Aufenthaltserlaubnis – und die wegen Krankheit unmögliche Lebensunterhaltssicherung

Ist von der Voraussetzung der überwiegenden Sicherung des Lebensunterhalts für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG wegen einer Erkrankung des Ausländers abzusehen, kommt es nicht darauf an, dass er den Lebensunterhalt auch aus anderen Gründen nicht sichern kann.

Aufenthaltserlaubnis – und die wegen Krankheit unmögliche Lebensunterhaltssicherung

In dem aktuell vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschiedenen Fall ist die klagende serbische Staatsangehörige vollständig und dauerhaft erwerbsgemindert. Ihren Antrag auf Verlängerung ihrer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 5 AufenthG für einen Zeitraum in der Vergangenheit hat die zuständige Ausländerbehörde abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat die Klage abgewiesen, da die mangelnde überwiegende Sicherung des Lebensunterhalts nicht maßgeblich auf die Erkrankung der Klägerin zurückzuführen sei1. Auf ihre Berufung hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Ausländerbehörde verpflichtet, der Serbin eine Aufenthaltserlaubnis auf der genannten Grundlage zu erteilen2. Das Bundesverwaltungsgericht hat der hiergegen eingelegten Revision der Ausländerbehörde stattgegeben:

Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht im Einklang mit § 25b Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 AufenthG festgestellt, dass von der Voraussetzung der überwiegenden Sicherung des Lebensunterhalts durch Erwerbstätigkeit im Sinne des § 25b Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG abzusehen ist, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann. Die Kausalität im Sinne des § 25b Abs. 3 AufenthG ist nicht im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung weiterer Ursachen einer gegenwärtigen oder früheren Unfähigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bestimmen; entscheidend ist allein, ob die Krankheit, Behinderung oder Altersgründe bezogen auf den maßgeblichen Erteilungszeitraum ursächlich dafür sind, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt nicht überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichern kann. Dieses durch Wortlaut und Zweck des § 25b Abs. 3 AufenthG geprägte Normverständnis steht im Einklang mit der Auslegung, die die in weiten Teilen wortgleichen Bestimmungen des § 10 Abs. 6 Satz 1 StAG und des § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung erfahren haben.

Unter Verstoß gegen § 25b Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG ist das Oberverwaltungsgericht indessen davon ausgegangen, dass sich der Beklagte an der vormaligen Annahme des Besitzes von Grundkenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet in Bezug auf die Klägerin festhalten lassen muss. Da das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht an der Feststellung des Vorliegens dieser Regelintegrationsvoraussetzung oder eines Absehens hiervon gehindert ist, hat es das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. September 2025 – 1 C 17.24

  1. VG Oldenburg, Urteil vom 05.06.2023 – 11 A 1056/19[]
  2. Nds. OVG, Urteil vom 30.05.2024 – 13 LC 166/23[]

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  • Bundesverwaltungsgericht: Robert Windisch