Bei dem zugunsten des Arbeitnehmers (Vollstreckungsgläubigers) titulierten Beschäftigungsanspruch handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, zu der der Arbeitgeber nach § 888 ZPO durch Zwangsgeld und Zwangshaft angehalten werden kann1.

Ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, kann jedoch nicht nach § 888 Abs. 1 ZPO festgesetzt werden, wenn eine Beschäftigung des Vollstreckungsgläubigers mit der vom Arbeitsgericht titulierten Tätigkeit unmöglich geworden ist.
Das Vollstreckungsgericht ist auch gehalten, die Frage der Unmöglichkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO zu prüfen. Materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch sind nicht ausschließlich im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO zu berücksichtigen, sondern können auch im Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO zu beachten sein2. Das gilt grundsätzlich auch für den Einwand der Unmöglichkeit3.
Im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hat das Arbeitsgericht die Vollstreckungsschuldnerin antragsgemäß verurteilt, den Vollstreckungsgläubiger „zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Direktor Delivery Communication & Media Solutions Deutschland und ‚General Western Europe‘ auf Managerebene 3 zu beschäftigen“ und ihm dabei mindestens neun im Einzelnen aufgeführte Tätigkeiten zuzuweisen. Der Arbeitsplatz, auf dem die titulierte Tätigkeit hätte ausgeübt werden können, ist infolge einer im April/Mai 2015 vollzogenen konzernweiten Umstrukturierung weggefallen. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Damit ist die titulierte Tätigkeit unmöglich geworden iSv. § 275 Abs. 1 BGB4.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Vollstreckungsschuldnerin im Verfahren nach § 767 ZPO wegen des Dolo-agit-Gegenrechts mit dem Einwand der Unmöglichkeit im Ergebnis nicht durchdringen konnte5. Das Bundesarbeitsgericht ist vielmehr auch hinsichtlich der Vollstreckungsabwehrklage davon ausgegangen, dass die titulierte Tätigkeit unmöglich geworden ist und der Vollstreckungsgläubiger lediglich verlangen kann, ihm eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zuzuweisen6.
Ein Zwangsgeld kann auch nicht verhängt werden, um eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zu erzwingen. Hierfür fehlt ein vollstreckbarer Titel.
Bei der Prüfung, welche Verpflichtungen durch den Vollstreckungstitel festgelegt werden, können neben der Entscheidungsformel auch der Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils herangezogen werden7. Soweit das Gericht auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen hat, können auch diese bei der Auslegung des Titels berücksichtigt werden8.
Die Auslegung des Urteils des Arbeitsgerichts ergibt im vorliegenden Streitfall, dass es keine andere als die ausdrücklich vom Vollstreckungsgläubiger begehrte Beschäftigung auf einem im Einzelnen beschriebenen Arbeitsplatz tituliert. Der Titel enthält keine darüber hinausgehende Verpflichtung zu einer anderen vertragsgemäßen Beschäftigung. Die Beschäftigungsklage richtete sich nach den im Urteil in Bezug genommenen Schriftsätzen auf den konkreten Arbeitsplatz, auf dem der Vollstreckungsgläubiger vor seiner Suspendierung zuletzt beschäftigt war. Er hat zur Begründung seines Beschäftigungsantrags darauf abgestellt, dass die Suspendierung rechtswidrig gewesen sei, und verdeutlicht, dass er mit den bisherigen Aufgaben beschäftigt werden wolle. Der Titel hält sich im Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Er lautet entsprechend dem Antrag des Vollstreckungsgläubigers ausdrücklich auf Beschäftigung „zu unveränderten Arbeitsbedingungen“ und bezeichnet den Arbeitsplatz konkret.
Selbst wenn sich aus dem Urteil des Arbeitsgerichts über den Wortlaut der Urteilsformel hinaus eine Verpflichtung zu einer anderen vertragsgemäßen Beschäftigung ergeben sollte, wäre der Titel insoweit jedenfalls nicht hinreichend bestimmt.
Eine Festsetzung von Zwangsmitteln in einem Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO setzt voraus, dass der zu vollstreckende Titel hinreichend bestimmt ist9. Ein auf Beschäftigung gerichteter Titel muss verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht. Für den Arbeitgeber muss aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat10. Andererseits erfordern das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können11. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder der sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel nicht enthalten. Es genügt, wenn er das Berufsbild bezeichnet, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, oder sich in vergleichbarer Weise ergibt, worin die Tätigkeit bestehen soll12.
Die Auslegung des Titels des Arbeitsgerichts zeigt, dass er nicht bestimmt, welche andere Art der vertragsgemäßen Beschäftigung der Vollstreckungsgläubiger anstelle der ausdrücklich titulierten Tätigkeit verlangen kann. Das Urteil des Arbeitsgerichts bezieht sich nach der Entscheidungsformel zwar auf eine Tätigkeit auf der Managerebene 3 und zählt verschiedene mindestens zu übertragende Einzeltätigkeiten auf. Aus dem Tatbestand ergibt sich ferner, dass der Vollstreckungsgläubiger bisher die Führungsverantwortung für etwa 120 Arbeitnehmer innehatte und er einen Umsatz von rund 100 Mio. Euro zu verantworten hatte. Aus dem Urteil lässt sich jedoch auch durch Auslegung nicht entnehmen, welche dieser Merkmale erfüllt sein müssen, damit eine Tätigkeit als vertragsgemäß anzusehen ist. Die zwischen den Parteien umstrittene Reichweite des Weisungsrechts der Vollstreckungsschuldnerin ist nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens beim Arbeitsgericht gewesen. Diese Prüfung kann nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Vollstreckungsgläubiger wäre gehalten gewesen, die Beschäftigungsklage im ursprünglichen Erkenntnisverfahren auf andere aus seiner Sicht vertragsgemäße Beschäftigungsmöglichkeiten auszudehnen. Stattdessen hätte er auch einen entsprechenden Titel in einem gesonderten Erkenntnisverfahren erstreiten können.
Der Vollstreckungsgläubiger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, einer zurückweisenden Entscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO stehe das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.03.201813 entgegen. Aus diesem Urteil in dem Verfahren nach § 767 ZPO ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der zu vollstreckende Titel des Arbeitsgerichts hinreichend bestimmt ist im Hinblick auf eine andere als die dort ausdrücklich titulierte vertragsgemäße Beschäftigung.
Das Bundesarbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass der Vollstreckungsgläubiger von der Vollstreckungsschuldnerin verlangen kann, ihm eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zuzuweisen, wenn sie sich weiterhin auf die Unmöglichkeit der Zuweisung der titulierten Beschäftigung berufen sollte14. Die Vollstreckungsschuldnerin ist durch den eng gefassten Beschäftigungstitel insbesondere nicht daran gehindert, dem Vollstreckungsgläubiger nach § 611 Abs. 1, § 315 Abs. 1 BGB iVm. § 106 GewO eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zuzuweisen15. Dass eine entsprechende Verpflichtung der Vollstreckungsschuldnerin bereits tituliert wäre, ergibt sich aus der Entscheidung nicht.
Im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO können im Übrigen nur Einwendungen des Schuldners geltend gemacht werden, „die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen“. Dagegen wäre die Frage, ob der Titel hinreichend bestimmt ist, nicht im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO, sondern in einer Titelgegenklage in entsprechender Anwendung von § 767 ZPO zu klären gewesen16. Die Vollstreckungsschuldnerin hat keine Titelgegenklage erhoben. Ob der Vollstreckungstitel bestimmt ist, kann deshalb lediglich im Verfahren nach § 888 ZPO überprüft werden.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 5. Februar 2020 – 10 AZB 31/19
- BAG 15.04.2009 – 3 AZB 93/08, Rn. 13, BAGE 130, 195[↩]
- vgl. zum Erfüllungseinwand BAG 7.09.2009 – 3 AZB 19/09, Rn.20; BGH 23.06.2016 – I ZB 5/16, Rn. 32; 5.11.2004 – IXa ZB 32/04, zu II der Gründe, BGHZ 161, 67[↩]
- BAG 15.04.2009 – 3 AZB 93/08, Rn. 24 f., BAGE 130, 195; BGH 9.10.2013 – I ZB 51/11, Rn. 13; BeckOK ZPO/Stürner Stand 1.01.2020 § 888 Rn. 18; Ahmad/Horcher NZA 2018, 1234, 1236[↩]
- BAG 21.03.2018 – 10 AZR 560/16, Rn.20 ff., BAGE 162, 221[↩]
- BAG 21.03.2018 – 10 AZR 560/16, Rn. 24 ff., BAGE 162, 221[↩]
- BAG 21.03.2018 – 10 AZR 560/16, Rn. 30 ff., aaO[↩]
- vgl. BAG 27.05.2015 – 5 AZR 88/14, Rn. 42, BAGE 152, 1; 15.04.2009 – 3 AZB 93/08, Rn. 18, BAGE 130, 195; BGH 25.02.2014 – X ZB 2/13, Rn. 18; Ahmad/Horcher NZA 2018, 1234, 1235[↩]
- BAG 15.04.2009 – 3 AZB 93/08 – aaO[↩]
- vgl. BAG 31.05.2012 – 3 AZB 29/12, Rn. 12; BGH 19.05.2011 – I ZB 57/10, Rn. 13, BGHZ 190, 1; MünchKomm-ZPO/Gruber 5. Aufl. § 888 Rn. 17; BeckOK ZPO/Stürner Stand 1.01.2020 § 888 Rn. 15[↩]
- BAG 27.05.2015 – 5 AZR 88/14, Rn. 44, BAGE 152, 1[↩]
- BVerfG 12.02.1992 – 1 BvL 1/89, zu C I der Gründe, BVerfGE 85, 337; BAG 25.01.2018 – 8 AZR 524/16, Rn. 67[↩]
- BAG 25.01.2018 – 8 AZR 524/16, Rn. 67; 15.04.2009 – 3 AZB 93/08, Rn.20, BAGE 130, 195[↩]
- BAG 21.03.2018 – 10 AZR 560/16, BAGE 162, 221[↩]
- BAG 21.03.2018 – 10 AZR 560/16, Rn. 30, BAGE 162, 221[↩]
- BAG 21.03.2018 – 10 AZR 560/16, Rn. 34 ff., aaO[↩]
- vgl. BGH 19.12 2014 – V ZR 82/13, Rn. 5 ff.; 18.11.1993 – IX ZR 244/92, zu B II der Gründe, BGHZ 124, 164; MünchKomm-ZPO/Schmidt/Brinkmann 5. Aufl. § 767 Rn. 6[↩]
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