Eine frühere Tätigkeit für eine extremistische kurdische Vereinigung steht einer späteren Einbürgerung in Deutschland nicht entgegen, sofern ihm keine weiteren Tätigkeiten für derartige Organisationen mehr vorgehalten werden können.

So hat jetzt das Verwaltungsgericht Osnabrück die beklagte Stadt Lingen verpflichtet einen türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit einzubürgern. Zuvor muss er jedoch seine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit nachweisen.
Der Kläger zog als Kind zu seinen Eltern nach Deutschland, lebt hier seit über 20 Jahren, hat eine Familie gegründet und ist berufstätig. Seine Kinder besuchen eine weiterführende Schule. Die Einbürgerung wurde ihm wegen seiner früheren Aktivitäten im Umfeld eines Volkskulturvereins versagt, dessen Vorsitzender er war. Diese Aktivitäten bewerteten die Behörden als Unterstützung verbotener Vereinigungen und Gefährdung der Sicherheit und der Belange der Bundesrepublik Deutschland. Gestützt auf geheimhaltungsbedürftige Erkenntnisse von Verfassungsschutzbehörden hat die Beklagte angenommen, der Kläger habe eine von ihm behauptete Abwendung von einer früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen nicht glaubhaft gemacht. Er habe die verbotenen Organisationen auch Jahre später als von ihm eingeräumt noch unterstützt.
Der Kläger bestreitet die Angaben der Verfassungsschutzbehörden und macht geltend, er habe bereits Jahre zuvor sein früheres Engagement eingestellt, sei seitdem nicht mehr aktiv und unterstütze insbesondere keine verbotenen Organisationen.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger sich glaubhaft von seinen früheren Aktivitäten im Umfeld eines verfassungsfeindlichen Vereins abgewendet hat. Dies habe sich aus seiner stimmigen Einlassung in der mündlichen Verhandlung korrespondierend mit seinem Lebensweg – Geburt der Kinder, Ortswechsel – ergeben. Der Stadt Lingen sei es nicht gelungen, diese Einlassung zu widerlegen. Entsprechende polizeiliche Erkenntnisse hätten nicht vorgelegen. Es seien zwar Stellungnahmen von Verfassungsschutzbehörden vorgelegt worden, nach denen der Kläger noch bis zum Jahr 2004 aktiver Funktionär des verbotenen Volkskulturvereins gewesen sei. Die Stellungnahmen seien jedoch wenig aussagekräftig gewesen und hätten keine überprüfbaren Sachverhaltsangaben enthalten, mit denen der Kläger hätte konfrontiert werden können. Die Verfassungsschutzbehörden waren aus Geheimhaltungsgründen auch nicht verpflichtet, weitere Unterlagen vorzulegen. Dies hatten in einem in-camera-Verfahren bereits das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sowie das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Verwaltungsgericht Osnabrück, Urteil vom 30. Juni 2011 – 6 A 264/07