Die Dienststellenleitung entspricht einem Initiativantrag des Personalrats nicht, wenn sie über einen bloßen Sachstandshinweis hinaus ausdrücklich oder konkludent abschließend kundtut, dem Antrag nicht nachkommen zu wollen. Hat die Dienststellenleitung einmal über den Initiativantrag entschieden, kann sie nicht durch ein nachfolgendes Überdenken und eine sich anschließende Prüfung das Verfahren gewissermaßen in den vorigen Stand zurückversetzen und wieder an sich ziehen.

Für die Vorlage eines Initiativantrags, dem die Dienststellenleitung nicht entsprochen hat, an die übergeordneten Stellen, bei denen Stufenvertretungen bestehen, ist – wenn der Personalrat vorlegt – für die Einhaltung des Dienstwegs die Vorlage über die eigene Dienststelle nicht erforderlich, sondern es reicht aus, dass der Personalrat sich unmittelbar an die nächsthöhere übergeordnete Dienststelle wendet, bei der eine Stufenvertretung besteht und der eigenen Dienststelle eine Kopie der Vorlage zuleitet. Sofern aus einer früheren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts1 ein anderes Verständnis herzuleiten sein könnte, hält das Bundesverwaltungsgericht hieran nicht mehr fest.
Nach den gemäß § 95 Abs. 2 BPersVG auf den Gesamtpersonalrat entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 77 Abs. 1 und 2 Satz 2 Nr. 1 sowie des § 71 Abs. 1 Satz 1 BPersVG kann der Personalrat eine Maßnahme, die nach §§ 78 bis 80 BPersVG seiner Mitbestimmung unterliegt, dadurch beantragen, dass er sie schriftlich oder elektronisch der Dienststellenleitung gegenüber vorschlägt und begründet. Entspricht diese dem Antrag nicht oder nicht in vollem Umfang, so bestimmt sich das weitere Verfahren in den hier in Betracht kommenden Fällen des § 80 Abs. 1 Nr. 4 und 16 BPersVG nach § 71 bis § 75 BPersVG. Gemäß § 71 Abs. 1 BPersVG können die Dienststellenleitung oder der Personalrat, wenn zwischen ihnen eine Einigung nicht zustande kommt, die Angelegenheit binnen einer bestimmten Frist auf dem Dienstweg den übergeordneten Dienststellen vorlegen, bei denen Stufenvertretungen bestehen.
So auch im hier entschiedenen Fall: Die Initiativanträge des Personalrats erfüllen die gesetzlichen Voraussetzungen und der Dienstherr hat ihnen nicht entsprochen. Ihrer Behandlung im Stufenverfahren steht nicht entgegen, dass sie als missbräuchliche Inanspruchnahme des Initiativrechts anzusehen wären. Das Initiativrecht namentlich hinsichtlich der Selbstverteidigungsgeräte entfällt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verantwortungs- und Schutzzweckgrenze. Schließlich hat der Personalrat von seinem Vorlagerecht auch auf dem Dienstweg Gebrauch gemacht.
Die Voraussetzungen des Initiativrechts sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur bisherigen Rechtslage, von der sich die Neuregelung nicht signifikant unterscheidet, geklärt2. Das als Initiativrecht bezeichnete Antragsrecht erlaubt dem Personalrat, das von ihm jeweils in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht in aktiver Form wahrzunehmen. Es eröffnet ihm die Möglichkeit, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich einer Maßnahme, die er für geboten hält, von sich aus einzuleiten, um in diesem Verfahren seinen Rechten in der Sache Geltung zu verschaffen. Demzufolge räumt das Initiativrecht dem Personalrat hinsichtlich der Einleitung derjenigen Maßnahmen, auf die es sich erstreckt, den gleichen Rang ein wie dem Leiter der Dienststelle. Es verwirklicht damit den das Personalvertretungsrecht insgesamt beherrschenden Grundsatz der gleichberechtigten Partnerschaft zwischen Dienststelle und Personalrat. Das Initiativrecht erweitert den Inhalt des jeweiligen Mitbestimmungsrechts aber nicht. Es verschafft dem Personalrat also nicht mehr Befugnisse als ihm von dem in Anspruch genommenen gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand für den Fall verliehen sind, dass er vom Leiter der Dienststelle um Zustimmung zu der jeweiligen mitbestimmungspflichtigen Maßnahme gebeten wird. Das Initiativrecht und die übliche Form der Mitbestimmung, bei der der Personalrat auf Vorhaben des Dienststellenleiters reagiert, sind vielmehr materiell symmetrisch. Das Initiativrecht wird durch den Inhalt seines jeweiligen Mitbestimmungsrechts und dessen Sinn und Zweck begrenzt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist mithin, dass die mit dem konkreten Initiativantrag angestrebte Maßnahme zu dem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand gehört, dem das Initiativrecht zugeordnet ist, und der konkrete Antragsgegenstand im Übrigen die durch den Inhalt sowie Sinn und Zweck des gesetzlichen Mitbestimmungstatbestandes abgesteckten Grenzen nicht überschreitet.
Im vorliegenden Fall steht nicht im Streit, dass die Initiativanträge des Personalrats, die sich auf die Beschaffung diverser Ausrüstungsgegenstände (taktische Taschenlampen, schnittfeste Bekleidung und näher bezeichnete Selbstverteidigungsgeräte) beziehen, diesen Voraussetzungen genügen. Insbesondere beziehen sie sich auf Maßnahmen im Sinne von § 70 Abs. 1 BPersVG3. Als Ausrüstungsgegenstände, die Beschäftigte während eines Außendiensteinsatzes mit sich führen, unterfallen sie dem Mitbestimmungstatbestand der Gestaltung der Arbeitsplätze im Sinne von § 80 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG4 bzw. sind als Maßnahmen zur Verhütung von Arbeits- und Dienstunfällen und Berufskrankheiten sowie zum Gesundheitsschutz nach § 80 Abs. 1 Nr. 16 BPersVG5 anzusehen.
Der Dienstherr hat den Initiativanträgen im Sinne von § 77 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BPersVG nicht entsprochen.
Dem Wortsinn nach ist unter Nicht-Entsprechen zu verstehen, dass die Dienststellenleitung dem Antrag nicht stattgibt, ihm nicht nachkommt oder nicht erklärt, dass antragsgemäß verfahren werde. Eine ausdrückliche Ablehnung ist nicht erforderlich. Bereits für die Vorgängerregelung des § 70 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 BPersVG a.F. sprach nach ihrem Sinn und Zweck alles dafür, dass sie nur eine endgültig nicht stattgebende Entscheidung erfasste, weshalb das Merkmal nicht erfüllt gewesen sein dürfte, wenn und solange sich die Dienststelle weitere Prüfungen vorbehält, bevor sie sich eine endgültig abschließende Meinung zu dem Initiativantrag bildet und diese kundgibt.
In Bezug auf § 77 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BPersVG sprechen vor allem die gesetzessystematische und -historische Auslegung der Vorschrift für ein derartiges Verständnis. Gesetzessystematisch ist § 77 Abs. 2 Satz 1 BPersVG heranzuziehen, wonach die Dienststellenleitung einen Sachstandshinweis erteilen soll, wenn sie nicht innerhalb von sechs Wochen über einen Initiativantrag entscheiden kann. Sachstandshinweis und Nicht-Entsprechen sind aufeinander bezogen und voneinander abzugrenzen. Kennzeichnend für einen Sachstandshinweis ist, dass sich die Dienststellenleitung gerade noch keine abschließende Meinung zu einem Initiativantrag bilden konnte. Dementsprechend hat die Dienststellenleitung in einem solchen Fall einem Initiativantrag auch noch nicht „nicht entsprochen“. Dies ist erst dann anzunehmen, wenn die Dienststellenleitung abschließend kundtut, einem Initiativantrag nicht nachkommen zu wollen.
Für dieses Verständnis streitet auch die Gesetzeshistorie. Der Dienststellenleitung soll eine ausreichende Frist zur Prüfung und Entscheidung eines Initiativantrags eingeräumt werden, die je nach Komplexität und Notwendigkeit umfassender Sachverhaltsklärungen und Abstimmung im Einzelfall auch mehr als die regelhaft vorgesehenen sechs Wochen betragen kann. In dem daraufhin zu erteilenden Sachstandshinweis sollen nicht nur die Gründe für die längere Prüfungsdauer mitgeteilt werden, sondern es ist auch der „voraussichtliche Zeitpunkt der Entscheidung über den Initiativantrag“ zu nennen6.
Der Sachstandshinweis muss der Entscheidung über den Initiativantrag und damit einem etwaigen Nicht-Entsprechen zeitlich vorausgehen. Die Dienststellenleitung muss also deutlich machen, dass sie über den Initiativantrag noch nicht abschließend entscheiden kann und will, sondern sich noch im Meinungsbildungsprozess befindet. Hat die Dienststellenleitung einmal über den Initiativantrag entschieden, kann sie nicht durch ein nachfolgendes Überdenken und eine sich anschließende Prüfung das Verfahren gewissermaßen in den vorigen Stand zurückversetzen und wieder an sich ziehen.
Hier hat der Dienstherr nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die das Bundesverwaltungsgericht gebunden ist (§ 108 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 559 Abs. 2 ZPO), zwar nicht ausdrücklich erklärt, den Initiativanträgen nicht nachkommen zu wollen. Dessen Schreiben vom 06.04.2017 an den Personalrat, in dem die Initiativanträge als Anregung bezeichnet werden und der Dienstherr zusichert, die Erwägungen des Personalrats in das Konzept zur Eigensicherung einfließen zu lassen, hat das Oberverwaltungsgericht aber als konkludente Ablehnung der Initiativanträge verstanden. An diese Auslegung ist das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich gebunden. Die Auslegung von nicht typischen Willenserklärungen und Verträgen ist in erster Linie Sache der Tatsachengerichte und in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur eingeschränkt überprüfbar. Der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt allein, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen und ob der Tatsachenstoff vollständig verwertet wurde7. Gemessen hieran ist gegen die Bewertung des Oberverwaltungsgerichts nichts zu erinnern.
Das gilt auch mit Blick auf den Einwand, der Dienstherr habe über die Initiativanträge deshalb nicht abschließend entschieden, weil er mit der Entscheidung, verschiedene Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen, andere hingegen nicht, „gleichzeitig“ entschieden habe, die Ausstattung der Kontrolleure mit den von den Initiativanträgen erfassten Ausrüstungsgegenständen „zum Gegenstand eines umfassenden Forschungsauftrags zu machen“. Dieser nach dem Vorstehenden grundsätzlich erhebliche Einwand führt hier nicht zu einer von der Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts abweichenden Bewertung der Behandlung der Initiativanträge durch den Dienstherrn. Die Beteiligten machen hiermit lediglich einen für die Frage, ob die Dienststellenleitung den Initiativanträgen endgültig nicht entsprochen hat, unbeachtlichen Wiedereintritt in einen zuvor bereits abgeschlossenen Meinungsbildungsprozess geltend. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die das Bundesverwaltungsgericht – wie bereits ausgeführt – gebunden ist, hat der Dienstherr (erst) im Mai 2017 die Absicht geäußert, die Frage, ob taktische Taschenlampen erforderlich und sachdienlich sind, zum Gegenstand eines Forschungsauftrags zu machen und es besteht (erst) seit Mai 2017 die Absicht, die Beschaffung von Selbstverteidigungsgeräten in den Forschungsauftrag einzubeziehen. Diese Feststellungen sind dahin zu verstehen, dass über die Durchführung von Forschungsaufträgen nicht bereits zuvor entschieden und eine solche Entscheidung kundgetan wurde. Damit hat das Oberverwaltungsgericht auch festgestellt, dass eine Entscheidung über die Durchführung von Forschungsaufträgen nicht gleichzeitig mit dem Schreiben des Dienstherrn vom 06.04.2017 getroffen oder jedenfalls kundgetan worden ist, sondern erst nachfolgend.
Der Behandlung der Initiativanträge im Stufenverfahren steht nicht entgegen, dass der Personalrat das Initiativrecht missbräuchlich ausgeübt hätte. Das ist nicht der Fall.
Das Initiativrecht gibt dem Personalrat hinsichtlich der Einleitung derjenigen mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen, auf die es sich erstreckt, den gleichen Rang wie der Dienststelle8. Dies stellt sicher, dass derartige Angelegenheiten nicht gänzlich oder unnötig lange ungeregelt bleiben, weil sich die Dienststelle ihrer trotz bestehender Regelungsbedürftigkeit nicht oder nicht mehr rechtzeitig annimmt. Damit wird den vom Personalrat wahrzunehmenden Belangen genügt, ohne dass der Personalrat der Dienststelle die Entscheidung über die jeweilige mitbestimmungspflichtige Maßnahme selbst aus der Hand nehmen oder insoweit auch nur in einen „Wettstreit“ mit ihr treten kann9. Ein Initiativantrag ist nicht zu beanstanden, wenn das Unterlassen oder die sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung der beantragten Maßnahme seitens der Dienststelle Belange berührt, die die Personalvertretung wahrzunehmen hat. Das Initiativrecht soll der Personalvertretung lediglich als wirksames Mittel dazu dienen, die Dienststelle im Falle ihrer Untätigkeit zum Handeln zu zwingen, um in dem sich sodann anschließenden Mitbestimmungsverfahren ihre Rechte in der Sache selbst wahrnehmen zu können10.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass das Initiativrecht schwerlich dafür in Anspruch genommen werden darf, der bereits getroffenen Entscheidung einer zuständigen Behörde einen anderen Vorschlag entgegenzusetzen, auch wenn es ganz oder teilweise noch an einer wirksamen Bekanntmachung fehlt, und ebenso wenig darf es dazu dienen, einer erkennbar bevorstehenden Entscheidung mit einem Vorschlag anderen Inhalts zuvorzukommen9. Missbräuchlich übt eine Personalvertretung ihr Initiativrecht aus bei beabsichtigten Regelungen der Dienststellenleitung, die entweder bereits Gegenstand eines Mitbestimmungsverfahrens sind oder für die eine Einleitung dieses Verfahrens auch für den Personalrat erkennbar unmittelbar bevorsteht11. In all diesen Fällen bedarf es der aktiven Ausübung des Mitbestimmungsrechts durch einen Initiativantrag nicht, weil der Personalrat seine Mitbestimmungsrechte in dem jeweiligen Mitbestimmungsverfahren (passiv) geltend machen kann.
Das Initiativrecht ist demnach nur insoweit ausgeschlossen, als es zur Durchsetzung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats nicht erforderlich ist, weil dieser seine Vorstellungen und Einwände ohnehin (erkennbar demnächst) in einem Mitbestimmungsverfahren einbringen kann. Hat eine Maßnahme der Dienststellenleitung diesen Konkretisierungsgrad noch nicht erreicht, ist also die Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens zumindest offen, bleibt das Initiativrecht des Personalrats unberührt, das ansonsten durch bloße Absichtserklärungen der Dienststellenleitung ausgehebelt werden könnte. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts12 gewissermaßen als Voraussetzung des Initiativrechts angesprochene Untätigkeit der Dienststelle besteht demnach darin, in einem der Mitbestimmung unterworfenen Bereich keine Maßnahmen zu ergreifen und so den Personalrat von der Möglichkeit der Mitbestimmung auszuschließen. Ob dies darauf beruht, dass die Dienststellenleitung diese Maßnahme überhaupt nicht bedacht und in Erwägung gezogen hat oder ob sie diese nach eigener Prüfung nicht umsetzen möchte, ist insoweit ohne Belang.
Daran ändert sich auch nichts, wenn die Dienststelle unter endgültiger Ausklammerung einzelner Maßnahmen mehrere andere Maßnahmen zu einem Paket bündelt. Auch hinsichtlich der ausgeklammerten Maßnahmen ist die Dienststelle im vorgenannten Sinne untätig geblieben, weil sich die Mitbestimmung des Personalrats hierauf nicht erstrecken kann. Zudem bezieht sich das Mitbestimmungsrecht auf die jeweilige Maßnahme. Der Personalrat kann daher bei einem Maßnahmenpaket einzelnen Maßnahmen zustimmen und anderen nicht, wobei es der Dienststelle überlassen bleibt zu entscheiden, ob sie nur die mitbestimmten Maßnahmen durchführen möchte oder nicht. Es ist dem Personalrat daher nicht verwehrt, die Durchführung auch solcher Maßnahmen zu initiieren, die die Dienststellenleitung in ihr Maßnahmenpaket bewusst nicht aufgenommen hat.
Demnach hat der Personalrat hier nicht sein Initiativrecht deshalb missbräuchlich ausgeübt, weil eine größere Gesamtangelegenheit (Eigensicherung der im Kontrolldienst tätigen Beschäftigten) betroffen sei und durch die Initiativanträge hinsichtlich von der Dienststelle abgelehnter Teilentscheidungen ein einheitlicher Lebenssachverhalt in unnatürlicher Weise in Einzelteile zerstückelt und die Organisationshoheit der Dienststelle konterkariert würde, deren Entscheidung es obliege, in welchem zeitlichen Rahmen bestimmte Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Darüber hinaus trägt der Einwand des Dienstherrn dem Umstand nicht Rechnung, dass zwar grundsätzlich die Dienststellenleitung entscheidet, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen und zu welchem Zeitpunkt dies geschieht, das Gesetz jedoch mit dem Instrument des Initiativantrags der Personalvertretung ein Mittel an die Hand gibt, einer aus ihrer Sicht säumigen Dienststellenleitung vorzugeben, mit welchen Maßnahmen sie sich inhaltlich befassen muss. Der Personalvertretung ist die Rechtsposition eingeräumt, die Dienststellenleitung mittels eines Initiativantrags auch gegen ihren Willen dazu zu veranlassen, eine bestimmte Maßnahme überhaupt zu ergreifen, oder eine Maßnahme zu einem Zeitpunkt durchzusetzen, den die Dienststellenleitung nicht befürwortet. Voraussetzung ist eine entsprechende Einigung im Stufenverfahren oder eine Entscheidung der Einigungsstelle oder der obersten Dienstbehörde, wenn dieser die endgültige Entscheidung vorbehalten ist oder die Einigungsstelle nur eine Empfehlung aussprechen kann.
Die Initiativanträge sind auch nicht deshalb missbräuchlich, soweit die von ihnen erfassten Maßnahmen nach Angaben des Dienstherrn Gegenstand eines Forschungsauftrags sind. Der Sache nach wendet der Dienstherr insoweit ein, dass über die Initiativanträge noch nicht abschließend entschieden worden sei. Das trifft aus den genannten Gründen nicht zu.
Gegen die Initiativanträge des Personalrats bei der Beschaffung der in Rede stehenden Ausrüstungsgegenstände bestehen auch mit Blick auf das Erfordernis hinreichender demokratischer Legitimation keine Bedenken. Dies betrifft insbesondere den auf Beschaffung bestimmter Selbstverteidigungsgeräte gerichteten Initiativantrag. Insoweit hat der Dienstherr bereits erstinstanzlich geltend gemacht, dass der Einsatz von Selbstverteidigungsgeräten auch mit Blick auf die vermittelte Außenwirkung des Dienstherrn zu betrachten sei, weil die beantragten Selbstverteidigungsgeräte zumindest ihrem schusswaffengleichen Anschein nach auf der Ebene des Empfängerhorizonts geeignet seien, die Ordnungsfunktion des Dienstherrn mit der Vollzugsfunktion der Polizei und des Zolls zu vermischen.
Der Mitbestimmung des Personalrats sind durch das Demokratieprinzip Grenzen gesetzt. Nach der Schutzzweckgrenze darf sich die Beteiligung des Personalrats nur auf innerdienstliche Maßnahmen erstrecken und nur soweit gehen, als die spezifischen im Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle sie rechtfertigen. Dabei wird der Charakter als innerdienstliche Maßnahme durch den Zusammenhang mit der Erledigung der Amtsaufgabe nicht in Frage gestellt. Für innerdienstliche Maßnahmen ist es nicht untypisch, dass durch sie behördenintern die Voraussetzungen für die Wahrnehmung des Amtsauftrages geschaffen werden. Hat eine innerdienstliche Maßnahme erhebliche Auswirkungen auf die Erledigung des Amtsauftrages, so ist dem nicht durch Ausschluss jeglicher Beteiligung, sondern durch Beachtung der Verantwortungsgrenze Rechnung zu tragen. Diese besagt, dass die Angelegenheit nicht der Letztentscheidungsbefugnis der der Volksvertretung verantwortlichen Stelle entzogen werden darf13. Die Mitbestimmung des Personalrats ist mithin unter dem Gesichtspunkt der Schutzzweckgrenze nur dann ausgeschlossen, wenn die in Rede stehende Maßnahme keinen innerdienstlichen Charakter aufweist14.
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben scheidet das Initiativrecht des Personalrats hier nicht aus. Die Ausrüstung mit Selbstverteidigungsgeräten hat innerdienstlichen Charakter (Eigensicherung, Gestaltung der Arbeitsplätze). Das Initiativrecht des Personalrats ist deshalb selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn man insoweit von einer Maßnahme ausginge, die sogar schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben betrifft, unvermeidlich aber auch die Interessen der Beschäftigten berührt. Denn das in einem solchen Fall verfassungsrechtlich gebotene Letztentscheidungsrecht eines parlamentarisch Verantwortlichen15 wird durch § 75 Abs. 2 Satz 1 BPersVG sichergestellt. Danach kann die oberste Dienstbehörde einen Beschluss der Einigungsstelle in Angelegenheiten, die im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, innerhalb von vier Wochen nach dessen Zustellung ganz oder teilweise aufheben und in der Angelegenheit endgültig entscheiden16.
Der Personalrat hat die Initiativanträge dem Dienstherrn auch auf dem Dienstweg vorgelegt. Entspricht – wie hier – die Dienststellenleitung einem Initiativantrag nicht, kann u.a. der Personalrat die Angelegenheit binnen fünf Arbeitstagen auf dem Dienstweg den übergeordneten Stellen, bei denen Stufenvertretungen bestehen, schriftlich oder elektronisch vorlegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1, § 77 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BPersVG).
Nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Vorschrift ist die Einhaltung des Dienstweges eine zwingende Voraussetzung für die Behandlung eines Initiativantrags im Stufenverfahren. Das Bundesverwaltungsgericht vermag daher der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts17 nicht beizutreten, wonach die Nichtbeachtung des Dienstweges die Rechtswirksamkeit der Vorlage nicht berühre und der Pflicht zur Einleitung des Stufenverfahrens nicht entgegenstehe18.
Die Vorlage ist hier auf dem Dienstweg erfolgt. Eine Vorlage über die eigene Dienststelle ist hierzu nicht erforderlich. Im beamtenrechtlichen Verständnis bezeichnet der Dienstweg einen Kommunikationsweg dergestalt, dass ein Mitarbeiter Anweisungen nur von seinem unmittelbaren Vorgesetzten erhält und sich selbst grundsätzlich auch nur an diesen zu wenden hat (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 BBG). Dieses Verständnis stößt hier aber schon deshalb auf Schwierigkeiten, weil die Dienststellenleitung nicht Vorgesetzte des Personalrats ist. Für ein personalvertretungsrechtliches Verständnis des Dienstwegerfordernisses ist dem in Mitwirkungsangelegenheiten bestehenden Vorlagerecht des Personalrats nach § 82 Abs. 1 Satz 1 und 4 BPersVG im Wege gesetzessystematischer Auslegung zu entnehmen, dass für die Einhaltung des Dienstweges die Vorlage über die eigene Dienststelle nicht erforderlich ist, sondern es vielmehr ausreicht, dass der Personalrat sich unmittelbar an die übergeordneten Dienststellen wendet, bei denen Stufenvertretungen bestehen und der eigenen Dienststelle eine Kopie der Vorlage an die übergeordnete Dienststelle zuleitet. Dieses Verständnis bestärken Sinn und Zweck der Regelung. § 71 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 77 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BPersVG räumen der erstzuständigen Personalvertretung gegen die Dienststellenleitung der übergeordneten Dienststelle, bei der eine Stufenvertretung besteht, einen Anspruch auf Entgegennahme der Vorlage und auf Einleitung des Stufenverfahrens durch Einschaltung der Stufenvertretung ein19. Durch die Einhaltung des Dienstweges soll die jeweils nächsthöhere übergeordnete Dienststelle, bei der eine Stufenvertretung besteht, mit der Angelegenheit befasst und ihr die Möglichkeit gegeben werden, zugunsten des Initiativantrags von ihrem Weisungsrecht Gebrauch zu machen, weshalb keine im hierarchischen Behördenaufbau der Ausgangsdienststelle übergeordneten Dienststellen übersprungen werden dürfen20. Demnach ist es unschädlich, wenn der Personalrat den Initiativantrag über die eigene Dienststellenleitung, die diesem Antrag nicht entsprochen hat, der übergeordneten Dienststelle vorlegt, zwingend erforderlich ist dies jedoch nicht. Sofern aus einer früheren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts21 ein anderes Verständnis herzuleiten sein könnte, hält das Bundesverwaltungsgericht hieran nicht mehr fest.
Die Vorlage an die übergeordnete Dienststelle ist auch fristgerecht erfolgt. Auf die im April 2017 erfolgte Vorlage findet die Vorlagefrist von fünf Arbeitstagen des § 71 Abs. 1 Satz 1 BPersVG keine Anwendung, weil diese Regelung nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes vom 09.06.202122 erst ab dem 15.06.2021 Geltung beansprucht. Vielmehr war die zuvor geltende Vorlagefrist von sechs Arbeitstagen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 BPersVG a.F.) einzuhalten. Der rechtlichen Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, der Personalrat habe sich „innerhalb der maßgeblichen Frist“ an den Dienstherrn gewandt, lässt sich auch die tatsächliche Feststellung entnehmen, dass dies innerhalb der vorgeschriebenen sechs Arbeitstage geschehen ist.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24. November 2021 – 5 P 5.20
- BVerwG, Beschluss vom 20.01.1993 – 6 P 21.90, BVerwGE 91, 346 [353][↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.07.2019 – 5 P 1.18, Buchholz 251.9 § 75 SaarPersVG Nr. 1 Rn. 12 f.[↩]
- vgl. zu diesem Erfordernis nach bisheriger Rechtslage BVerwG, Beschluss vom 05.03.2012 – 6 PB 25.11, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 114 Rn. 4; BT-Drs.19/26820 S. 117 zur Neuregelung[↩]
- vgl. zu diesem Mitbestimmungstatbestand BVerwG, Beschluss vom 24.11.2021 – 5 P 7.20, Rn. 9 f.[↩]
- vgl. zu § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG a.F. BVerwG, Beschluss vom 13.09.2012 – 6 PB 10.12, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 118 Rn. 5 und 7[↩]
- BT-Drs.19/26820 S. 118[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.01.2009 – 6 P 1.08, BVerwGE 133, 42 Rn. 14 m.w.N. aus der Rspr des BAG[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 15.07.2019 – 5 P 1.18, Buchholz 251.9 § 75 SaarPersVG Nr. 1 Rn. 12 f.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 22.02.1991 – 6 PB 10.90, Buchholz 251.0 § 70 BaWüPersVG Nr. 1 S. 6[↩][↩]
- BVerwG, Beschluss vom 11.07.1995 – 6 P 22.93, BVerwGE 99, 69 <72>[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 20.01.1993 – 6 P 21.90, BVerwGE 91, 346 <351>[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 11.07.1995 – 6 P 22.93, BVerwGE 99, 69 <72>[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.04.2008 – 6 P 8.07, Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 5 Rn. 13 m.w.N.; s.a. BVerfG, Beschluss vom 24.05.1995 – 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37 <68, 70>[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.2003 – 6 P 16.02, Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr.19 S. 5[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.1995 – 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37 <70 ff.>[↩]
- vgl. BT-Drs.19/26820 S. 116[↩]
- ebenso Widmaier, in: Ilbertz u.a., BPersVG, 14. Aufl.2018, § 69 Rn. 22[↩]
- ablehnend auch Janssen, jurisPR-ArbR 18/2020 Anm. 5[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 20.01.1993 – 6 P 21.90, BVerwGE 91, 346 <353, 355>[↩]
- vgl. Berg, in: Altvater u.a., BPersVG, 10. Aufl.2019, § 69 Rn. 38; Gerhold, in: Lorenzen u.a., BPersVG, Stand: 1.04.2016, § 69 Rn. 77; Weber, in: Richardi u.a., Personalvertretungsrecht, 5. Aufl.2020, § 69 BPersVG Rn. 66[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 20.01.1993 – 6 P 21.90, BVerwGE 91, 346 <353>[↩]
- BGBl. I S. 1614[↩]
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- Bundesverwaltungsgericht: Robert Windisch