Immer noch keine gendergerechte Sprache in Bankformularen

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde bezogen auf die Verwendung geschlechtergerechter Sprache in Sparkassenvordrucken und -formularen nicht zur Entscheidung angenommen.

Immer noch keine gendergerechte Sprache in Bankformularen

Die Beschwerdeführerin ist Kundin einer Sparkasse, die im Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke verwendet, die nur grammatisch männliche, nicht aber auch grammatisch weibliche oder geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen enthalten. Die Beschwerdeführerin klagte darauf, die Sparkasse zu verpflichten, ihr gegenüber Formulare und Vordrucke zu verwenden, die eine grammatisch weibliche Form vorsehen.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Saarbrücken wies die Klage ab1; das Landgericht Saarbrücken wies die hiergegen gerichtete Berufung zurück2. Auch die Revision zum Bundesgerichtshof blieb erfolglos3. § 28 Satz 1 des Saarländischen Gleichstellungsgesetzes (SLGG) sei zwar objektivrechtlich anwendbar, urteilte der Bundesgerichtshof, begründe aber keine subjektiven Rechte der Beschwerdeführerin. Die Norm verpflichte nur die Dienststelle zum entsprechenden Sprachgebrauch, begünstige aber keinen abgrenzbaren Personenkreis. Einen allgemeinen Anspruch auf den Vollzug solcher öffentlich-rechtlicher Normen gebe es nicht. Entsprechend stehe der Beschwerdeführerin der geltend gemachte Anspruch auch nicht in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB zu. Ebensowenig folge dieser aus § 21 Abs. 1 AGG, denn eine rechtlich relevante Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin gegen-über männlichen Kunden der Sparkasse lasse sich durch die Verwendung allein der grammatisch männlichen Form in Formularen und Vordrucken nicht entnehmen. Durch das sogenannte generische Maskulinum würden nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis Personen jeden natürlichen Geschlechts erfasst. Dies zeige sich gerade mit Blick auf Gesetzestexte. Insbesondere das Grundgesetz selbst verwende an verschiedenen Stellen das generische Maskulinum. Deshalb lasse sich der Anspruch auch nicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) oder auf Art. 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GG stützen. Insbesondere bedürfe der sich aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ergebende Verfassungsauftrag, die tatsächliche Gleichberechtigung durchzusetzen, der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus Vertrag oder aus supranationalem Recht.

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Die daraufhin erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, da sie den Begründungsanforderungen nicht genüge:

Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht) oder aus Art. 3 GG und den hier verbürgten Gleichheitsanforderungen rügt, setzt sie sich nicht mit dem vom Bundesgerichtshof angeführten Argument auseinander, dass das Grundgesetz selbst das generische Maskulinum verwendet. Der Bundesgerichtshof hat sich hierauf neben anderen Gründen selbständig tragend sowohl zur Verneinung eines Anspruchs aus § 21 Abs. 1 AGG als auch zur Verneinung einer Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Grundrechte berufen. Ungeachtet der Frage, wieweit diese Argumentation im Ergebnis trägt, hätte sich die Beschwerdeführerin jedenfalls hiermit näher auseinandersetzen müssen. Denn wenn eine fachgerichtliche Entscheidung auf mehrere je selbständig tragende Gründe gestützt ist, ist es für eine zulässige Verfassungsbeschwerde erforderlich, dass sich die Verfassungsbeschwerde in einer den Anforderungen des § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise gegen alle diese selbständig tragenden Gründe wendet4.

Soweit der Bundesgerichtshof seine Entscheidung darauf stützt, dass § 28 Satz 1 SLGG allein als objektives Recht Geltung beanspruche, nicht aber auch subjektive Rechte einräume, greift die Beschwerdeführerin dies gleichfalls nicht substantiiert an. Weder rügt sie eine Verletzung der hierdurch möglicherweise berührten Garantie des effektiven Rechtsschutzes aus Art.19 Abs. 4 GG, noch setzt sie sich sonst unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten hiermit auseinander.

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Mai 2020 – 1 BvR 1074/18

  1. AG Saarbrücken, Urteil vom 12.02.2016 – 36 C 300/15 (12).[]
  2. LG Saarbrücken, Urteil vom 10.03.2017 – 1 S 4/16[]
  3. BGH, Urteil vom 13.03.2018 – VIZR 143/17[]
  4. vgl. BVerfGK 14, 402, 417 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 22.01.2020 – 2 BvR 1807/19, Rn. 18 f.; Hömig, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 92 Rn. 44 [Januar 2020] m.w.N.[]