Bei der Erkennung des bei einem ungeborenen Kind möglicherweise vorliegenden Gendefekts geht es nicht um die Behandlung einer Krankheit sondern sie zielt allein darauf ab, ggfls. dessen Leben zu beenden. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung garantiert aber kein „Recht auf ein gesundes Kind“. Mit dieser Begründung hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen den Anspruch einer Schwangeren auf Finanzierung einer Krankenbehandlung zur Erkennung eines Gendefekts verneint.

In dem hier vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall leidet die Antragstellerin – so wie ihr Vater auch – unter einem Gendefekt, der eine Augenerkrankung verursacht und zur Erblindung führen kann. Zur Feststellung, ob eine Vererbung dieses Gendefekts auf das Kind der Antragstellerin droht, beantragte die Antragstellerin, ihre Krankenkasse zu verpflichten, eine molekularbiologi-sche Sequenzierung der DNA-Struktur ihres Vaters zu gewähren. Sie machte geltend, diese Untersuchung diene letztlich dazu, die Voraussetzungen für die Vornahme einer Abtreibung zu klären.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts hat die Krankenversicherung in erster Linie die Aufgabe, Krankenbehandlung zu gewähren, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Im Fall der Klägerin geht es aber nicht darum, eine Krankheit zu behandeln. Die Erkennung des bei dem ungeborenen Kind möglicherweise vorliegenden Gendefekts zielt allein darauf ab, ggfls. dessen Leben zu beenden. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht als Krankenbehandlung des ungeborenen Kindes oder der Antragstellerin qualifiziert werden kann.
Die beanspruchte Untersuchung kann auch nicht als Leistung, die der Feststellung der Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dient, finanziert werden. Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs nicht glaubhaft gemacht. Allein das mögliche Vorliegen einer Behinderung bei dem ungeborenen Kind reicht nicht aus, die Fortsetzung der Schwangerschaft als unzumutbar erscheinen zu lassen. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung garantiert kein „Recht auf ein gesundes Kind“. Vielmehr steht auch das Leben eines ungeborenen Kindes unter dem Schutz der Verfassung. Es ist nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, Leistungen zu gewähren, mit denen herausgefunden werden kann, ob bei dem Kind gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, allein mit dem Ziel, dessen Leben zu beenden.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Januar 2012 – L 5 KR 720/11 ER