Investitionszulagenberechtigung für den Bauherrn

Die Zulagenberechtigung für nachträgliche Herstellungsarbeiten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 setzt nicht voraus, dass der Investor zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes ist. Erforderlich und genügend ist vielmehr, dass der Betreffende die Sanierung als Bauherr auf eigene Rechnung und Gefahr durchführt. Dies ist der Fall, wenn er das Baugeschehen beherrscht und das Bauherrenrisiko trägt.

Investitionszulagenberechtigung für den Bauherrn

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 haben Steuerpflichtige im Sinne des Einkommensteuergesetzes die im Fördergebiet begünstigte Investitionen nach den §§ 2 bis 4 InvZulG 1999 vornehmen, Anspruch auf Investitionszulage. Bei Personengesellschaften, die begünstigte Investitionen i.S. der §§ 2 und 3 InvZulG 1999 vornehmen, tritt an die Stelle der Steuerpflichtigen die Gesellschaft als Anspruchsberechtigte (§ 1 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999).

Begünstigte Investitionen nach § 3 InvZulG 1999 sind u.a. Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden. Hierzu gehören nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 nachträgliche Herstellungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 1.01.1991 fertiggestellt worden sind, soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 in der ab 28.12.2000 geltenden Fassung ist weiter Voraussetzung, dass der Anspruchsberechtigte und im Veräußerungsfall der Erwerber für die Herstellungsarbeiten keine erhöhten Absetzungen in Anspruch nimmt.

Ebenso wie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 19991 setzt auch der Fördertatbestand in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 nicht voraus, dass der Investor zivilrechtlicher oder doch zumindest wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes ist. Begünstigt im Sinne der Vorschrift ist vielmehr derjenige, der die nachträglichen Herstellungsarbeiten als Bauherr selbst durchführt.

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Weder § 1 Abs. 1 noch § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 lassen aufgrund ihres Wortlauts eindeutig erkennen, ob die Investitionszulage auch zu gewähren ist, wenn ein anderer als der zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer die begünstigten Investitionen an Gebäuden vornimmt.

Die Regelungen in § 3 InvZulG 1999 setzen –anders als § 4 InvZulG 19992– eine Eigentümerstellung nicht ausdrücklich voraus. Sie verlangen sie aber auch nicht zwingend, wie dies in jenen Tatbeständen der Fall ist, nach denen das zu begünstigende Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte gehören muss (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999) oder soweit ein Tatbestand an die Anschaffung eines Gebäudes anknüpft, wie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 19993.

Enthält der Fördertatbestand keine einschränkenden Voraussetzungen und ergeben sich auch keine Beschränkungen aus dem Sinngehalt einzelner Tatbestandsmerkmale, ist derjenige anspruchsberechtigt, der die Herstellungskosten bzw. Erhaltungsaufwendungen der begünstigten Investitionen trägt4.

Einer in diesem Sinne weiten Auslegung stehen weder Sinn und Zweck des Fördertatbestands in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 noch systematische Erwägungen noch die Entstehungsgeschichte des InvZulG 1999 entgegen. Für den im Hinblick auf den großen Sanierungsbedarf in den neuen Bundesländern sowie für den zur Entschärfung von Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Qualifizierung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen als Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand erst nachträglich eingeführten Fördertatbestand in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 hat der BFH dies bereits entschieden5.

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Die insoweit maßgeblichen Überlegungen sind indes nicht auf die Förderung von Erhaltungsaufwendungen beschränkt, sondern gelten gleichermaßen für die Förderung von nachträglichen Herstellungsarbeiten. So stand § 3 InvZulG 1999 allgemein unter der Zielsetzung, die im Wohnungs- und Städtebau notwendige Modernisierung und Sanierung zu unterstützen6. Es wäre deshalb –auch im Hinblick auf den vom Gesetzgeber bekundeten Willen, Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Qualifizierung zu entschärfen– nicht verständlich, für den Fördertatbestand in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 ein engeres, auf den (zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen) Eigentümer beschränktes Verständnis anzunehmen. Zudem ist der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien bei der Schaffung des Fördertatbestandes für nachträgliche Herstellungsarbeiten selbst nicht davon ausgegangen, dass hierfür die Eigentümerstellung des Anspruchsberechtigten erforderlich sein sollte. Vielmehr wollte er denjenigen fördern, der nachträgliche Herstellungsarbeiten „als Bauherr“ selbst durchführt7. Die Bauherreneigenschaft setzt jedoch eine Eigentümerstellung nicht zwingend voraus8. Bauherr ist vielmehr, wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen lässt und das Baugeschehen beherrscht9. Anders als für Erhaltungsarbeiten10 stand für den Fördertatbestand in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 auch keine Änderung durch Einfügung des Wortes „eigenen“ zur Debatte.

Die Zulagenberechtigung einer Bauherren-KG setzt nach den vorstehenden Ausführungen voraus, dass diese die Sanierung auf eigene Rechnung und Gefahr durchgeführt und das Baugeschehen beherrscht hat11. Sie hätte das umfassend zu verstehende Bauherrenrisiko tragen und rechtlich und tatsächlich die Planung und Bauausführung in der Hand haben müssen12. Weder dürften die (späteren) Dritterwerber noch ein Gesellschafter der KG als Bauherr anzusehen sein.

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Ein Dritterwerber wäre dann nicht als Bauherr anzusehen, wenn er die Wohnungen im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks13 erworben hätte. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn

  • die Sanierung auf Grundlage einer für eine Vielzahl der Wohnungen im Objekt geltenden Baubeschreibung erfolgt wäre, die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung des Dritterwerbers bereits ausgearbeitet war und dieser somit weder auf die Baubeschreibung noch auf die Baudurchführung einschließlich der hierzu erforderlichen Verträge wesentlichen Einfluss nehmen konnte;
  • der Veräußerer mit dem Dritterwerber für die noch zu sanierende Wohnung einen Gesamt- oder Höchstpreis vereinbart hätte und die Sanierungskosten nach Abschluss der Arbeiten nicht detailliert gegenüber dem Dritterwerber abrechnen musste;
  • der Veräußerer Bauträger i.S. des § 3 MaBV gewesen wäre und als solcher die Sanierung des Gebäudes zunächst auf eigene Rechnung und Gefahr geplant hätte.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. September 2012 – III R 31/09

  1. vgl. BFH, Urteile vom 05.09.2002 – III R 37/01, BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772, und vom 28.07.2005 – III R 59/04, BFHE 210, 563, BStBl II 2006, 272[]
  2. „eigen“[]
  3. vgl. BFH, Urteil in BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772, unter II.02.e aa[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772, unter II.02.e bb, m.w.N.[]
  5. vgl. BFH, Urteile in BFHE 200, 168, BStBl II 2003, 772, unter II.02.e bb; in BFHE 210, 563, BStBl II 2006, 272[]
  6. vgl. BT-Drucks. 13/8059, S. 17 f.[]
  7. vgl. BT-Drucks. 13/7792, S. 13[]
  8. vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.1973 – IV C 49.71, BVerwGE 42, 115[]
  9. vgl. BFH, Urteil vom 22.04.1980 – VIII R 149/75, BFHE 130, 391, BStBl II 1980, 441, m.w.N.; BFH, Urteil vom 24.02.2010 – III R 69/07, BFHE 228, 562[]
  10. vgl. insoweit BFH, Urteil in BFHE 210, 563, BStBl II 2006, 272[]
  11. vgl. hierzu das BFH, Urteil in BFHE 228, 562[]
  12. vgl. Rosarius, in: Jasper/Sönksen/Rosarius, Investitionsförderung, Handbuch, Loseblatt – CD-Rom Archiv, § 3 InvZulG 1999 Rz 43[]
  13. vgl. hierzu Rosarius, a.a.O., § 3 InvZulG 1999 Rz 43[]
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