Aufwendungen für Messestände – und die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung

Die Kosten für die Anmietung von Messeständen und Messestandflächen können bei einem ausstellenden Unternehmen nur dann zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG führen, wenn die angemieteten Wirtschaftsgüter bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würden. Die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen ist nach den Umständen des Einzelfalls zu verneinen, wenn der Steuerpflichtige primär ein Produktionsunternehmen unterhält und auch hinsichtlich des daneben ausgeübten Vertriebs der Produkte unter Berücksichtigung der Häufigkeit und Dauer der Messeteilnahme für seinen geschäftlichen Erfolg nicht auf das dauerhafte Vorhandensein der angemieteten Wirtschaftsgüter angewiesen ist.

Aufwendungen für Messestände – und die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG in der für den Erhebungszeitraum 2016 geltenden Fassung werden zur Ermittlung des Gewerbeertrages (§ 7 GewStG) dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet ein Viertel der Summe aus einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, und aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG 100.000 € übersteigt.

Der Bundesfinanzhof kann dahingestellt lassen, ob es sich bei den vom Finanzamt im Rahmen der Hinzurechnung berücksichtigten Aufwendungen in vollem oder teilweisem Umfang schon nicht um Mietzinsen für die Überlassung von beweglichem oder unbeweglichem Vermögen handelt. Denn selbst wenn und soweit es sich um solche Mietzinsen handeln würde, ist das Finanzgericht Münster im vorliegenden Fall in der Vorinstanz zutreffend davon ausgegangen, dass die Messestände und Messestandflächen nicht zum Anlagevermögen der GmbH gehören würden1.

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Das Finanzgericht Münster ist hinsichtlich der Frage, ob von der GmbH angemietete Wirtschaftsgüter bei unterstelltem Eigentum der GmbH zu deren Anlagevermögen gehören würden; vom zutreffenden Rechtsmaßstab ausgegangen. Der Begriff des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs -HGB-). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb bestimmten Wirtschaftsgüter. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter2.

Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden3. Diese Fiktion ist auf den Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln4. Dabei ist zwar das Eingreifen der Fiktion, dass der Steuerpflichtige der (wirtschaftliche) Eigentümer der Wirtschaftsgüter ist, nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft5. Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich aber maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung)6. Gemeint ist, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handelt, wobei es ausreicht, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen7. Insoweit spricht insbesondere die Verwendung des Wirtschaftsguts als Produktionsmittel für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahelegt8.

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Zu Recht ist das Finanzgericht Münster weiter davon ausgegangen, dass die Prüfung den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigt9 und sich soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren muss10. Insbesondere darf die Fiktion nicht weiter reichen als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet11. Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt12. Hierfür ist -im Sinne einer Kontrollfrage- darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird13.

Ein Gegenstand kann zwar auch dann dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird; dies gilt selbst dann, wenn sich das Miet- oder Pachtverhältnis lediglich auf Tage oder Stunden erstreckt14. Insoweit darf für die Einordnung als Anlagevermögen die Zeitkomponente „dauernd“ nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von „immer“ oder „für alle Zeiten“ verstanden werden15. Das setzt indessen voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Dies hat der Bundesfinanzhof etwa bejaht, wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Container zur Weitervermietung16 oder gleichartige Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien17 angemietet hat. Dagegen scheidet eine Zuordnung zum Anlagevermögen aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen18 und sie deshalb nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehören würden19.

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Da die Frage, ob die streitgegenständlichen Wirtschaftsgüter dem Anlagevermögen zuzuordnen wären, anhand der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, des konkreten Geschäftsgegenstands und der speziellen betrieblichen Verhältnisse der GmbH zu beantworten ist, kommt es insoweit entscheidend auf die tatsächlichen Feststellungen und die tatsächliche Würdigung des Finanzgericht an. Hieran ist der Bundesfinanzhof gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht worden sind. Das gilt bereits dann, wenn die Würdigung zwar nicht zwingend, aber möglich ist20

So verhält es sich im hier entschiedenen Streitfall: Zur Zweckbestimmung der Wirtschaftsgüter im Betrieb hat das Finanzgericht Münster festgestellt, dass die GmbH diese im gesamten Erhebungszeitraum nur an zehn Tagen im Zusammenhang mit ihrer Messeteilnahme nutzte und sich die Messeteilnahmen dabei auf drei Standorte in A, Z und O verteilten. Diesen Umstand hat das Finanzgericht in möglicher und zudem gut nachvollziehbarer Weise dahingehend gewürdigt, dass die GmbH die betreffenden Wirtschaftsgüter nicht ständig in ihrem Betrieb hätte vorhalten müssen. Zudem hat das Finanzgericht festgestellt, dass keine Umstände erkennbar seien, aus denen sich ergibt, dass der wirtschaftliche Erfolg der GmbH vom permanenten Vorhalten der Messestände abhängt. Daher tragen die getroffenen Feststellungen den Schluss, dass die Wirtschaftsgüter nach ihrer Zweckbestimmung nicht dazu gewidmet waren, auf Dauer im Geschäftsbetrieb genutzt zu werden.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Finanzamtes, wonach die Kürze der Messeteilnahme nicht als Argument gegen die Annahme von Anlagevermögen tauge, weil die GmbH in den geprüften und den darauffolgenden Jahren stets an Messen teilgenommen habe. Denn das Finanzgericht hat nicht allein die kurze Dauer der einzelnen Anmietungen gewürdigt, sondern alle im Erhebungszeitraum erfolgten Messeteilnahmen und deren Gesamtdauer im Hinblick auf die Frage berücksichtigt, ob die GmbH die Messestände ständig in ihrem Betrieb hätte vorhalten müssen. Dies entspricht den unter II. 1.c dd genannten Rechtsgrundsätzen.

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Soweit das Finanzamt -insbesondere in Abgrenzung zu dem im Urteil in BFHE 255, 280, BStBl II 2022, 273 behandelten Fall der Messedurchführungsgesellschaft- darauf abhebt, dass die GmbH nicht nur zufällig und auftragsbezogen, sondern mit großer Regelmäßigkeit auf Messen aktiv gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich auch aus einer regelmäßigen kurzen Nutzung eines Wirtschaftsguts nicht zwingend die Notwendigkeit einer dauerhaften Verfügbarkeit ableiten lässt. Insofern bedarf es vielmehr einer näheren Betrachtung, in welcher Häufigkeit und in welchem Gesamtumfang derartige Anmietungen stattgefunden haben. Diese Betrachtung hat das Finanzgericht angestellt.

Des Weiteren hat das Finanzgericht die Notwendigkeit des dauerhaften Vorhandenseins der Messestände im Hinblick auf den Geschäftsgegenstand und die betrieblichen Verhältnisse der GmbH gewürdigt. Insoweit hat es festgestellt, dass die Messestände in Bezug auf die Tätigkeit als Produktionsunternehmen keine wirtschaftliche Bedeutung hatten, da sie nicht als Produktionsmittel eingesetzt wurden. Soweit der Geschäftszweck der GmbH auch den Vertrieb der von ihr hergestellten Produkte umfasst, hat das Finanzgericht zum einen festgestellt, dass dieser nicht der primäre Geschäftsgegenstand des Unternehmens der GmbH ist, da sie ein Produktionsunternehmen und keine klassische Vertriebsgesellschaft ist. Aber auch hinsichtlich dieses sekundären Geschäftszwecks ist das Finanzgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die GmbH nicht auf das dauerhafte Vorhandensein der Wirtschaftsgüter angewiesen war und sich auch diese Tätigkeit ohne sie sinnvoll ausüben lässt.

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Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Finanzamtes, wonach die Messen nach dem Geschäftszweck der GmbH ein neuer Vertriebsweg für 50 % des Eigensortiments und des Umsatzes seien, weil an den Messen die Produktmanager der Großkunden teilnehmen würden und die GmbH aufgrund der Resonanz über die Aufnahme weiterer Produkte in die Massenfertigung entscheiden könne. Diesen Sachverhalt hat das Finanzgericht nicht festgestellt und das Finanzamt hat insoweit keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben. Vielmehr ist das Finanzgericht nach den festgestellten Umständen von einer nur untergeordneten Bedeutung der Messestände für die Vertriebstätigkeit der GmbH ausgegangen.

  1. FG Münster, Urteil vom 03.11.2021 – 13 K 1122/19 G[]
  2. BFH, Urteil vom 25.07.2019 – III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz 21, m.w.N.; BFH, Beschluss vom 23.03.2022 – III R 14/21, BStBl II 2022, 559, Rz 18[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz 22, m.w.N.; BFH, Beschluss in BStBl II 2022, 559, Rz 19[]
  4. BT-Drs. 16/4841, S. 78 ff.; BFH, Urteil vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFHE 255, 280, BStBl II 2022, 273, Rz 18[]
  5. BFH, Urteil vom 08.12.2016 – IV R 24/11, BFHE 256, 526, BStBl II 2022, 276, Rz 11 ff.[]
  6. s. BFH, Urteil in BFHE 256, 526, BStBl II 2022, 276, Rz 18; BFH, Beschluss in BStBl II 2022, 559, Rz 19; Mohr, Inkongruenzen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, 2016, S. 271; Kornwachs, Deutsches Steuerrecht 2017, 1568[]
  7. Breinersdorfer, Der Betrieb 2014, 1762[]
  8. BFH, Urteil vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BFHE 222, 265, BStBl II 2008, 960, unter II. 1.b[]
  9. BFH, Urteile in BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz 23, m.w.N.; BFH, Beschluss in BStBl II 2022, 559, Rz 20[]
  10. BFH, Urteil in BFHE 255, 280, BStBl II 2022, 273, Rz 21, m.w.N.[]
  11. BFH, Urteil vom 29.11.1972 – I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148, unter 2.[]
  12. vgl. BFH, Urteile in BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148, und in BFHE 256, 526, BStBl II 2022, 276, Rz 19[]
  13. vgl. BFH, Urteil in BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148, unter 2.; BFH, Beschluss in BStBl II 2022, 559, Rz 20[]
  14. BFH, Urteil in BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz 24, m.w.N.[]
  15. BFH, Urteil in BFHE 222, 265, BStBl II 2008, 960, unter II. 1.b, m.w.N.[]
  16. BFH, Urteil in BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148, unter 2.[]
  17. BFH, Urteil vom 30.03.1994 – I R 123/93, BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810, unter II. 1.[]
  18. BFH, Urteil in BFHE 256, 526, BStBl II 2022, 276, Rz 26; BFH, Beschluss in BStBl II 2022, 559, Rz 21[]
  19. BFH, Urteil in BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810, unter II. 1.c; BFH, Beschluss in BStBl II 2022, 559, Rz 21[]
  20. ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH, Beschluss vom 05.07.2016 – X B 201/15, BFH/NV 2016, 1572, Rz 20; BFH, Urteil vom 13.12.2018 – V R 65/16, BFH/NV 2019, 303, Rz 27[]
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