Das Bundesverfassungsgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit dem sich ein rechtsextrem Antragsteller die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst im Freistaat Sachsen erreichen wollte:

Nachdem ein für den Einstellungstermin November 2020 gestellter Aufnahmeantrag bestandskräftig abgelehnt worden war, beantragte der Beschwerdeführer, der im Januar 2020 die Erste Juristische Prüfung bestanden hatte, bei dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Dresden als zuständiger Behörde die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Freistaates Sachsen mit einem Dienstbeginn zum 1.05.2021 oder zum 1.11.2021. Dies lehnte der Präsident des Oberlandesgerichts für den am 1.05.2021 beginnenden Vorbereitungsdienst ab. Den hiergegen gerichteten einstweiligen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht Dresden ab1 ab. Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde wies das Sächsische Oberverwaltungsgericht zurück2, seine Anhörungsrüge blieb ebenfalls erfolglos3. Zur Begründung führten die angegriffenen Hoheitsakte im Wesentlichen an, dem Beschwerdeführer fehle die persönliche Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst. Er gehe nach seinem Verhalten darauf aus, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen, sodass seine Aufnahme in den Vorbereitungsdienst eine konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege bedeute. Neben verschiedenen, mehrere Jahre zurückliegenden strafrechtlichen Verurteilungen stützten die angegriffenen Hoheitsakte dies im Kern auf die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in „Freien Kameradschaften“ sowie in als verfassungsfeindlich eingeordneten Parteien, auf seine – bis April 2020 – innegehabten Ämter in einer dieser Parteien sowie auf die Anmeldung von Versammlungen für diese Parteien und die Teilnahme an solchen Versammlungen, darunter teilweise als Redner.
Das Bundesverfassungsgericht hielt den daraufhin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig. Der Beschwerdeführer hat vor dem Hintergrund des bereits vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begonnenen juristischen Vorbereitungsdienstes zum 1.05.2021, in den er Aufnahme begehrt, und angesichts des Umstands, dass er auch für den am 1.11.2021 beginnenden Vorbereitungsdienst einen bislang nicht beschiedenen Aufnahmeantrag gestellt hat, das Vorliegen eines schweren Nachteils nicht hinreichend dargelegt, weshalb die Folgenabwägung hier zu seinen Lasten ausgeht.
Zu den Zulässigkeitsanforderungen an einen Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG gehört die substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung4. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei gelten, selbst wenn eine Verfassungsbeschwerde in der Sache Aussicht auf Erfolg haben könnte, für den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der insoweit grundsätzlich maßgeblichen Folgenabwägung strenge Maßstäbe5.
Der Beschwerdeführer hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihm für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, ein schwerer Nachteil droht. Ungeachtet des Umstands, dass sich die – in der Art eines verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzantrags gehaltenen – Ausführungen des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers zur Eilbedürftigkeit allein auf den im November 2020 begonnenen juristischen Vorbereitungsdienst beziehen, auf den sich sein hier gegenständlicher Aufnahmeantrag aber nicht (mehr) richtet, hat er im Kern lediglich vorgetragen, dass ihm bei einer Versagung der Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Freistaates Sachsen zum 1.05.2021 eine unwiederbringliche Verzögerung seines Ausbildungsfortschritts drohe. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen geht jedoch hervor, dass er sich mit Antrag vom 10.02.2021 um Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst im Freistaat Sachsen für einen Dienstbeginn sowohl zum 1.05.2021 als auch zum 1.11.2021 beworben hat. Inwieweit dem Beschwerdeführer danach ein schwerer Nachteil drohen könnte, wenn er sich ohne Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegebenenfalls auf eine Aufnahme in den Vorbereitungsdienst zum 1.11.2021 verweisen lassen müsste, ist nicht erkennbar und hätte von ihm erörtert werden müssen. Das gilt zumal vor dem Hintergrund, dass bei Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 28.05.2021 der Vorbereitungsdienst, in den der Beschwerdeführer vorläufige Aufnahme begehrt, bereits seit vier Wochen begonnen hatte, sodass fraglich erscheint, ob der Beschwerdeführer organisatorisch und nach den – etwa in einem Einführungslehrgang – bereits vermittelten Ausbildungsinhalten in diesen Vorbereitungsdienst noch sachgerecht eingegliedert werden könnte oder ob ihm die bereits versäumten Ausbildungsinhalte ohnehin erst gemeinsam mit den zum 1.11.2021 in den Vorbereitungsdienst Aufgenommenen angeboten werden könnten. Auch dieser Hintergrund hätte vom Beschwerdeführer erörtert werden müssen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Juni 2021 – 2 BvR 950/21
- VG Dresden, Beschluss vom 26.04.2021- 11 L 272/21[↩]
- Sächs. OVG, Beschluss vom 29.04.2021 – 2 B 210/21[↩]
- Sächs. OVG, Beschluss vom 21.05.2021 – 2 B 210/21[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.09.2020 – 2 BvR 336/20, Rn. 7[↩]
- vgl. BVerfGE 71, 158 <161> 88, 185 <186> 91, 252 <257 f.> 111, 147 <152 f.> stRspr[↩]