Die einseitige Anordnung zur Kurzarbeit ist dem Arbeitgeber nur dann erlaubt, wenn entweder mit dem Arbeitnehmer hierüber eine wirksame Individualvereinbarung oder eine Betriebsvereinbarung geschlossen worden ist, oder eine tarifvertragliche Vorschrift vorhanden ist.

Mit dieser Begründung hat das Arbeitsgericht Siegburg in dem hier vorliegenden Fall einen Arbeitgeber dazu verurteilt, trotz angeordneter Kurzarbeit das volle Arbeitsentgelt zu zahlen. Denn die einseitige Mitteilung des Arbeitgebers, dass Kurzarbeit vorgesehen sei, ist keine wirksame Vereinbarung über Kurzarbeit. Aus diesem Grund hat der Arbeitnehmer einen Zahlungsanspruch aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611 a Abs. 2 BGB, § 615 BGB. Geklagt hatte ein Omnibusfahrer, der seit dem 1. Dezember 2019 bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt war. Das Monatsgehalt betrug 2100,00 €. Mitte März 2020 ist dem Kläger mitgeteilt worden, dass Kurzarbeit angemeldet werden müsse und, dass der Kläger vom 23.03. bis zum 28.03. 2020 für Kurzarbeit vorgesehen sei. Im Betrieb existiert kein Betriebsrat. Außerdem ist keine gesonderte Vereinbarung über Kurzarbeit mit dem Kläger geschlossen worden. Seine Arbeitsleistung hat der Kläger weiterhin angeboten. Das Gehalt des Klägers ist ab März 2020 gekürzt worden, wobei die Zahlung in der Abrechnung als „Kurzarbeitergeld“ bezeichnet wurde.
Nachdem der Kläger das Arbeitsverhältnis fristlos zum 14. Juni 2020 gekündigt hatte, ist vor dem Arbeitsgericht Siegburg Klage erhoben worden. Der Kläger begehrte sein volles Monatsgehalt, da es seiner Meinung nach mit ihm keine wirksame Vereinbarung über Kurzarbeit gegeben habe.
Für einen Arbeitgeber ist es unumgänglich, sich bis zu einem gewissen Maß auch im Arbeitsrecht auszukennen oder sich in diesem Bereich professioneller Unterstützung zu bedienen. So hätte durch einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht die Einführung der Kurzarbeit ohne größere Probleme erfolgen können bzw. eine wirksame Vereinbarung über die Kurzarbeit getroffen werden können. In der Folge wäre es dann auch nicht zu einem arbeitsgerichtlichen Prozess – wie in diesem Fall – gekommen.
Hier hat das Arbeitsgericht Siegburg in seiner Urteilsbegründung deutlich ausgeführt, dass es bei einer Anordnung ohne rechtliche Grundlage kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht und Arbeitnehmer ihren vollen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber behalten. Im Falle eines bestehenden Betriebsrats hat dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Einführung der Kurzarbeit.
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Siegburg war die Anordnung der Kurzarbeit weder individualvertraglich, noch durch Betriebsvereinbarung noch tarifvertraglich zulässig. Außerdem hat die Beklagte mit dem Kläger keine wirksame Individualvereinbarung zur Kurzarbeit geschlossen. Darüber hinaus gibt es einen Betriebsrat bei der Beklagten nicht und damit auch keine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit. Weiterhin gibt es ebenso wenig eine entsprechende tarifvertragliche Vorschrift. Bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten
Es ist gerade keine Vereinbarung mit dem Kläger über Kurzarbeit geschlossen worden, ihm wurde lediglich angekündigt, dass voraussichtlich Kurzarbeit zu leisten sei. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Siegburg stellt diese einseitige Mitteilung über eine „voraussichtliche Kurzarbeit“ an einigen Tagen im März keine Vereinbarung über Kurzarbeit für die Monate März bis Juni 2020 dar. Da der Kläger unstreitig seine Arbeitsleistung angeboten und sich zur Arbeit bereitgehalten hat, besteht ein Anspruch auf den Lohn in voller Höhe. Aus diesen Gründen ist der Klage stattgegeben worden.
Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 11. November 2020 – 4 Ca 1240/20