Der Antrag des Arbeitnehmers, mit dem er die Unwirksamkeit der einseitigen Festlegung seiner Jahresarbeitszeit festgestellt wissen will, ist auf eine andere Rechtsfolge gerichtet als der Feststellungsantrag, mit dem sich der Kläger gegen die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit wendet.

Nach dem für den Zivil- und den Arbeitsgerichtsprozess geltenden sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den konkret gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt1.
Zum Klagegrund gehören alle Tatsachen, die bei einer natürlichen; vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen2.
Bei der Wochen- und der Jahresarbeitszeit handelt es sich um zwei unterschiedliche Arbeitszeitmodelle3.
Die Vereinbarung einer Jahresarbeitszeit ist eine Arbeitszeitregelung, die alternativ zu einer Wochen- oder Monatsarbeitszeit gewählt werden kann. Mit ihr ist es möglich, einen langfristig vorhersehbaren, aber diskontinuierlichen Arbeitsbedarf flexibel innerhalb eines Jahreszeitraums zu planen4.
Der Arbeitgeber gerät nach § 615 Satz 1 BGB in Annahmeverzug, wenn er die angebotene Arbeitsleistung nicht im geschuldeten zeitlichen Umfang annimmt.
- Das ist bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit wöchentlich oder bei einer übereinstimmend festgelegten regelmäßigen wöchentlichen; und vom Arbeitgeber disponierten Arbeitszeit nach Ablauf des Ausgleichszeitraums der Fall5.
- Demgegenüber kann der Arbeitgeber im Rahmen einer vereinbarten Jahresarbeitszeit geringere Einsatzzeiten des Arbeitnehmers in bestimmten Wochen durch erhöhte Einsatzzeiten in anderen Wochen das gesamte Jahr über ausgleichen.
Allein aus dem Umstand, dass aus der Festlegung einer höheren Wochenarbeitszeit rein rechnerisch eine höhere Jahresarbeitszeit folgt, kann nicht hergeleitet werden, dass es sich bei beiden Festlegungen um denselben Streitgegenstand handelt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Juli 2020 – 10 AZR 507/18
- BAG 27.02.2018 – 9 AZR 167/17, Rn. 18[↩]
- BAG 20.11.2018 – 10 AZR 121/18, Rn. 11, BAGE 164, 201[↩]
- vgl. zu Monats- und Jahresarbeitszeitmodellen BAG 19.12.2018 – 10 AZR 231/18, Rn. 13, BAGE 165, 1[↩]
- vgl. ErfK/Wank 20. Aufl. ArbZG § 3 Rn.20; MHdB ArbR/Schüren 4. Aufl. § 46 Rn. 10[↩]
- vgl. ErfK/Preis BGB § 615 Rn. 12; Hanau/Hoff NZA 2015, 1169, 1170[↩]
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