Seit Inkrafttreten von § 22 Abs. 1a BImschG zum 28. Juli 2011 haben Anwohner eines Kinderspielplatzes keinen Anspruch mehr auf Einhaltung der von der Gemeinde festgesetzten Nutzungszeiten für die Abwehr von Geräuschimmissionen, die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Kinderspielplätzen verursacht werden.

Hat der Betreiber einer öffentlichen Einrichtung durch diese einen besonderen Anreiz zum Missbrauch geschaffen, dann ist er für die durch den bestimmungswidrigen Gebrauch versursachten erheblichen Belästigungen verantwortlich. D.h. für die Verantwortlichkeit wird vorausgesetzt, dass in dem bestimmungswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung geschaffene besondere Gefahrenlage zum Ausdruck kommt und der Fehlgebrauch sich damit bei einer wertenden Betrachtungsweise als Folge der konkreten Standortentscheidung erweist.
So die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg über die Beschwerde eines Antragstellers, der sich gegen die missbräuchliche Nutzung des Spielplatzes und die dadurch verursachten Lärmimmissionen wendet. Mit seinem Anliegen hat der Antragsteller vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe im Wege der einstweiligen Anordnung keinen Erfolg gehabt1 . Dagegen hat er Beschwerde eingelegt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist der Antrag entgegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zulässig und teilweise begründet: Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage steht dem Antragsteller der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Abwehranspruch, der sich aus einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB oder aufgrund eines grundrechtlichen Anspruchs aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt, teilweise zu2. Nach §§ 906 Abs. 1 Satz 1, 1004 Abs. 1 BGB kann ein Nachbar u.a. Geräusche, welche die Benutzung seines Grundstücks nicht nur unwesentlich beeinträchtigen, abwehren. Als Maßstab dafür, ob Geräuschimmissionen wesentlich und deshalb nicht zu dulden sind, ist § 22 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG heranzuziehen3. Nach den Regelungen des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen, zu denen der hier streitgegenständliche Kinderspielplatz als sonstige ortsfeste Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG zählt, so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. § 3 Abs. 1 BImSchG definiert schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Durch Art. 1 des am 28. Juli 2011 in Kraft getretenen Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms – vom 20.07.20114 wurde in § 22 BImSchG folgender Absatz 1a eingefügt:
„Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.“
Dieser vom Gesetzgeber für die Beurteilung der Erheblichkeit von Kinderlärm nunmehr ausdrücklich normierte Maßstab war nach der herrschenden Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts schon bisher maßgeblich. Ob Immissionen als schädlich anzusehen sind, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die Schädlichkeit lässt sich nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab für jegliche Art von Geräuschen bestimmen und ist weitgehend der tatrichterlichen Wertung im Einzelfall vorbehalten. Insofern ist eine umfassende situationsbezogene Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und ein Ausgleich widerstrebender Interessen vorzunehmen. Dabei sind die Wirkungen der Immissionen für die Betroffenen zu berücksichtigen. Die tatrichterliche Bewertung der Zumutbarkeit richtet sich danach ausschließlich nach den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit. Zu berücksichtigen sind dabei wertende Elemente wie allgemeine Akzeptanz und soziale Adäquanz. Diese Umstände müssen im Sinne einer „Güterabwägung“ in eine wertende Gesamtbetrachtung einfließen5. Mit Blick auf die Zumutbarkeit von von Kinderspielplätzen im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung ausgehenden Geräuschimmissionen ist in die vorzunehmende wertende Gesamtbetrachtung vor allem einzustellen, dass Kinderspielplätze in einem reinen und erst recht in einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich bauplanungsrechtlich zulässig sind6. Der – unvermeidbare – Lärm spielender Kinder stellt regelmäßig keine immissionsschutzrechtlich relevante Störung dar, sodass auch und gerade ein in einem Wohngebiet oder in der Nähe eines Wohngebietes angelegter Kinderspielplatz im Rahmen seiner bestimmungsgemäßen Nutzung unter Anwendung eines großzügigen Maßstabs von den Nachbarn grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen ist7. Diese in der Rechtsprechung schon bisher angewendeten Beurteilungskriterien hat der Gesetzgeber mit der oben dargestellten Novellierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vom 20.07.2011 normativ festgeschrieben. Gemessen hieran stellt sich sowohl der bestimmungsgemäße Betrieb des Kinderspielplatzes als auch dessen Benutzung durch Kinder außerhalb der von der Gemeinde festgelegten Öffnungszeiten für den Antragsteller nicht als unzumutbar, sondern als sozialadäquat dar. Die vorzunehmende Interessen- und Güterabwägung ergibt jedoch, dass die Geräuschimmissionen, die von dem Spielplatz ausgehen, die Zumutbarkeitsstelle insoweit überschreiten, als der Spielplatz missbräuchlich durch Jugendliche und junge Erwachsene benutzt wird.
Dem Antragsteller steht kein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen Geräuschimmissionen zu, die aus der Nutzung des Spielplatzes durch Kinder außerhalb der von der Gemeinde festgesetzten Öffnungszeiten resultieren. Zwar handelt es sich bei dem Spielplatz der Antragsgegnerin um eine öffentliche Einrichtung (§ 10 Abs. 2 GemO), die durch Zurverfügungstellung für jedermann schlicht hoheitlich betrieben wird; die bestimmungsgemäße Nutzung des Spielplatzes bestimmt sich dabei nach dem Widmungszweck. Die Antragsgegnerin hat aufgrund von § 4 ihrer Benutzungsordnung für öffentliche Spielplätze vom 19.07.2011 für die im Gemeindegebiet gelegenen Spielplätze feste Benutzungszeiten geregelt und für den streitgegenständlichen Spielplatz zuletzt bestimmt, dass eine Nutzung nur innerhalb der Zeit von 08:00 bis 20:00 Uhr (in der Winterzeit nur bis zum Einbruch der Dunkelheit) zulässig sein soll. Entgegen der Auffassung der Beschwerde steht dem Antragsteller jedoch kein subjektiv-rechtlicher Anspruch auf Einhaltung der von der Gemeinde festgelegten Nutzungszeiten zu. Dahingestellt kann in diesem Zusammenhang bleiben, ob die Gemeinde die von ihr festgesetzten Öffnungszeiten des Spielplatzes mit drittschützender Wirkung zugunsten der Anwohner ausgestaltet hat. Auch wenn mit der Beschwerde von einer drittschützenden Wirkung dieser Festsetzungen ausgegangen wird, kann der Antragsteller nicht die Unterbindung der Nutzung des Spielplatzes durch Kinder außerhalb der Öffnungszeiten verlangen.
Die von der Beschwerde herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs8, nach der dem Anwohner ein Anspruch auf Einhaltung der von der Gemeinde festgesetzten Nutzungszeiten öffentlicher Einrichtungen zustehen kann, ist auf die hier in Rede stehende Abwehr von Geräuschimmissionen, die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Kinderspielplätzen verursacht werden, seit Inkrafttreten von § 22 Abs. 1a BImSchG mit Wirkung zum 28.07.2011 nicht mehr anwendbar. Denn die Bestimmung des § 22 Abs. 1a BImSchG steht der schematischen Heranziehung statischer Regelungen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen, die von Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgehen, entgegen. Dieses Ergebnis lässt sich einer systematischen Auslegung von § 22 Abs. 1a BImSchG sowie der Gesetzesbegründung entnehmen. § 22 Abs. 1a Satz 2 BImSchG verbietet die Heranziehung von Immissionsgrenz- und -richtwerten bei der Beurteilung von Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit solcher Immissionen jeweils eine Entscheidung im Einzelfall zu treffen ist, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die widerstreitenden Interessen abgewogen werden. Diesem Ziel stünde es entgegen, wenn ein Träger einer öffentlichen Einrichtung durch die Festlegung von Benutzungsregeln einen eigenen Zumutbarkeitsmaßstab begründen könnte. Dadurch würde eine Abkehr von der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünschten Einzelfallbetrachtung hin zu einer schematischen Beurteilung der Geräuschimmissionen bewirkt, bei der lediglich die Benutzungsordnung und der Verstoß hiergegen zu prüfen wären. Einzelfallgesichtspunkte, wie z.B. die örtlich Bebauungssituation, die Tageszeit, die gesundheitliche Verfassung der betroffenen Nachbarn usw. blieben außer Betracht. Einer derartig schematischen Betrachtung steht jedoch der Wille des Gesetzgebers entgegen. Dieser hat zur Begründung des § 22 Abs. 1a BImSchG ausgeführt:
„Geräusche spielender Kinder sind Ausdruck der kindlichen Entwicklung und Entfaltung und daher grundsätzlich zumutbar. Abwehransprüche sollen auf seltene Einzelfälle beschränkt bleiben. (…) Durch die neue Regelung wird ein Beurteilungsmaßstab in das geltende Lärmschutzrecht eingefügt, der eine größere Toleranz zur Beurteilung des Kinderlärms einfordert und im verwaltungsbehördlichen Vollzug einer Heranziehung der TA-Lärm, der 18. BImSchV oder der LAI-Freizeitlärmrichtlinie entgegen steht“9.
Darüber hinaus stellt § 22 Abs. 1a BImSchG nach dem Willen des Gesetzgebers eine Privilegierungsregelung grundsätzlicher Art dar, die auch auf das sonstige Immissionsschutzrecht und über das zivile Nachbarschaftsrecht hinaus Wirkung entfaltet, soweit dies für die Bewertung von Kinderlärm relevant ist10. Mit § 22 Abs. 1a BImSchG hat der Gesetzgeber im Übrigen normiert, was bereits das beschließende Gericht und die anderen Oberverwaltungsgerichte als gefestigte Rechtsprechung zum Beurteilungsmaßstab von Kinderlärm zugrunde gelegt haben, nämlich dass die von wohnortnah gelegenen Spielplätzen ausgehenden Lärmeinwirkungen regelmäßig als ortsübliche, sozialadäquate Lebensäußerungen der Kinder hinzunehmen sind, hinter die das Ruhebedürfnis Erwachsener zurücktreten muss. Der Gesetzgeber fordert dabei bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen eine strikte Einzelfallbetrachtung. Entscheidend ist, ob sich Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätze nach Art und Größe sowie Ausstattung in Wohngebiete und die vorhandene Bebauung einfügen; in einem solchen Regelfall liegen nach dem Willen des Gesetzgebers die von den Einrichtungen hervorgerufenen Geräuscheinwirkungen durch spielende Kinder im Rahmen des Üblichen und sind nicht geeignet, eine erhebliche Belästigung für die Nachbarschaft und damit eine schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG darzustellen11. Zu Recht weist der Antragsteller zwar darauf hin, dass dadurch ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen von Kinderspielplätzen ausgehende Geräuschimmissionen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schlechterdings ausgeschlossen wird. Hierzu wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt:
„Eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung muss vielmehr für besondere Fallsituationen eine Prüfung im Einzelfall ermöglichen, in dem selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Benachteiligungen oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können. Diese Prüfung bleibt mit der neuen Regelung, die nur für den Regelfall gilt, eröffnet. Ein vom Regelfall abweichender Sonderfall liegt im Hinblick auf die Belange des Schutzes vor Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen hervorgerufen werden, allerdings nur vor, wenn besondere Umstände gegeben sind, z.B. die Einrichtungen in unmittelbarer Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen wie Krankenhäusern und Pflegeanstalten gelegen sind, oder sich die Einrichtungen nach Art und Größe sowie Ausstattung in Wohngebiete und die vorhandene Bebauung nicht einfügen“11.
Dem letztgenannten Absatz der Gesetzesbegründung lässt sich zugleich entnehmen, welche schutzwürdigen Interessen ein betroffener Nachbar zur Abwehr von Geräuschimmissionen von Kinderspielplätzen geltend machen kann. Eine solche vom Regelfall abweichende Sondersituation liegt hier jedoch jedenfalls nach summarischer Prüfung nicht vor. Dem Antragsteller steht deshalb der geltend gemachte Abwehranspruch gegen Geräuschimmissionen, die von der Nutzung des Spielplatzes durch Kinder außerhalb der von der Gemeinde festgesetzten Öffnungszeiten herrühren, nicht zu. Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller durch diese Nutzung wohl nicht in erheblichem Maße beeinträchtigt wird. Wie sich den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen entnehmen lässt, kommt es zwar in Einzelfällen zur Nutzung des Spielplatzes außerhalb der Öffnungszeiten durch Kinder. Dabei dürfte es sich jedoch um eher seltene Einzelfälle handeln, die regelmäßig nicht mit erheblichen Lärmbelästigungen verbunden sind.
Dem Antragsteller steht jedoch ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen die Geräuschimmissionen zu, die aus der missbräuchlichen Nutzung des Spielplatzes durch Jugendliche und junge Erwachsene resultieren. Jedenfalls bei summarischer Prüfung spricht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts vieles dafür, dass sich die Antragsgegnerin diese Immissionen als Betreiberin des Spielplatzes auch zurechnen lassen muss. Dem Betreiber einer solchen Anlage ist zunächst das an Auswirkungen zuzurechnen, was durch ihre Funktion als Spielplatz bedingt wird. Er muss sich darüber hinaus aber bei Hinzutreten besonderer Umstände auch die durch zweckfremde Nutzungen verursachten Beeinträchtigungen zurechnen lassen12. Für eine Zurechnung zweckfremder Nutzungen reicht es dabei freilich nicht aus, dass die Anlage nur „geeignet“ ist, missbräuchlich genutzt zu werden. Öffentlichen Kinderspielplätzen ist wie öffentlichen Grünanlagen dabei die Gefahr nicht bestimmungsgemäßer Nutzung im Grundsatz immanent; die Gefahr gelegentlicher Missbräuche ist daher unvermeidbar. Störungen solcher Art sind grundsätzlich polizeirechtlich oder ordnungsrechtlich zu beseitigen13. Der Betreiber einer öffentlichen Einrichtung oder nicht genehmigungsbedürftigen Anlage ist ausnahmsweise für die durch den bestimmungswidrigen Gebrauch verursachten erheblichen Belästigungen dann verantwortlich, wenn er durch die Einrichtung einen besonderen Anreiz zum Missbrauch geschaffen hat, d.h. wenn in dem bestimmungswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung geschaffene besondere Gefahrenlage zum Ausdruck kommt und der Fehlgebrauch sich damit bei einer wertenden Betrachtungsweise als Folge der konkreten Standortentscheidung erweist bzw. als Folge des Betriebs der Einrichtung anzusehen ist, wenn er mithin eine Einrichtung geschaffen hat, bei der ein Missbrauch durch einen nicht zugelassenen Personenkreis wie auch in der Art der Benutzung wahrscheinlich ist.
Gemessen hieran ist jedenfalls bei summarischer Betrachtung auch der mit erheblichen Lärmimmissionen einhergehende missbräuchliche Gebrauch des Spielplatzes durch Jugendliche oder junge Erwachsene in den Abendstunden der Antragsgegnerin zurechenbar. Dieser Missbrauch ist nämlich nicht nur Folge der jedem Spielplatz immanenten Gefahrenlage, von Jugendlichen gelegentlich als Treffpunkt benutzt zu werden. Wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, liegt der Spielplatz unmittelbar in Waldrandlage bzw. grenzt an ein Biotop an und ist wiederum an einer für den öffentlichen (Straßen-) Verkehr nur schwer zugänglichen Stelle positioniert. Regelmäßig müssen Besucher des Spielplatzes daher nur mit eingeschränktem Anliegerverkehr rechnen, der nachts erfahrungsgemäß nahezu zum Erliegen kommen dürfte. Dieser Umstand bedingt zwar auf der einen Seite einen unabweisbaren Vorteil für die Zielgruppe des Spielplatzes, da die dort spielenden Kinder vor Gefährdungen durch den Straßenverkehr weitgehend geschützt sind. Auf der anderen Seite bietet diese Lage im Vergleich zu anderen Spielplätzen jedoch einen besonderen Anreiz für Jugendliche, die sich von Passanten unbeobachtet und unkontrolliert treffen wollen. Ferner hat der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend und durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, dass in der Vergangenheit wiederholt Jugendliche die Möglichkeit zur Flucht in den Wald vor herannahenden Kontrollen genutzt hätten.
Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Spielplatz tatsächlich bis in die Nachtstunden hinein nicht nur gelegentlich missbräuchlich von Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Treffpunkt und zum Feiern genutzt wird. Der Antragsteller hat sowohl im erstinstanzlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch mit seiner Beschwerde detaillierte Aufstellungen vorgelegt, welche die Häufigkeit und Dauer der missbräuchlichen Nutzung dokumentieren. Dem dürfte nicht entgegenstehen, dass bei den von Bediensteten der Antragsgegnerin durchgeführten Kontrollen derartige Missbrauchssituationen nicht aufgetreten sind. Dies dürfte zwanglos damit zu erklären sein, dass die Antragsgegnerin – wie im Beschwerdeverfahren eingeräumt – den Spielplatz zumindest in den Abendstunden nicht systematisch und engmaschig kontrolliert hat, sondern lediglich stichprobenartige Kontrollen durch Gemeindebedienstete hat vornehmen lassen, wenn diese in der Nähe waren. Auch hat der Antragsteller durch seine eidesstattlichen Versicherungen hinreichend glaubhaft gemacht, dass diese Geräuschimmissionen aus der missbräuchlichen Nutzung des Spielplatzes in qualitativer Hinsicht die Schwelle des Zumutbaren überschreiten. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist in diesem Zusammenhang unerheblich, dass der Antragsteller keine gerichtsverwertbaren Lärmmessungen durchführen ließ. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht überspannt werden, so dass von einem Antragsteller regelmäßig nicht erwartet werden kann, auf eigene Kosten gerichtlich verwertbare Lärmmessungen durch einen vereidigten Sachverständigen durchführen zu lassen. Vielmehr muss eine weitere Sachverhaltsaufklärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Nach alledem sind bei summarischer Betrachtung die von der missbräuchlichen Nutzung des Spielplatzes ausgehenden Geräuschimmissionen als wesentlich und für den Antragsteller nicht zumutbar einzustufen.
Soweit sich der Antragsteller gegen die missbräuchliche Nutzung des Spielplatzes durch Jugendliche und junge Erwachsene wendet, steht ihm ein Anordnungsgrund zu. Dem Antragsteller ist es nicht zuzumuten, die davon ausgehenden Lärmimmissionen bis zur Hauptsacheentscheidung weiter zu dulden. Dabei kann offen bleiben, ob die Lärmimmissionen insoweit einen gesundheitsgefährlichen Grad erreicht haben. Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, hier durch Geräusche, ist nach § 22 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG nicht erst dann zu gewähren, wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr eintritt, sondern schon wenn erhebliche Belästigungen auftreten. Zumindest letzteres ist hier höchstwahrscheinlich der Fall. Wegen der nur zeitlich begrenzten Vorwegnahme der Hauptsache sind vorliegend keine höheren Anforderungen zu stellen. Auch steht einem Anordnungsgrund nicht entgegen, dass der Antragsteller gegen die von ihm als unzumutbar betrachteten Lärmimmissionen nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch genommen hat. Denn der Antragsteller ist insoweit nicht untätig geblieben, sondern hat sich regelmäßig an die Gemeinde mit der Bitte um Abhilfe gewandt. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin zumindest in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass sie im Zusammenwirken mit den Nachbarn zu weitergehenden Abhilfemaßnahmen bereit ist und diese überprüft.
Bei Anwendung des dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten weiten Ermessens war deshalb die im Tenor ersichtliche einstweilige Regelung zu treffen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht davon ab, der Antragsgegnerin genauere Vorgaben hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen vorzuschreiben, da der Antragsgegnerin insoweit ein Auswahlermessen zukommt. Insbesondere wird die Antragsgegnerin zunächst versuchen dürfen, ob die derzeit nicht zumutbaren Missstände durch regelmäßige und engmaschige Kontrollen auch und gerade zur Abend- und Nachtzeit beseitigt werden können. Das Gericht sieht keinen Anlass, die – mit dem Antrag unbeschränkt begehrte – Anordnung in ihrer Geltung zeitlich zu begrenzen. Der Senat hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass mit diesem Vorgehen gegebenenfalls die erneute Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes vermieden werden kann und dass es die Antragsgegnerin andererseits in der Hand hat, auf eine gerichtliche Hauptsacheentscheidung hinzuwirken (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 Abs. 1 ZPO).
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. März 2012 – 10 S 2428/11
- VG Karlsruhe, Beschluss vom 08.08.2011 – 4 K 1119/11[↩]
- vgl. grundlegend zu dem öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch BVerwG, Urteile vom 29.04.1988 – 7 C 33.87, BVerwGE 79, 254; sowie vom 19.01.1998 – 7 C 77.87, BVerwGE 81, 197[↩]
- vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 – 7 C 77.87, a.a.O.[↩]
- BGBl. I, S. 1474[↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 24.04.1991 – 7 C 12.90, BVerwGE 88, 143 sowie vom 30.04.1992 – 7 C 25.91, BVerwGE 90, 163; VGH Baden-Württ., Urteil vom 16.04.2002 – 10 S 2443/00, NVwZ-RR 2002, 643[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1991 – 4 C 5.88, NJW 1992, 1779[↩]
- vgl. hierzu zuletzt etwa Hess.VGH, Urteil vom 25.07.2011 – 9 A 125/11, NVwZ-RR 2012, 21[↩]
- vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 11.04.1994 – 1 S 1081/93, NVwZ 1994, 920; sowie Beschluss vom 18.10.2005 – 1 S 1697/05[↩]
- vgl. BT-Drs. 17/4836, S. 4 vom 22.02.2011[↩]
- vgl. BT-Drs. 17/4836, S. 7[↩]
- BT-Drs. 17/4836, S. 7[↩][↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.05.1989 – 4 B 26.89; Hess.VGH, Urteil vom 25.07.2011 – 9 A 125/11, a.a.O.; VG Braunschweig, Urteil vom 12.03.2004 – 2 A 205/03[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.05.1989 – 4 B 26.89, a.a.O.; Nieders.OVG, Beschluss vom 29.06.2006 – 9 LA 113/04, NVwZ 2006, 1199[↩]