Investitionsabzugsbetrag für Maschinenwerkzeuge – bei Auftragsproduktion

Ein Wirtschaftsgut des Investors wird auch dann noch i.S. des § 7g EStG in einer Betriebsstätte des Betriebs des Investors ausschließlich betrieblich genutzt, wenn es in dem Betrieb eines Anderen ausschließlich als Werkzeug zur Herstellung von durch den Investor in Auftrag gegebenen Teilen eingesetzt und in der restlichen Zeit dort für den Investor lediglich verwahrt wird.

Investitionsabzugsbetrag für Maschinenwerkzeuge – bei Auftragsproduktion

In einem solchen Fall hatte das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass die Investorin die Werkzeuge i.S. des § 7g EStG „in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich betrieblich nutzt“ und der von ihr im Streitjahr 2012 in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG und die im Streitjahr 2013 in Anspruch genommene Gewinnminderung nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG sowie die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 EStG nicht nach § 7g Abs. 4 EStG rückgängig zu machen sind1. Der Bundesfinanzhof bestätigte dies nun und wies die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück:

Nach § 7g Abs. 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens unter den in § 7g Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG näher bezeichneten Voraussetzungen bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ist u.a., dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG).

Nach § 7g Abs. 2 EStG ist im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts der für dieses Wirtschaftsgut in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzuzurechnen; die Hinzurechnung darf den nach § 7g Abs. 1 EStG abgezogenen Betrag nicht übersteigen. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts können in dem in Satz 1 genannten Wirtschaftsjahr um bis zu 40 %, höchstens jedoch um die Hinzurechnung nach Satz 1, gewinnmindernd herabgesetzt werden; die Bemessungsgrundlage für die AfA, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen sowie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 2 und Abs. 2a EStG verringern sich entsprechend.

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Nach § 7g Abs. 5 EStG können bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unter den Voraussetzungen des § 7g Abs. 6 EStG u.a. im Jahr der Anschaffung oder Herstellung neben den AfA nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieser Sonderabschreibungen ist nach § 7g Abs. 6 EStG u.a., dass das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG).

Wird in den Fällen des § 7g Abs. 2 EStG das Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, sind der Abzug nach § 7g Abs. 1 EStG sowie die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Verringerung der Bemessungsgrundlage und die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 EStG rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG). Ebenso sind unter diesen Voraussetzungen die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG am Ende).

Bei Personengesellschaften und Gemeinschaften sind nach § 7g Abs. 7 EStG die Absätze 1 bis 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft oder die Gemeinschaft tritt.

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Die hier allein streitige Nutzungsvoraussetzung (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2, Abs. 4 EStG) verlangt, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich nutzt.

Mit dieser Bestimmung soll eine dauerhafte zeitliche und räumliche Beziehung des Wirtschaftsguts zum Betrieb des Investors sichergestellt werden2. Dementsprechend ist die (langfristige) Vermietung von Wirtschaftsgütern von der Begünstigung nach § 7g EStG grundsätzlich ausgeschlossen3. Eine solche wird angenommen, wenn das Wirtschaftsgut einem Anderen für mehr als drei Monate entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird4. Die einem anderen Betrieb überlassenen Wirtschaftsgüter sind danach nur bei einer kurzfristigen Überlassung von bis zu drei Monaten weiterhin dem Betrieb bzw. der Betriebsstätte des Investors zuzurechnen, weil dieser nach kurzer Zeit wieder über die überlassenen Wirtschaftsgüter tatsächlich verfügen kann. Bei langfristiger Überlassung verbleiben die Wirtschaftsgüter dagegen in dem Betrieb bzw. der Betriebsstätte des Nutzungsberechtigten5.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs liegt eine die Begünstigung des § 7g EStG ausschließende langfristige Nutzungsüberlassung allerdings nur vor, wenn das Wirtschaftsgut einem Anderen entgeltlich oder unentgeltlich zur grundsätzlich eigenverantwortlichen Nutzung überlassen wird, wie dies typisch für die Überlassung eines Wirtschaftsguts im Rahmen eines Miet, Pacht- oder Leihverhältnisses ist. Die mit der Voraussetzung einer Nutzung in einer Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen geforderte räumliche Bindung des Wirtschaftsguts an den Betrieb des Investors zeigt sich insbesondere darin, dass der Investor die tatsächliche Gewalt über das Wirtschaftsgut hat oder -im Fall der kurzfristigen Nutzungsüberlassung- jedenfalls innerhalb kurzer Zeit wiedererlangt. Das Wirtschaftsgut bleibt damit im „Einflussbereich“ des Steuerpflichtigen und behält dadurch die erforderliche räumliche Bindung zu seinem Betrieb. Das ist nicht mehr der Fall, wenn das Wirtschaftsgut langfristig an einen Anderen überlassen wird und dieser, wie im Fall eines Miet, Pacht- oder Leihvertrags, das Wirtschaftsgut in dieser Zeit zu eigenen Zwecken nutzen und den Nutzungsüberlassenden von der Nutzung des Wirtschaftsguts und damit auch von der tatsächlichen Gewalt über das Wirtschaftsgut langfristig ausschließen kann. Bei langfristiger Überlassung verbleiben die Wirtschaftsgüter daher im Betrieb bzw. der Betriebsstätte des Nutzungsberechtigten, unabhängig davon, ob der Investor den Einsatz der überlassenen Wirtschaftsgüter z.B. durch bestimmte Weisungsmöglichkeiten, Zutritts- oder Kontrollbefugnisse beeinflussen kann6.

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Anders verhält es sich in einem Fall wie dem Streitfall. Auch wenn die Werkzeuge mehr als drei Monate bei Y bzw. Z verbleiben, sind Y und Z in dieser Zeit gerade nicht zu deren Nutzung zu eigenen Zwecken berechtigt. Sie dürfen die Werkzeuge ausschließlich für die Produktion der von der Investorin in ihrem Betrieb benötigten Teile einsetzen. Eine anderweitige Nutzung der Werkzeuge ist ihnen vertraglich untersagt. Sie haben gegenüber der Investorin auch kein Besitzrecht, sondern sind zur jederzeitigen Herausgabe der Werkzeuge auf deren Verlangen verpflichtet. Anders als im Fall einer langfristigen Nutzungsüberlassung aufgrund eines Miet, Pacht- oder Leihvertrags7 hat die Investorin jederzeit die Möglichkeit, die tatsächliche Gewalt über die Werkzeuge innerhalb kurzer Zeit wiederzuerlangen. Die Werkzeuge werden zwischen ihrem jeweiligen Einsatz von Y bzw. Z für die Investorin lediglich verwahrt, um der Investorin die Kosten und Risiken des jeweiligen Transports zu ersparen. Diese Umstände rechtfertigen es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs, noch von einer Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Betrieb der Investorin auszugehen. Insoweit ist der erforderliche räumliche Bezug des Wirtschaftsguts zum Betrieb des Investors funktional zu verstehen8.

Entgegen der Auffassung des Finanzamt wurden die Werkzeuge i.S. des § 7g EStG auch ausschließlich betrieblich von der Investorin genutzt. Selbst wenn die Werkzeuge in die jeweiligen Spritzgussmaschinen von Y bzw. Z eingesetzt wurden, um damit die für die Investorin hergestellten Formteile zu produzieren, liegt darin keine die betriebliche Nutzung durch die Investorin ausschließende betriebliche Nutzung der Werkzeuge durch Y bzw. Z. Nach den Feststellungen des Finanzgericht produzieren Y und Z wie für die Investorin auch für viele andere Auftraggeber Produkte, für die der jeweilige Auftraggeber die entsprechenden Werkzeuge zur Verfügung zu stellen hat. Wie das Finanzgericht zutreffend ausführt, erlangen Y und Z kein Entgelt aus dem Einsatz der Werkzeuge, sondern nur aus dem Spritzvorgang unter Nutzung der eigenen Spritzgussmaschine und des eingesetzten Materials. Die durch die Werkzeuge der Investorin erfolgende Wertschöpfung wird allein in ihrem Betrieb, nicht in dem von Y bzw. Z erfasst. Letztlich besteht die betriebliche Tätigkeit dieser Unternehmen daher nicht in der Herstellung bestimmter Produkte, sondern in der Durchführung des Spritzvorgangs. Die von der Investorin hierfür zur Verfügung zu stellenden Werkzeuge sind dabei für den Betrieb von Y bzw. Z von untergeordneter, für den Betrieb der Investorin hingegen von entscheidender Bedeutung. Dies rechtfertigt es, in Fällen wie dem Streitfall von einer betrieblichen Nutzung des Wirtschaftsguts durch den Investor auszugehen.

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Da es sich, was zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist, bei den in Italien belegenen Betrieben von Y bzw. Z nicht um (ausländische) Betriebsstätten der Investorin handelt, hat die Investorin die Werkzeuge, für die sie einen Investitionsabzugsbetrag sowie Sonderabschreibungen in Anspruch genommen hat, danach i.S. des § 7g EStG in einer inländischen Betriebsstätte ihres Betriebs ausschließlich betrieblich genutzt. Zwischen den Beteiligten ist auch die Höhe der von der Investorin begehrten Begünstigungen nach § 7g EStG zu Recht nicht in Streit.

Ausgehend von den dargestellten Rechtsgrundsätzen hat das Niedersächsische Finanzgericht der Klage der Investorin danach zu Recht stattgegeben. Dabei legt der Bundesfinanzhof den hinsichtlich des Streitjahres 2013 missverständlichen Tenor des angegriffenen Urteils dahin aus, dass der Investorin dadurch nicht mehr zugesprochen wurde, als von ihr für dieses Jahr (zu Recht) begehrt. Die Investorin hatte in ihrem Schriftsatz vom 27.03.2018 ausgeführt, sie beantrage, „unter Berücksichtigung der Sonderabschreibung für das Spritzgusswerkzeug den Gewinn für 2013 um 9.483,00 € niedriger und den Gewerbesteuermessbetrag um 333,00 € niedriger festzusetzen“. Das Finanzgericht, das über die Klage durch Gerichtsbescheid entschieden hat, hat diesen schriftsätzlich angekündigten Antrag der Investorin dahin umformuliert, dass die Investorin für 2013 „sinngemäß“ beantrage, den „Gewinn … um 37.483 €“ zu mindern, und hat seinen stattgebenden Tenor entsprechend gefasst. Zugleich hat es allerdings dem Finanzamt aufgegeben, den Gewerbesteuermessbetrag und die festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen. Aus diesen ergibt sich eindeutig, dass lediglich die nach Durchführung der Außenprüfung erfolgten Änderungen hinsichtlich § 7g EStG rückgängig gemacht werden sollten. Diese umfassten auch, den nach § 7g Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 EStG erfolgten außerbilanziellen Abzug von 28.000 € wieder (gewinnerhöhend) rückgängig zu machen.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Dezember 2020 – IV R 16/18

  1. Nds. FG, Urteil vom 15.05.2018 – 3 K 74/18[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 28.02.2013 – III R 6/12, zu der ähnlichen Voraussetzung in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b InvZulG 2007, m.w.N.[]
  3. so bereits BT-Drs. 10/336 vom 02.09.1983, S. 25 f., zur ursprünglichen Fassung des § 7g EStG[]
  4. so z.B. BMF, Schreiben vom 20.11.2013 – IV C 6 – S 2139 – b/07/10002, BStBl I 2013, 1493, zu § 7g EStG, sowie die ständige Rechtsprechung zu ähnlichen zulagenrechtlichen Regelungen, z.B. BFH, Urteil vom 28.02.2013 – III R 6/12, zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b InvZulG 2007, m.w.N.[]
  5. so die ständige Rechtsprechung zu ähnlichen zulagenrechtlichen Regelungen, z.B. BFH, Urteil vom 28.02.2013 – III R 6/12, zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b InvZulG 2007, m.w.N.[]
  6. z.B. BFH, Urteile vom 30.06.2005 – III R 47/03, BFHE 210, 538, BStBl II 2006, 78; vom 03.08.2000 – III R 76/97, BFHE 194, 282, BStBl II 2001, 446; vom 15.03.1991 – III R 18/88, BFH/NV 1991, 626, jeweils zum InvZulG[]
  7. wie er dem Sachverhalt des BFH, Urteils vom 28.02.2013 – III R 6/12 zugrunde lag[]
  8. wie hier im Ergebnis z.B. Blümich/Brandis, § 7g EStG Rz 47; Schmidt/Kulosa, EStG, 39. Aufl., § 7g Rz 11 f.; Kratzsch in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2018, § 7g Rz 49; Bugge in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7g Rz E 16[]
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