Grundstückshandel – und der Beginn der Gewerbesteuerpflicht

Die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers beginnt frühestens mit dem Abschluss eines (wirksamen) Kaufvertrags über eine erste Immobilie, denn erst hierdurch wird er in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten. Über das Merkmal des Beginns der sachlichen Gewerbesteuerpflicht ist selbständig im Verlustfeststellungsverfahren gemäß § 10a GewStG zu entscheiden.

Grundstückshandel – und der Beginn der Gewerbesteuerpflicht

Dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs lag der Fall einer Anfang 2011 gegründete Kommanditgesellschaft zugrunde, deren Wirtschaftsjahr am 01.06. eines Jahres beginnt und am 31.05. des Folgejahres endet, und die als gewerbliche Grundstücks-händlerin tätig ist. Im Wirtschaftsjahr 2011/2012 (01.06.2011 bis 31.05.2012) hatte sie zwar den Erwerb eines ersten Grundstücks vorbereitet, zum Abschluss des entsprechenden Kaufvertrages kam es jedoch erst im Juni 2012 und damit im Wirtschaftsjahr 2012/2013. Das Finanzamt erkannte den von der Grundstückshändlerin für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 erklärten Verlust von rund einer Millionen Euro nicht an. Es war der Auffassung, die von der Grundstückshändlerin im Wirtschaftsjahr 2011/2012 unternommenen Akquisitionstätigkeiten könnten noch keine Gewerbesteuerpflicht begründen. Die Feststellung des erklärten Gewerbeverlustes sei daher ausgeschlossen.

Anders als erstinstanzlich noch das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt1 hat der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzamtes bestätigt. Er hob die Entscheidung des Finanzgerichts auf und wies die Klage der Grundstückshändlerin ab. Ein gewerblicher Grundstückshändler nehme seine werbende Tätigkeit frühestens mit der Anschaffung der ersten Immobilie auf. Maßgeblich sei der Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages, denn erst hierdurch werde er in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten. Vorbereitungshandlungen, die dem Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages dienten, genügten demgegenüber nicht.

Entscheidung über die Gewerbesteuerpflicht im Verlustfeststellungsverfahren

Das Finanzgericht hat zutreffend erkannt, dass über das streitige Merkmal des Beginns der sachlichen Gewerbesteuerpflicht der Grundstückshändlerin im Wirtschaftsjahr 2011/2012 im Verlustfeststellungsverfahren gemäß § 10a GewStG zu entscheiden ist.

Wären die von der Grundstückshändlerin in ihrer Gewinnermittlung auf den 31.05.2012 gemäß § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigten Aufwendungen (z.B. für Druck- und Prospektkosten, Genussrechtsemissionen, Projektaufbereitung, Verkaufsprovisionen und Vertriebskosten) bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 7 GewStG zu berücksichtigen, gingen sie in den Gewerbeverlust gemäß § 10a GewStG ein. Gemäß § 10a GewStG ist der maßgebende Gewerbeertrag (§ 10 Abs. 1 GewStG) um die Fehlbeträge zu kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind (§ 10a Satz 1 GewStG). Fehlbetrag im Sinne dieser Vorschrift ist der Gewerbeverlust, d.h. der negative Ertrag des Gewerbebetriebs. Besteht (noch) kein Gewerbebetrieb, kann demzufolge kein (abzugsfähiger) Gewerbeverlust entstehen. Erst mit dem Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht können abzugsfähige und damit vortragsfähige Verluste entstehen2.

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Die Verlustfeststellung gemäß § 10a GewStG erfolgt auch bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 31.12. eines Jahres, denn § 10 Abs. 2 GewStG stellt eine Bezugsfiktion zum Erhebungszeitraum auf. Gemäß § 10 Abs. 2 GewStG gilt bei Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewerbeertrag als in dem Erhebungszeitraum bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet3.

Ob eine sachliche Gewerbesteuerpflicht besteht, ist im Verlustfeststellungsverfahren nach § 10a Satz 6 GewStG ohne Bindung an den Gewerbesteuermessbescheid des Erhebungszeitraums, auf dessen Ende der vortragsfähige Gewerbeverlust nach § 10a GewStG gesondert festzustellen ist, selbständig zu prüfen. Der Gewerbesteuermessbescheid des Erhebungszeitraums, auf dessen Ende der vortragsfähige Gewerbeverlust gesondert festzustellen ist, ist für den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Verlustfeststellungsbescheid) dieses Erhebungszeitraums kein Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung, soweit das Merkmal der sachlichen Steuerpflicht Bedeutung hat. Der Gewerbesteuermessbescheid entfaltet insoweit keine Bindungswirkung für den Verlustfeststellungsbescheid4. Dies gilt auch nach der Änderung des § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.20105. Dieser Regelung kann keine Bindungswirkung des Gewerbesteuermessbescheides für den Verlustfeststellungsbescheid entnommen werden, weil das Merkmal des Beginns oder des Endes der sachlichen Gewerbesteuerpflicht keine Frage der Besteuerungsgrundlage i.S. des § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG ist6.

Beginn der Gewerbesteuerpflicht

Ein gewerblicher Grundstückshändler nimmt seine werbende Tätigkeit frühestens mit der Anschaffung der ersten Immobilie, d.h. mit dem (wirksamen) Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrags auf. Erst dann beginnt seine sachliche Gewerbesteuerpflicht gemäß § 2 Abs 1 GewStG.

Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer nur der stehende Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und Personengesellschaften unterwirft das Gesetz die konkret ausgeübte werbende Tätigkeit der Gewerbesteuer. Deshalb beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines (originären oder fiktiven) Gewerbebetriebs erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist7.

Maßgebend für den Beginn des Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG ist der Beginn der werbenden Tätigkeit. Davon abzugrenzen sind die bloßen, gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen. Der Zeitpunkt des Beginns der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein. Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden. Allerdings handelt es sich insoweit lediglich um ein Indiz; letztlich maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit8.

Für den Beginn der werbenden Tätigkeit ist entscheidend, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, so dass sich das Unternehmen daran mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann9.

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Bei einem auf Handel ausgerichteten Unternehmen liegt eine werbende Tätigkeit vor, wenn der Unternehmer seine Leistungen am Markt anbietet. Dies ist z.B. mit der Öffnung des Ladenlokals und dem Beginn des Verkaufs von Waren der Fall10.

Jedoch setzt die Annahme einer werbenden Tätigkeit eines entsprechenden Unternehmens nicht ausnahmslos voraus, dass der Unternehmer seine Leistung bereits aktiv am Markt anbietet11.

So kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei einer sog. Ein-Schiff-Gesellschaft, die vorrangig die Veräußerung und nicht den Betrieb des Schiffs beabsichtigt, bereits der Bau bzw. der Erwerb des Schiffs als Beginn der werbenden Tätigkeit angesehen werden, denn in diesem Fall gehört bereits die Herstellung bzw. der Erwerb der später zu veräußernden Waren zum Gegenstand des Betriebs12. Dieser Rechtsprechung kann allerdings nicht entnommen werden, bei Handelsunternehmen, die die später zu veräußernde Ware herstellen oder einkaufen, gehöre bereits der gesamte Herstellungs- bzw. Einkaufsprozess zum Gegenstand des Gewerbebetriebs. Der Bundesfinanzhof hat zwar in seinem Urteil vom 26.09.2013 – IV R 45/1113 noch recht allgemein formuliert, bereits die Herstellung bzw. der Erwerb der später zu veräußernden Waren gehöre zum Gegenstand des gewerblichen Betriebs. In seinen nachfolgenden Entscheidungen14 hat er jedoch konkretisierend ausgeführt, die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginne nur dann bereits mit Abschluss des Bau- oder Kaufvertrags über das Schiff, wenn die Gesellschaft den entsprechenden Vertrag mit unbedingter Veräußerungsabsicht abgeschlossen habe. Danach hat der Bundesfinanzhof nicht (mehr) auf einen (irgendwie gearteten) Beginn des Erwerbsvorgangs, sondern auf dessen Ende, das durch den Kaufvertragsschluss markiert wird, abgestellt. Der Vertragsschluss stellt den frühestmöglichen Zeitpunkt für den Beginn der werbenden Tätigkeit dar15. Den Ausführungen des BFH-Urteils vom 23.10.1987 16 kann nichts Gegenteiliges entnommen werden.

In diesem Sinne hat auch das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass die Gewerbesteuerpflicht eines Unternehmens, dessen Betrieb auf den Erwerb, die Verwaltung und Veräußerung von Unternehmen bzw. Unternehmensbeteiligungen gerichtet ist, nicht vor dem Erwerb mindestens eines Unternehmens beginnt17.

Entsprechendes gilt für einen gewerblichen Grundstückshändler. Dieser nimmt seine werbende Tätigkeit frühestens mit der Anschaffung der ersten Immobilie, d.h. mit dem (wirksamen) Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrags auf, denn erst hierdurch wird er in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten. Entscheidend ist nicht der Beginn des Erwerbsprozesses, sondern dessen Ende, das durch den Abschluss des Kaufvertrags markiert wird.

Vorbereitungshandlungen, die dem Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrags dienen, genügen demgegenüber nicht für die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit18, denn durch die Beauftragung eines Maklers, die Besichtigung eines potentiellen Kaufobjektes oder ähnliche Tätigkeiten ist der Grundstückshändler noch nicht in der Lage, seine Leistung am Markt anzubieten. Darüber hinaus führte die Annahme, ein Grundstückshändler nehme seine werbende Tätigkeit bereits auf, wenn er sich (mehr oder weniger ernsthaft) nach geeigneten Objekten umsehe bzw. erste auf den Erwerb eines Grundstücks gerichtete Schritte unternehme, sowohl zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Vorverlagerung des Beginns der Gewerbesteuerpflicht als auch zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Bestimmung des konkreten Zeitpunktes der Aufnahme der werbenden Tätigkeit.

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Die dargestellten Rechtsgrundsätze gelten gleichermaßen für Einzelgewerbetreibende wie für Personengesellschaften, und zwar unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter19.

Ebenso wie der Einzelunternehmer kann auch die Personengesellschaft mehrere Betriebe nacheinander betreiben20. Dementsprechend kann eine Personengesellschaft, deren Zweck nach ihrem Gesellschaftsvertrag der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien, Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ist, vor Beginn dieses Grundstückshandels bereits einen anderen Gewerbebetrieb unterhalten. Voraussetzung ist jedoch, dass sie tatsächlich Tätigkeiten entfaltet, die die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG erfüllen und die sich nicht lediglich als Vorbereitungshandlungen des Grundstückshandels darstellen21.

Auch die Tätigkeit einer i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt zu einem stehenden Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG, obwohl diese Gesellschaft keine originär gewerblichen Einkünfte erzielt22. Für den Beginn des Gewerbebetriebs einer solchen Gesellschaft ist grundsätzlich auf die Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit abzustellen. Ist eine Personengesellschaft allerdings zu dem Zweck gegründet worden, eine originär gewerbliche Tätigkeit zu entfalten, und erfüllt diese Gesellschaft im Übrigen die Merkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, beginnt der Gewerbebetrieb nicht allein wegen der in der Vorbereitungsphase der originär gewerblichen Tätigkeit üblicherweise anfallenden vermögensverwaltenden Tätigkeiten bereits mit deren Aufnahme23. Daher können selbst mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene vermögensverwaltende Tätigkeiten einer gewerblich geprägten Personengesellschaft im Einzelfall noch als Vorbereitungshandlungen einer werbenden originär gewerblichen Tätigkeit zu werten sein. Überschreiten die vermögensverwaltenden Tätigkeiten allerdings das Maß dessen, was zur Aufnahme der originär gewerblichen Tätigkeit erforderlich und üblich ist, handelt es sich bei diesen Tätigkeiten nicht mehr um bloße Vorbereitungshandlungen der noch nicht aufgenommenen originär gewerblichen Tätigkeit, sondern um die Ingangsetzung eines Gewerbebetriebs, der mit der Aufnahme der Vermögensverwaltung beginnt24.

Das angefochtene FG, Urteil entspricht diesen Rechtsgrundsätzen nur zum Teil. Das Finanzgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass für die Grundstückshändlerin als gewerbliche Grundstückshändlerin die Rechtsprechung für gewerblich geprägte Personengesellschaften keine Anwendung findet. Seine in diesem Zusammenhang erfolgte Würdigung, die Grundstückshändlerin habe mit der Verwaltung des bereits eingezahlten Genussrechtskapitals, insbesondere dessen verzinslicher Anlage, lediglich die Ausübung ihrer originär gewerblichen Tätigkeit als Grundstückshändlerin vorbereitet und nicht vorab eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausgeübt und hierdurch eine sachliche Gewerbesteuerpflicht begründet, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (hierzu unter a bis c). Das Finanzgericht hat jedoch in Verkennung der unter 2. dargelegten Grundsätze für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht einer originär gewerblich tätigen Grundstückshändlerin angenommen, die Grundstückshändlerin habe ihre werbende Tätigkeit bereits vor dem 01.06.2012 aufgenommen, so dass bereits im Wirtschaftsjahr 2011/2012 (01.06.2011 bis 31.05.2012) eine sachliche Gewerbesteuerpflicht bestanden habe (hierzu unter d). Das Urteil war daher aufzuheben.

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Die Grundstückshändlerin ist gewerbliche Grundstückhändlerin. Ihr Gesellschaftszweck ist der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien, Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags). Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Bundesfinanzhof gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des Finanzgericht ist der gewerbliche Grundstückshandel auch tatsächlicher Gegenstand ihrer Tätigkeit. Allerdings beschränkte sich ihre Geschäftstätigkeit im maßgeblichen Wirtschaftsjahr 2011/2012 -wie auch der Jahresabschluss zum 31.05.2012 bestätigt- auf die Emission von Genussrechten zur Finanzierung ihres Gesellschaftszwecks, des gewerblichen Grundstückshandels, sowie auf erste Bemühungen zur Anbahnung eines Immobilienkaufs.

Entgegen der Auffassung der Grundstückshändlerin stellt die verzinsliche Anlage des im streitigen Erhebungszeitraum eingezahlten Genussrechtskapitals keine eigenständige werbende Tätigkeit dar, die als bereits im Wirtschaftsjahr 2011/2012 aufgenommene vermögensverwaltende Tätigkeit anzusehen ist.

Die Würdigung des Finanzgericht, die Grundstückshändlerin habe nicht zunächst eine auf Vermögensverwaltung gerichtete Tätigkeit ausgeübt, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Der Bundesfinanzhof ist an die Würdigung des Finanzgericht gebunden, wenn diese -wie im Streitfall- möglich ist und das Finanzgericht weder gegen Denkgesetze verstoßen noch wesentliche Umstände vernachlässigt hat25. So hat das Finanzgericht zu Recht im Rahmen seiner Würdigung darauf abgestellt, dass der Gesellschaftsvertrag die verzinsliche Anlage des Genussrechtskapitals nicht als Gesellschaftszweck bezeichnet. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Finanzgericht angenommen hat, die in § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags festgelegte Berechtigung der Grundstückshändlerin zu Rechtshandlungen, die geeignet erscheinen, den Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern, belege nicht, dass die Verwaltung des Genussrechtskapitals einem eigenständigen Gesellschaftszweck gedient habe. Dies wird durch den Umstand bestätigt, dass sich die Grundstückshändlerin nach den Feststellungen des Finanzgericht ihren Anlegern gegenüber nicht verpflichtet hat, die Gelder in Kapitalanlagen zu investieren. In Anbetracht der erzielten Zinserträge, des Umfangs der Darlehensgewährungen sowie des zeitnahen Grundstückserwerbs hält es der Bundesfinanzhof auch für zutreffend, dass das Finanzgericht angenommen hat, die Verwaltung des Genussrechtskapitals habe das Maß üblicher Vorbereitungshandlungen nicht überschritten, sondern sei als „Durchgangsstadium“ zur geschäftsplanmäßigen Investition in das Immobiliengeschäft der Grundstückshändlerin anzusehen.

Als zutreffend erweist sich auch die Folgerung des Finanzgericht, die Grundstückshändlerin, die zu dem Zweck gegründet worden sei, eine originär gewerbliche Tätigkeit zu entfalten, und die im Übrigen die Merkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfülle, habe ihren Gewerbebetrieb nicht bereits durch die Aufnahme der in der Vorbereitungsphase der originär gewerblichen Tätigkeit üblicherweise anfallenden vermögensverwaltenden Tätigkeiten begonnen26.

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Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei Mitunternehmerschaften

Der Einwand der Grundstückshändlerin, zu ihrem Unternehmensgegenstand gehöre auch eine vermögensverwaltende Tätigkeit in Gestalt der Vermietung von Immobilien, die ebenfalls durch das Genussrechtskapital habe finanziert werden sollen, mit der Folge, dass die verzinsliche Anlage des Genussrechtskapitals nicht lediglich als Vorbereitungshandlung des gewerblichen Grundstückshandels, sondern als eigenständige werbende Tätigkeit anzusehen sei, greift nicht durch.

Der Vortrag der Grundstückshändlerin, zu ihrem Gesellschaftszweck gehöre auch die Vermietung von Immobilien, ist nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich um neuen, erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachten Sachvortrag27, der zudem weder von dem festgestellten Inhalt des Gesellschaftsvertrags noch von den Feststellungen des Finanzgericht zur tatsächlichen Tätigkeit der Grundstückshändlerin getragen wird. Die aus den Jahren 2013 und 2014 stammenden Pressemitteilungen der Grundstückshändlerin, in denen von einer „anschließenden Vermietung“ die Rede ist, führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie geben lediglich eine nicht näher belegte Behauptung der Grundstückshändlerin, die nicht auf das maßgebliche Geschäftsjahr 2011/2012 bezogen ist, wieder.

Das Finanzgericht hat jedoch in Verkennung der dargelegten Grundsätze angenommen, die Grundstückshändlerin habe ihre werbende Tätigkeit bereits vor dem 01.06.2012 dadurch aufgenommen, dass sie Kontakt zu Immobilienmaklern gesucht, an Wohnungsbesichtigungen teilgenommen und Kaufvertragsverhandlungen geführt habe, so dass bereits im Wirtschaftsjahr 2011/2012 (01.06.2011 bis 31.05.2012) eine sachliche Gewerbesteuerpflicht bestanden habe.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. September 2022 – IV R 13/20

  1. FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.05.2019 – 1 K 462/15[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 14.04.2011 – IV R 52/09, BFHE 233, 257, BStBl II 2011, 929, Rz 32; und vom 19.08.1977 – IV R 107/74, BFHE 123, 352, BStBl II 1978, 23[]
  3. Suchanek/Hesse in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 10a Rz 202; vgl. im Ergebnis auch BFH, Urteil vom 03.02.2010 – IV R 59/07, Rz 15[]
  4. vgl. BFH, Urteile vom 07.09.2016 – IV R 31/13, BFHE 255, 266, BStBl II 2017, 482, Rz 23, 28 ff.; vom 04.05.2017 – IV R 2/14, BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138, Rz 28[]
  5. BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394[]
  6. vgl. BFH, Urteil in BFHE 255, 266, BStBl II 2017, 482, Rz 30; Kontny in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, a.a.O., § 35b Rz 41; Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 35b Rz 16[]
  7. z.B. BFH, Urteile vom 13.04.2017 – IV R 49/15, BFHE 257, 441; vom 30.08.2012 – IV R 54/10, BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927, m.w.N.[]
  8. z.B. BFH, Urteile in BFHE 257, 441; vom 22.01.2015 – IV R 10/12; vom 20.11.2003 – IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464; in BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927; vom 13.10.2016 – IV R 21/13, BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, m.w.N.[]
  9. vgl. BFH, Urteile vom 12.05.2016 – IV R 1/13 BFHE 255, 65, BStBl II 2017, 489, Rz 26; in BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927, m.w.N.; vgl. auch Keß in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 2 Rz 4551[]
  10. zu einer Apotheke BFH, Urteil in BFHE 123, 352, BStBl II 1978, 23[]
  11. anderer Ansicht Franke in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, a.a.O., § 2 Rz 52, 65 f.[]
  12. vgl. z.B. BFH, Urteile in BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, Rz 45; vom 03.04.2014 – IV R 12/10, BFHE 245, 306, BStBl II 2014, 1000, Rz 76; vom 22.01.2015 – IV R 10/12, Rz 32; vgl. auch Keß in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 2 Rz 4555; BeckOK GewStG/Specker, 2. Ed. [01.07.2022], GewStG § 2 Rz 1298.1[]
  13. BFHE 243, 367, BStBl II 2015, 296, Rz 35[]
  14. BFH, Urteile in BFHE 245, 306, BStBl II 2014, 1000, Rz 76; vom 22.01.2015 – IV R 10/12, Rz 32 f.; in BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, Rz 45[]
  15. ablehnend Franke in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, a.a.O., § 2 Rz 52, 65 f., der Maßnahmen auf der Absatzseite für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht verlangt[]
  16. BFH, Urteil vom 23.10.1987 – III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293[]
  17. BFH, Urteil vom 03.08.1999 – 8 K 5495/97 G; vgl. auch Keß in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 2 Rz 4553[]
  18. vgl. z.B. Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 2 Rz 569[]
  19. z.B. BFH, Urteile in BFHE 257, 441; in BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927; in BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, m.w.N.[]
  20. z.B. BFH, Urteile in BFHE 257, 441; in BFHE 245, 306, BStBl II 2014, 1000, und in BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464[]
  21. vgl. BFH, Urteil in BFHE 257, 441, Rz 23, zur Ein-Schiff-Gesellschaft, m.w.N.[]
  22. vgl. BFH, Urteile in BFHE 257, 441; in BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464[]
  23. BFH, Urteile in BFHE 257, 441; in BFHE 255, 65, BStBl II 2017, 489[]
  24. BFH, Urteil in BFHE 257, 441[]
  25. z.B. BFH, Urteil vom 11.11.2015 – V R 3/15, Rz 22[]
  26. vgl. BFH, Urteile in BFHE 257, 441; in BFHE 255, 65, BStBl II 2017, 489[]
  27. z.B. BFH, Urteil vom 27.11.2019 – XI R 35/17, BFHE 267, 542, BStBl II 2021, 252, Rz 54[]
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Grundstücksunternehmen, Betriebsaufspaltung - und die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung