 187 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 5 AdWirkG, wenn der Annehmende zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Zuständig für den Annahmeantrag ist nach §§ 187 Absatz 1, 186 Nummer 1 FamFG das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Annehmende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die in § 187 Absatz 4 FamFG durch Verweisung auf § 5 AdWirkG angeordnete Zuständigkeitskonzentration betrifft nur die Fälle, die in den Anwendungsbereich des AdWirkG (vgl. § 1 Satz 2 AdWirkG) fallen. In Verfahren, die die Annahme eines Volljährigen betreffen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit auch bei Anwendung ausländischen Sachrechts nach § 187 Absatz 1 FamFG.
Die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes richtet sich, wenn ausländisches Sachrecht zur Anwendung kommt, nur dann nach § 187 Absatz 4 FamFG i.V.m. § 5 AdWirkG, wenn der Annehmende zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat [1].
Mit den beiden Amtsgerichten geht das Oberlandesgericht Stuttgart davon aus, dass ausländische Sachvorschriften im Sinn des § 187 Absatz 4 FamFG nicht nur dann anzuwenden sind, wenn die Adoption selbst dem ausländischen Recht unterliegt, sondern auch, wenn etwa über Artikel 23 EGBGB hinsichtlich der erforderlichen Zustimmungen ausländisches Recht zu prüfen ist [2].
Die Zuständigkeitsregelung des § 187 Absatz 1 FamFG wird in den Fällen der Annahme eines Volljährigen nicht von § 187 Absatz 4 i.V.m. § 5 Absatz 1 und 2 AdWirkG verdrängt. Hierfür spricht die Entstehungsgeschichte des § 187 Absatz 4 FamFG sowie Sinn und Zweck der Regelung:
Das AdWirkG [3], auf das § 187 Absatz 4 FamFG verweist, regelt ein gerichtliches Verfahren, in dem insbesondere die Anerkennung und die Wirkungen ausländischer Adoptionsakte – innerhalb wie außerhalb des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption – allgemeinverbindlich geklärt werden können [4]. Wie das Haager Übereinkommen beschränkt das AdWirkG seinen Anwendungsbereich allerdings auf die Annahme von Minderjährigen. Nach § 2 AdWirkG ist auf Antrag die Anerkennung oder die Wirksamkeit der Annahme sowie die damit verbundenen Folgen festzustellen. Nach § 3 AdWirkG kann das Gericht auf Antrag in bestimmten Fällen aussprechen, dass das Kind die Rechtsstellung eines nach den deutschen Sachvorschriften angenommenen Kindes enthält. Für diese Anträge ordnet § 5 Absatz 1 AdWirkG eine Zuständigkeitskonzentration an.
§ 2 Absatz 3 AdWirkG ergänzt inländische Adoptionsverfahren, für den Fall, dass die Annahme des – minderjährigen (vgl. § 1 Satz 2 AdWirkG) – Kindes auf der Grundlage ausländischen Rechts erfolgt. Bei Anwendung ausländischen Sachrechts durch deutsche Gerichte können sich bezüglich des Wirkungsumfangs der Annahme gleichgelagerte Probleme ergeben wie bei ausländischen Adoptionsakten. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie hat daher das mit dem Adoptionsfall befasste Gericht die in § 2 Absatz 1 und 2 AdWirkG vorgesehenen Feststellungen über die Wirkung der Adoption von Amts wegen zu treffen [5].
Mit § 2 Absatz 3 AdWirkG korrespondiert § 43b Absatz 2 Satz 2 FGG a.F., der durch Artikel 4 Absatz 2 des Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts in das FGG eingefügt worden ist. Danach ist das in § 5 AdWirkG bestimmte Konzentrationsgericht auch für inländische Adoptionsverfahren zuständig, wenn das Gericht ausländische Sachvorschriften anzuwenden hat. Dies beruht auf der Überlegung, diejenigen Adoptionsverfahren, in denen – über § 2 Absatz 3 AdwirkG – ohnehin die Vorschriften des AdWirkG zu beachten sind, insgesamt dem Konzentrationsgericht zu übertragen [6].
Der Gesetzgebungsgeschichte sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass der Gesetzgeber diese Konzentrationswirkung auch auf Fälle der Volljährigenadoption erstrecken wollte [7].
Dementsprechend betrachtet die wohl h.M. die Verweisung in § 43b Absatz 2 Satz 2 FGG a.F. als Rechtsgrundverweisung und verneint die Zuständigkeit des Konzentrationsgerichts für Verfahren zur Annahme Volljähriger [8].
§ 187 Absatz 4 FamFG entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 43b Absatz 2 Satz 2 FGG a.F. Diese Vorschrift wurde allerdings erst nachträglich durch die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in das FamFG eingefügt. Der Begründung des Rechtsausschusses ist allerdings nicht zu entnehmen, dass mit der Einfügung des § 187 Absatz 4 FamFG gegenüber der früheren Rechtslage eine Änderung verbunden sein sollte [9]. Ansonsten hätte es nahegelegen – worauf das Amtsgericht Stuttgart zu Recht hinweist – die Konzentrationswirkung unmittelbar in § 187 Absatz 4 FamFG zu regeln. Im Übrigen ist im Hinblick auf Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 GG bei der Erstreckung einer gerichtlichen Zuständigkeitsregelung auf nicht ausdrücklich geregelte Fälle Zurückhaltung geboten.
Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Vorschrift gegen eine Erstreckung der Konzentrationswirkung auf Verfahren, die auf die Annahme eines Volljährigen gerichtet sind. Gerade bei der Minderjährigenadoption mit Auslandsbezügen kommt es auf die besondere Sachkunde des Gerichts an. Die Annahme als Kind ist hier mit einschneidenden Folgen verbunden, insb. werden die Weichen für die Zukunft des Kindes gestellt. Mit der Adoptionsentscheidung wird beispielsweise festgelegt, bei welchen Eltern das Kind aufwächst und ob es die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben kann (vgl. § 6 StAG). Die Zuständigkeitskonzentration dient damit auch dem Minderjährigenschutz.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 23. November 2011 – 17 AR 9/11
- OLG Köln, FamRZ 2011, 311, 312; OLG Düsseldorf, FamRZ 2011, 59, 60; Thomas-Putzo/Hüßtege, ZPO, 32. Aufl., § 187 FamFG, RN. 6; Prütting-Helms/ Krause, FamFG, 2. Aufl., § 199 RN 11; Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., § 199 RN 4; Musielak /Borth, FamFG, 2. Aufl. § 187 RN 4 – aA MüchKomm-Maurer, ZPO, 3. Aufl., § 187 FamFG RN 14[↩]
- OLG Frankfurt, ZKJ 2011, 144; OLG Düsseldorf, FamRZ 2011, 59, 60; wohl auch OLG Köln, FamRZ 2011, 311, 312 – zum im wesentlichen inhaltsgleichen § 43b Absatz 2 Satz 2 FGG a.F.: OLG Stuttgart, FamRZ 2004, 1124, 1125; FamRZ 2007, 839, 840; OLG Zweibrücken, FamRZ 2005, 920, 921; OLG Karlsruhe, FamRZ 2005, 1695; OLG Köln, FamRZ 2006, 1859; OLG Hamm, FamRZ 2006, 1463,1464 – aA OLG Hamm, FamRZ 2003, 1042; OLG Karlsruhe, OLGR 2004, 125 zu § 43b FGG a.F.[↩]
- Artikel 2 des Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts vom 05.11.2001, BGBl. I 2950[↩]
- BT-Drs. 14/6011, S. 16[↩]
- BT-Drs. 14/6011, S. 47[↩]
- vgl. BT-Drs. 14/6011, S. 57[↩]
- OLG Stuttgart, FGPrax 2007, 26[↩]
- vgl. OLG München, NJW-RR 2009, 592 m.w.N.; OLG Hamm, StAZ 2008, 343; OLG Stuttgart, FGPrax 2007, 26; OLG Rostock, FGPrax 2007, 174; OLG Schleswig, FamRZ 2006, 1462 – aA OLG Köln FamRZ 2006, 1859[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/12717 S. 61[↩]
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