Nachweis der Investitionsabsicht bei Betriebseröffnung

Mit dem Nachweis der Investitionsabsicht bei Betriebseröffnung für Zwecke der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG hatte sich aktuell das Finanzgericht Münster zu befassen:

Nachweis der Investitionsabsicht bei Betriebseröffnung

Nach § 7 g Abs. 1 Satz 1 EStG können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens bis zu 40 v.H. der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abgezogen werden (sogenannter Investitionsabzugsbetrag). Dieser Abzugsbetrag kann nach Satz 2 der Regelung nur in Anspruch genommen werden, wenn der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, bestimmte Größenmerkmale nicht überschreitet (Nr. 1), der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen (Nr. 2 Buchstabe a) und in bestimmter Weise betrieblich zu nutzen (Nr. 2 Buchstabe b) und der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut in den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt (Nr. 3).

Nach § 7 g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung setzt die Inanspruchnahme des Investitionsabzuges die Absicht zum voraussichtlichen Erwerb des begünstigten Wirtschaftsgutes innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraumes voraus. Das macht eine Prognoseentscheidung über die künftige Investition erforderlich1.

Die von der gesetzlichen Neuregelung ab 2007 erstmals ausdrücklich geforderte Investitionsabsicht zwingt dazu, insbesondere in den Fällen der Betriebseröffnung auch weiterhin einen Nachweis der Investitionsabsicht zu verlangen.

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Bei Betrieben, deren Eröffnung im Jahr des Investitionsabzugs noch nicht beendet ist, stellte der Bundesfinanzhof bereits vor der gesetzlichen Neuregelung strengere Anforderungen an die Glaubwürdigkeit der Absicht zu voraussichtlichen Investitionen, weil die Plausibilität der Investition nicht anhand eines erprobten Betriebskonzeptes nachvollziehbar ist. Er forderte in ständiger Rechtsprechung zu § 7 g Abs. 1 EStG a.F., dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen durch eine im Abzugsjahr erfolgte verbindliche Bestellung ausreichend konkretisiert ist2. Dieses Konkretisierungserfordernis diente dazu, einem Investitionsabzug ins Blaue hinein vorzubeugen. Erst die verbindliche Bestellung seiner wesentlichen Wirtschaftsgüter qualifiziert ein im Aufbau befindliches Unternehmen zu einem Betrieb, der berechtigt ist, den Investitionsabzugsbetrag nach § 7 g EStG in Anspruch zu nehmen2.

Im hier vom Finanzgericht Münster entschiedenen Streitfall war die Investitionsabsicht der Klägerin nach Ansicht des Finanzgerichts nicht durch eine verbindliche Bestellung der Photovoltaikanlage(n) als wesentliche Betriebsgrundlagen des Unternehmens ausreichend konkretisiert:

Die Eröffnung des Betriebes der am 30.12.2010 gegründeten Klägerin war im Streitjahr 2010, dem Jahr des Investitionsabzugs, noch nicht beendet. Der Gesellschaftsvertrag bezeichnet die Verwaltung eigenen Vermögens und den Betrieb von Photovoltaikanlagen als ihren Unternehmensgegenstand. Ausweislich der Bilanz zum 31.12.2010 hatte sie diesen Zwecken dienende wesentliche Betriebsgrundlagen, zu denen insbesondere Photovoltaikanlagen rechnen, noch nicht angeschafft. Für diesen Fall der Betriebseröffnung ist die Investitionsabsicht der Klägerin nicht durch eine verbindliche Bestellung geführt. Der unter dem 31.12.2010 zwischen der Klägerin und Herrn N geschlossene Vertrag über die Investition in eine oder mehrere Photovoltaikanlage(n) mit einem Investitionsvolumen von X € ist nach dem Willen der Vertragsparteien nur unter Geltung bestimmter vereinbarter Voraussetzungen gültig. Solange die in der Präambel genannten Voraussetzungen nicht insgesamt erfüllt sind, liegt nach dem Willen der Parteien kein gültiger Vertrag und damit keine verbindliche Bestellung vor.

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Auch wenn es der Senat für eine verbindliche Bestellung genügen lässt, dass der Eintritt der Bedingungen durch den Besteller nicht zu beeinflussen ist und die vereinbarten ersten drei Voraussetzungen für die Gültigkeit des Vertrages zwischen Herrn N. und der Klägerin vom 31.12.2010 nach der Marktlage für den Auftragnehmer nachweisbar waren, könnte von einer verbindlichen Bestellung mit Blick auf die vierte, im Vertrag genannte Gültigkeitsvoraussetzung nicht ausgegangen werden. Die Klägerin ist nicht mit liquiden Mitteln ausgestattet, die die Finanzierung der Investition ermöglichen. Obwohl der Gesellschaftsvertrag eine Einlage in Höhe von X € – das entspricht der geplanten Investitionssumme – vorsieht, hat der beigeladene Kommanditist R sie nicht in das Gesellschaftsvermögen geleistet. Darüber hinaus verfügt die Klägerin über keine weiteren Vermögenswerte. Vor diesem Hintergrund hängt die Erfüllung der vierten Voraussetzung für die Gültigkeit des Vertrages, die Finanzierung zu marktüblichen Konditionen ohne die Stellung weiterer dinglicher Sicherheiten über die persönliche Haftung des Kommanditisten hinaus von der Vermögenslage des Kommanditisten zu dem Zeitpunkt ab, zu dem auch die Voraussetzungen 1 bis 3 erfüllt sind. Dass von einer entsprechenden Vermögenslage des Kommanditisten ausgegangen werden kann, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Auch nach der Aktenlage ist diese Annahme nicht belegbar. Die fehlende Kommanditeinlage und der ausdrückliche Hinweis auf den Sinn der Regelung in der „Verbindlichen Bestellung von Photovoltaikanlagen“ vom 31.12.2010 – die Klägerin möchte nicht in eine Situation geraten, die sie zur Abnahme einer Anlage verpflichte, die sie im Moment nicht bezahlen könne – deuten vielmehr darauf hin, dass die Klägerin weder der Einlageleistung des Kommanditisten noch seiner entsprechenden Haftungsqualität sicher sein kann.

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Die Investitionsabsicht ist für das Finanzgericht Münster auch nicht aufgrund anderer Indizien hinreichend konkret feststellbar:

Angesichts der geringeren Gestaltungsmöglichkeiten bei § 7 g EStG n.F. hält es das Finanzgericht mit der einhelligen finanzgerichtlichen Rechtsprechung3 für ausreichend, wenn der Nachweis der Investitionsabsicht bei noch zu eröffnenden Betrieben anders als durch eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen geführt wird.

Wie der Nachweis der Investitionsabsicht in solchen Fällen geführt werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die dargelegten und nachgewiesenen Umstände des Einzelfalls müssen die Feststellung erlauben, dass der Steuerpflichtige in dem Jahr, in dem er den Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wird, ernsthaft und endgültig zur Anschaffung des Investitionsgutes entschlossen war.

Im Streitfall liegen derart qualifizierte Umstände nicht vor. Die Klägerin verfügt vielmehr nicht über ausreichende finanzielle Mittel, die vorgetragene Investition durchzuführen. Sie hat ihre Möglichkeiten zur Beschaffung eigener finanzieller Mittel nicht ausgeschöpft und die Kommanditeinlage von dem Beigeladenen nicht eingefordert. Statt dessen will der Beigeladene lediglich persönlich für die Refinanzierung der Photovoltaikanlage(n) haften, jedoch darüber hinaus keine weiteren dinglichen Sicherheiten stellen. Nutzt die Klägerin, die über die ausstehende Kommanditeinlage hinaus keine weiteren Aktiva in der Bilanz ausweist, die eigenen Möglichkeiten nicht, die zur Finanzierung der vorgetragenen Investition erforderlichen finanziellen Mittel im Wege der Einforderung der Kommanditeinlage zu beschaffen, hat sie als Gesellschaft, deren Eröffnung noch nicht abgeschlossen ist, nicht hinreichend konkret deutlich gemacht, dass sie die vorgetragene Investition ernsthaft durchzuführen beabsichtigt und sie bei der gegebenen Ausgangssituation tatsächlich in der Lage ist, sie auch zu finanzieren. Der darauf zu stützende Vorhalt fehlenden Nachweises der Investitionsabsicht gilt im Streitfall zumal vor dem Hintergrund, dass die Abmachung über die „Verbindliche Bestellung von Photovoltaikanlagen“ vom 31.12.2010 im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht verbindlich getroffen ist, sondern die Bindung an die Lieferabreden vom Eintritt vertraglich bezeichneter aufschiebender Bedingungen abhängig macht.

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Finanzgericht Münster, Urteil vom 15. August 2012 – 12 K 4601/11 F

  1. BFH, Urteil vom 08.06.2011 – I R 90/10, BFH/NV 2011, 1594; s.a. Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucks. 16/4841, S. 52[]
  2. BFH, Urteil vom 15.09.2010 – X R 16/08, BFH/NV 2011, 33 m.w.N.[][]
  3. FG Nürnberg, Urteil vom 28.07.2011 – 7 K 655/10, EFG 2011, 1964, Rev. eingel. zum BFH – X R 42/11; Niedersächsisches FG, Urteil vom 03.05.2011 – 13 K 12121/10, EFG 2011, 1601, Rev. eingel. zum BFH – III R 37/11; FG München, Urteil vom 26.10.2010 – 2 K 655/10, EFG 2011, 521, Rev. eingel. zum BFH – X R 20/11; s. auch Schmidt/Kulosa EStG § 7 g Rz 14[]