Die dauerdefizitäre kommunale Eigengesellschaft – und die verdeckte Gewinnausschüttung

Der Ausschluss der Rechtsfolgen einer vGA gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des JStG 2009 gilt nicht nur für die begünstigte dauerdefizitäre Eigengesellschaft, sondern auch für die kapitalertragsteuerlichen Folgen beim (unmittelbaren oder mittelbaren) Anteilseigner. Der Bestandsschutz gemäß § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG i.d.F. des JStG 2009 setzt voraus, dass vor dem 18.06.2008 für den konkreten Einzelfall bestandskräftige -oder zumindest unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene- Bescheide existierten oder eine verbindliche Auskunft erteilt wurde.

Die dauerdefizitäre kommunale Eigengesellschaft – und die verdeckte Gewinnausschüttung

Dieses Urteil des Bundesfinanzhofs vermeidet für juristische Personen des öffentlichen Rechts Belastungen mit Kapitalertragsteuer aus Dauerverlustgeschäften i. S. von § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG und ist damit für die Praxis von großer Bedeutung: Bei einer Gebietskörperschaft, die mehrheitlich an einer Verlustkapitalgesellschaft beteiligt ist, entsteht keine Kapitalertragsteuer für verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), die sich aus einem begünstigten Dauerverlustgeschäft ergeben, wenn sie die Dauerverluste wirtschaftlich trägt.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs betrifft die Streitjahre 2003 und 2004. Vor dem Jahr 2003 war die klagende kommunale Gebietskörperschaft direkt an der A, B, und C-GmbH beteiligt. Diese Gesellschaften führten in ihrem Interesse Tätigkeiten aus, aus denen sie dauerhafte Verluste erzielten. Die Gebietskörperschaft glich diese Verluste jeweils aus. Im Jahr 2003 wurde die Beteiligungsstruktur geändert. Die Beteiligungen der Gebietskörperschaft an der A, B- und C-GmbH wurden auf die Z-GmbH übertragen. Die Gebietskörperschaft war an der Z-GmbH über eine Tochtergesellschaft, die Y-GmbH, beteiligt. Die Z-GmbH glich ab dem Streitjahr 2003 die Dauerverluste aus. Hierzu war sie in der Lage, weil die Gebietskörperschaft mit Wirkung zum 1.01.2003 auf die Z-GmbH auch zwei Aktienpakete übertragen hatte, aus denen diese Dividendenausschüttungen vereinnahmte.

Das Finanzamt sah in den Ausgleichszahlungen der Z-GmbH vGA, die über die Y-GmbH an die Gebietskörperschaft gelangt seien und forderte hierfür von der Gebietskörperschaft Kapitalertragsteuer nach. Das Finanzgericht Münster hob die Nachforderungsbescheide hingegen auf1. Der Bundesfinanzhof gab dagegen dem Finanzamt zum Teil Recht:

Die Gebietskörperschaft erzielte in den Streitjahren über die Beteiligungskette aus der A, B- und C-GmbH zwar jeweils Einnahmen aus vGA, da sämtliche Gesellschaften auf Veranlassung der Z-GmbH dauerdefizitäre Tätigkeiten nachgingen. Für die vGA aus der B-GmbH war jedoch keine Kapitalertragsteuer nachzufordern. Nach der Entscheidung des BFH entsteht für die Einkünfte einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die mehrheitlich unmittelbar oder mittelbar an einer Verlustkapitalgesellschaft beteiligt ist, keine Kapitalertragsteuer für vGA, die aus dem Betrieb eines gesetzlich begünstigten Dauerverlustgeschäfts resultieren, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts die Dauerverluste wirtschaftlich trägt. Ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit von einer Kapitalgesellschaft aus verkehrs, umwelt, sozial, kultur, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört (§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG). Für die vGA aus den Dauerverlustgeschäften der A- und der C-GmbH griff diese Begünstigung nicht ein, da deren Dauerverluste nicht auf einer gesetzlich begünstigten Tätigkeit beruhten. Der Erhebung von Kapitalertragsteuer stand insoweit auch kein gesetzlicher Bestandsschutz entgegen (§ 34 Abs. 6 Satz 5 KStG).

Die Entscheidung des Finanzgericht, im Streitfall sei keine Kapitalertragsteuer angefallen, ist rechtsfehlerhaft. Die mittelbare Beteiligung an den strukturell dauerdefizitären Eigengesellschaften A, B- und C-GmbH hat über die Beteiligungskette zu Einkünften der Gebietskörperschaft aus einer vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG geführt. Die hierfür gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 44a Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 EStG in Höhe von 10 % anfallende Kapitalertragsteuer ist nur hinsichtlich der vGA, die durch die Verluste der B-GmbH verursacht worden war, gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG a.F. ausgeschlossen. Hinsichtlich der durch die Verluste der A- und C-GmbH verursachten vGA greifen dagegen weder § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG a.F. noch § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG a.F.

Die Sache ist auch spruchreif. Die Bescheide gehen zutreffend von einem Entstehen der Kapitalertragsteuer in den Streitjahren aus und erfassen den die Kapitalertragsteuer auslösenden Sachverhalt. Darüber hinaus durfte das Finanzamt die Gebietskörperschaft gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG für die angefallene Kapitalertragsteuer in Anspruch nehmen.

Die Voraussetzungen einer vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG lagen im Streitfall vor. Dies führt gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG zu kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünften der Gebietskörperschaft, die für diese Einkünfte als juristische Person des öffentlichen Rechts beschränkt steuerpflichtig ist (§ 2 Nr. 2 KStG).

Abweichend zur Begründung des Finanzamt sind für die vGA aber nicht die Verlustausgleichszahlungen der Z-GmbH bzw. die Minderung der Gewinnabführungen an die Y-GmbH, sondern bereits die strukturell dauerdefizitären Tätigkeiten der A, B- und C-GmbH entscheidend. Diese Tätigkeiten führen auf deren Ebene zu vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und in der Beteiligungskette letztlich zu einer vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bei der Gebietskörperschaft, der mittelbaren Anteilseignerin der A, B- und C-GmbH.

Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat und der Vermögensvorteil dem Gesellschafter zugeflossen ist2.

Für den Fall einer strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH hat der BFH im Urteil in BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 9613 entschieden, dass ohne Zahlung eines (schuldrechtlich vereinbarten) Verlustausgleichs durch den Gesellschafter (Trägerkörperschaft), gegebenenfalls zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags, regelmäßig die Voraussetzungen einer vGA an die Trägerkörperschaft vorliegen. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Kapitalgesellschaft wäre nicht bereit, fortdauernde Verluste aus Tätigkeiten hinzunehmen, die an sich dem Gesellschafter obliegen und dort zu einem materiellen Vorteil in Gestalt der Vermeidung von Aufwendungen führen. Darüber hinaus ist der BFH in dieser Entscheidung davon ausgegangen, dass es in mehrstufigen Beteiligungsketten zu einer vGA -bzw. bei Zwischenschaltung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zu vorweggenommenen Gewinnabführungen- entlang dieser Kette bis zur Trägerkörperschaft als Obergesellschafterin kommt und diese vGA von einem gesellschaftsrechtlich veranlassten Verlustausgleich zu trennen ist.

Nach diesen Grundsätzen, denen sich der Bundesfinanzhof anschließt, kommt es bereits auf Ebene der A, B- und C-GmbH zu vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, die über die Beteiligungskette bis zur Gebietskörperschaft gelangen und dort die Voraussetzungen einer vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfüllen.

Das Finanzgericht hat für den Bundesfinanzhof bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass es sich bei der A, B- und C-GmbH um strukturell dauerdefizitäre Eigengesellschaften handelt. Diese Gesellschaften üben ihre Tätigkeiten im Interesse der Gebietskörperschaft aus, da der Betrieb eines … und die Errichtung des …, aber auch das … in den öffentlichen Aufgabenkreis der Gebietskörperschaft fallen. Damit kommt es letztlich bei der Gebietskörperschaft zu einem Vermögensvorteil in Form der Ersparnis von Aufwendungen, der ihr in Höhe der bei den Verlustkapitalgesellschaften anfallenden Verluste als kapitalertragsteuerpflichtige vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zufließt.

Wie die von der Z-GmbH geleisteten Verlustausgleichszahlungen zu behandeln sind und ob für sämtliche dieser Zahlungen eine satzungsrechtliche Verpflichtung bestand, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls gibt es für diese Zahlungen keine schuldrechtliche Grundlage. Damit liegt kein Vorteilsausgleich vor, der eine vGA verhindern könnte4.

Auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass für die vGA ganz oder teilweise das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt und damit die Ausnahmevoraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erfüllt sind.

Das Finanzgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Festsetzung von Kapitalertragsteuer nur hinsichtlich der aus den Verlusten der B-GmbH folgenden Einkünfte der Gebietskörperschaft aus einer vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG wegen § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG a.F. ausscheidet, nicht aber hinsichtlich der aus den Verlusten der A- und C-GmbH folgenden Einkünfte der Gebietskörperschaft aus einer vGA.

Gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG a.F. sind bei Kapitalgesellschaften die Rechtsfolgen einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F. nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. Weitere Voraussetzung ist gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG a.F., dass die Mehrheit der Stimmrechte der Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfallen und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus dem Dauerverlustgeschäft tragen. Ein Dauerverlustgeschäft liegt gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG a.F. vor, soweit aus verkehrs, umwelt, sozial, kultur, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört. Dabei setzt die steuerliche Begünstigung der dauerdefizitären Tätigkeit voraus, dass die Kapitalgesellschaft das Dauerverlustgeschäft selbst ausübt5.

Obwohl die Regelung des § 8 Abs. 7 KStG a.F. erst durch das JStG 2009 eingefügt worden ist, gilt sie gemäß § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG a.F. auch für Veranlagungszeiträume vor 2009, d.h. grundsätzlich auch für die Streitjahre.

Der Verweis auf die „Rechtsfolgen“ in § 8 Abs. 7 KStG a.F. belegt, dass die Norm keine Sonderregelung zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer vGA bei kommunalen dauerdefizitären Eigengesellschaften enthält, sondern lediglich die aus einer vGA abzuleitenden Rechtsfolgen verdrängt6.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG a.F. hinsichtlich der Einkünfte der Gebietskörperschaft aus einer durch die Verluste der B-GmbH ausgelösten vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), nicht aber hinsichtlich der Einkünfte der Gebietskörperschaft aus einer durch die Verluste der A- und C-GmbH ausgelösten vGA erfüllt.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs gilt § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG a.F. nicht nur auf Ebene der Verlustkapitalgesellschaften, sondern auch auf der für den Streitfall entscheidenden Ebene des (mittelbaren) Anteilseigners.

Aus dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich eine Beschränkung ihres Anwendungsbereiches auf die Ebene der Gesellschaft nicht herleiten.

Unter Berücksichtigung der Intention des Gesetzgebers, der als Reaktion auf das BFH, Urteil in BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961, in dem die Übernahme einer strukturell dauerdefizitären Tätigkeit durch eine kommunale Eigengesellschaft ohne schuldrechtlichen Verlustausgleich als vGA eingestuft worden ist, an den bis dahin geltenden Verwaltungsgrundsätzen festhalten wollte7, ist die Formulierung, dass „die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 […] nicht bereits deshalb zu ziehen“ sind, weil die Gesellschaft ein Dauerverlustgeschäft ausübt, dahin zu verstehen, dass § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG a.F. sämtliche Folgen, die auf eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zurückgehen, und damit auch die Kapitalertragsteuerentstehung für die Einkünfte des (unmittelbaren oder mittelbaren) Anteilseigners aus einer vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sperrt8.

Eine Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 8 Abs. 7 KStG a.F. ergibt sich nicht daraus, dass es in der Norm heißt, deren Rechtsfolgen seien nicht „bei Kapitalgesellschaften“ zu ziehen. Die Formulierung „bei Kapitalgesellschaften“ versteht der Bundesfinanzhof unter Berücksichtigung der Formulierung „bei Betrieben gewerblicher Art“ in § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. als Abgrenzung zweier Fallgruppen9.

In dem dargelegten Verständnis des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG a.F. liegt keine -dem Charakter der Norm des § 8 Abs. 7 KStG a.F. widersprechende- wortlautüberschreitende Interpretation des Gesetzes10, sondern eine vom Begriff der „Rechtsfolgen“ und dem Sinn und Zweck der Norm gedeckte Auslegung.

Auch die besonderen Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG a.F. sind im Streitfall erfüllt.

Zum einen steht der Gebietskörperschaft über ihre 100 %-Beteiligung an der Y-GmbH und deren 100 %-Beteiligung an der Z-GmbH mittelbar die Mehrheit der Stimmrechte der Verlustkapitalgesellschaften A, B- und C-GmbH zu.

Zum anderen hat die Gebietskörperschaft die streitigen Verluste getragen. Hierfür kommt es nicht auf eine etwaige Verpflichtung der Gebietskörperschaft an, sondern ausschließlich darauf, dass die Gebietskörperschaft die Verluste tatsächlich wirtschaftlich getragen hat11. Auch eine mittelbare Tragung der Verluste durch den öffentlich-rechtlichen Anteilseigner reicht aus12. Im Streitfall hat die Gebietskörperschaft die Z-GmbH mit dividendenträchtigen Beteiligungen ausgestattet, um ihr den Ausgleich der Verluste der A, B- und C-GmbH zu ermöglichen. Dadurch hat sie auf die entsprechenden Dividendeneinnahmen verzichtet und die Verluste mittelbar selbst getragen.

Auf Grundlage der für den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) sind sämtliche Tätigkeiten der A, B- und C-GmbH strukturell dauerdefizitär und werden von diesen Gesellschaften auch selbst ausgeübt.

Hinsichtlich der B-GmbH liegen darüber hinaus die Voraussetzungen eines begünstigten Dauerverlustgeschäfts i.S. des § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG a.F. vor, da der … und der … eines … zu den dort genannten kulturpolitischen Gründen gehört13. Hinsichtlich der Tätigkeiten der A- und C-GmbH hat das Finanzgericht dagegen zu Recht die Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG a.F. abgelehnt, da weder die Errichtung des … noch das … einschließlich der Durchführung von Veranstaltungen zu den begünstigten verkehrs, umwelt, sozial, kultur, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen gehören. Im Rahmen des Revisionsverfahrens wurden hiergegen auch keine Einwendungen erhoben.

Schließlich hat der Bundesfinanzhof hinsichtlich der kapitalertragsteuerlichen Folgen des § 8 Abs. 7 KStG a.F. keine verfassungs- oder beihilferechtlichen Bedenken.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes scheidet insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen Aufgaben der Daseinsvorsorge und der damit verbundenen Förderung der Allgemeinheit aus14.

Ebenso ist in Bezug auf die kapitalertragsteuerlichen Folgen kein Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilferecht (Art. 107 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) erkennbar15.

Soweit die vGA aus den dauerdefizitären Betrieben der A- und C-GmbH folgt und deren Rechtsfolgen nicht gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG a.F. ausgeschlossen sind, hat das Finanzgericht rechtsfehlerhaft die Anwendbarkeit der Übergangsregelung des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG a.F. bejaht.

Diese Vorschrift gewährt Bestandsschutz, wenn vor dem 18.06.2008 bei der Einkommensermittlung „im Einzelfall“ nach „anderen Grundsätzen“ als nach § 8 Abs. 7 KStG a.F. „verfahren“ worden ist. In diesem Fall sollen die (anderen) Grundsätze letztmals für den Veranlagungszeitraum 2011 maßgebend sein, d.h. auch in den Streitjahren 2003 und 2004.

In der Gesetzesbegründung wird betont, durch § 8 Abs. 7 KStG a.F. sei keine Rechtsänderung eingetreten, sondern die bei Eigengesellschaften und Betrieben gewerblicher Art bis zum Erlass des JStG 2009 allgemein anerkannten Grundsätze zur Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sowie die sich daraus im Einzelfall ergebende Möglichkeit der Ergebnisverrechnung seien festgeschrieben worden16. Sollte im Einzelfall nach von § 8 Abs. 7 KStG a.F. abweichenden Grundsätzen verfahren worden sein, seien diese gemäß § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG a.F. übergangsweise bis zum Veranlagungszeitraum 2011 weiter anzuwenden. Nach Auffassung des BMF setzt dies voraus, dass die angewandten Grundsätze nicht den bisherigen Verwaltungsgrundsätzen bzw. der bisherigen Rechtslage widersprochen haben17.

Ob sich diese Einschränkung des BMF tatsächlich aus dem Gesetz ableiten lässt und welche allgemeinen Grundsätze vor dem Erlass des JStG 2009 für die im Streitfall relevante Konstellation der Beteiligung einer Trägerkörperschaft an einer Verlustkapitalgesellschaft über mehrere Zwischengesellschaften sowie die Verlustübernahme durch eine dieser Zwischengesellschaften galten bzw. ob es für diese Konstellation überhaupt allgemeine Grundsätze gab, kann im Streitfall letztlich dahingestellt bleiben. Denn durch die Bezugnahme auf die Verfahrensweise „im Einzelfall“ fordert der Wortlaut des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG a.F. für die Auslösung des Bestandsschutzes, dass vor dem 18.06.2008 bestandskräftige -oder zumindest unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene- Bescheide existierten oder eine verbindliche Auskunft erteilt wurde18. Daran fehlt es im Streitfall.

Die zu beurteilende Struktur ist erstmals zum 1.01.2003 und damit zum Beginn des ersten Streitjahres aufgesetzt worden. Daraus folgt, dass es für diese Konstellation in den Vorjahren noch keine Bescheide gegeben haben kann. Schließlich ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass für die Streitjahre vor dem 18.06.2008 eine verbindliche Auskunft erteilt worden ist.

Die Sache ist spruchreif. Auch wenn das Finanzgericht nur zu § 8 Abs. 7 KStG a.F. und § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG a.F. eine abschließende Entscheidung getroffen hat, folgt aus seinen tatsächlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO), dass die streitigen Kapitalertragsteuerbescheide rechtmäßig sind, soweit sie die Verluste der A- und C-GmbH betreffen.

Die durch die vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgelöste Kapitalertragsteuer ist in den Zeiträumen 2003 und 2004 entstanden, auf die sich die Bescheide zutreffend beziehen.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht die Kapitalertragsteuer in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen. Dies ist bei vGA wegen (mittelbarer) Beteiligungen an strukturell dauerdefizitären Eigengesellschaften das Jahr, in dem die jeweiligen Verluste bei diesen Gesellschaften entstehen. Denn zu diesem Zeitpunkt fließt der Gebietskörperschaft der Vermögensvorteil aus einer Ersparnis von Aufwendungen zu. Dagegen findet § 44 Abs. 2 EStG bei vGA keine Anwendung19.

Darüber hinaus ist der vom Bundesfinanzhof für die Annahme der vGA zugrunde gelegte Sachverhalt Gegenstand der streitigen Bescheide.

Trotz des in § 44 Abs. 1 Satz 5 EStG geregelten Anmeldezeitraums ist die Kapitalertragsteuer gemäß § 45a EStG i.V.m. § 44 Abs. 1 EStG sachverhaltsbezogen und nicht zeitraumbezogen festzusetzen20. Dabei ist auf den gesamten einheitlichen Lebenssachverhalt eines bestimmten Sachverhaltskomplexes abzustellen.

Obwohl das Finanzamt in seiner Begründung nur auf die niedrigeren Gewinnabführungen der Z- an die Y-GmbH bzw. auf eine Vermögensminderung auf Ebene der Z-GmbH als Folge der Abschreibungen der Beteiligungsbuchwerte der A, B- und C-GmbH auf den niedrigeren Teilwert abgestellt hat, gehörte danach auch die im Streitfall für die vGA letztlich ursächliche Ebene des Unterhaltes eines dauerdefizitären Betriebs der A, B- und C-GmbH zum Gegenstand der Kapitalertragsteuerbescheide. Denn auf Ebene der Gebietskörperschaft ging es um den einheitlichen Sachverhaltskomplex einer empfangenen vGA aufgrund ihrer mittelbaren Beteiligung an strukturell dauerdefizitären Eigengesellschaften. Ob Ansatzpunkt der vGA bereits die Verluste auf Ebene der A, B- und C-GmbH oder erst die tatsächlichen Verlustausgleichszahlungen auf Ebene der Z-GmbH mit anschließender Abschreibung der Beteiligungsbuchwerte bzw. die Minderung der Gewinnabführungen auf Ebene der Y-GmbH waren, ist lediglich eine Frage der Begründung. Im Übrigen war die (mittelbare) Beteiligung der Gebietskörperschaft an den strukturell dauerdefizitären Eigengesellschaften für alle Begründungsansätze ein entscheidender Sachverhaltsaspekt.

Schließlich durfte das Finanzamt die Gebietskörperschaft gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG für die angefallene Kapitalertragsteuer in Anspruch nehmen.

Auch wenn die Gebietskörperschaft Gläubigerin der Kapitalerträge (in Form einer vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) und damit gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. und § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Schuldnerin der Kapitalertragsteuer war, darf sie nur unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG in Anspruch genommen werden. Diese Voraussetzungen liegen unter anderem vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder der Gläubiger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Im Streitfall sind bereits die Voraussetzungen der ersten Alternative erfüllt. Da die vGA erst nachträglich im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt worden ist, hatte die Y-GmbH (Schuldnerin der Kapitalerträge und gemäß § 44 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 EStG Entrichtungsschuldnerin der Kapitalertragsteuer) keine Anmeldung i.S. des § 45a EStG abgegeben und auch keine Kapitalertragsteuer einbehalten.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Dezember 2018 – VIII R 44/15

  1. FG Münster, Urteil vom 18.08.2015 – 10 K 1712/11 Kap[]
  2. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteile vom 19.06.2007 – VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830; vom 21.10.2014 – VIII R 21/12, BFHE 247, 538, BStBl II 2015, 638; BFH, Beschluss vom 12.06.2018 – VIII R 38/14, BFH/NV 2018, 1141; BFH, Urteil vom 20.08.2008 – I R 29/07, BFHE 222, 500, BStBl II 2010, 142[]
  3. vgl. auch BFH, Urteil vom 09.11.2016 – I R 56/15, BFHE 256, 75, BStBl II 2017, 498[]
  4. vgl. BFH, Beschluss vom 27.07.2010 – I B 61/10, BFH/NV 2010, 2119, m.w.N.[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 256, 75, BStBl II 2017, 498[]
  6. Gosch KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 1043q; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 904; Meier/Semelka in Hermann/Heuer/Raupach -HHR-, § 8 KStG Rz 570; Geißelmeier/Bargenda, Deutsches Steuerrecht 2009, 1333, 1337 f.; Heger, Finanz-Rundschau -FR- 2009, 301, 304[]
  7. BT-Drs. 16/10189, S. 69[]
  8. BMF, Schreiben vom 12.11.2009 – IV C 7-S 2706/08/10004, BStBl I 2009, 1303, Rz 25; Bott in Ernst & Young, KStG, § 8 Rz 1525; Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8 KStG Rz 635; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, a.a.O., § 8 Rz 906; Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock -D/P/M-, Kommentar zum KStG und EStG, § 8 Abs. 7 KStG, Rz 34 und 64; HHR/Meier/Semelka, § 8 KStG Rz 543 und 570; Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz 1871; Blümich/Rengers, § 8 KStG Rz 1128; a.A. Gosch KStG, a.a.O., § 8 Rz 1043q[]
  9. vgl. auch Frotscher in Frotscher/Drüen, a.a.O., § 8 KStG Rz 635[]
  10. vgl. BFH, Urteil in BFHE 256, 75, BStBl II 2017, 498[]
  11. Bott in Ernst & Young, a.a.O., § 8 Rz 1452; Frotscher in Frotscher/Drüen, a.a.O., § 8 KStG Rz 606; Gosch KStG, a.a.O., § 8 Rz 1043g; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, a.a.O., § 8 Rz 848; Krämer in D/P/M, a.a.O., § 8 Abs. 7, Rz 59b[]
  12. vgl. BFH, Urteil in BFHE 256, 75, BStBl II 2017, 498; HHR/Meier/Semelka, § 8 KStG Rz 555[]
  13. vgl. Gosch KStG, a.a.O., § 8 Rz 1043j; Krämer in D/P/M, a.a.O., § 8 Abs. 7, Rz 20[]
  14. vgl. Frotscher in Frotscher/Drüen, a.a.O., § 8 KStG Rz 582; HHR/Meier/Semelka, § 8 KStG Rz 542; Blümich/Rengers, § 8 KStG Rz 1106; zweifelnd Gosch KStG, a.a.O., § 8 Rz 1043h; Heger, FR 2009, 301, 307; a.A. Jürgens in Hidien/Jürgens, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, § 5 Rz 773[]
  15. zu den körperschaftsteuerlichen Aspekten vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2017 – 6 K 1900/15 K, EFG 2017, 1370, Revisionsverfahren anhängig: BFH – I R 55/17; Frotscher in Frotscher/Drüen, a.a.O., § 8 KStG Rz 584; Gosch KStG, a.a.O., § 8 Rz 1043a; HHR/Meier/Semelka, § 8 KStG Rz 542; Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, a.a.O., § 8 Rz 1832; aber auch Märtens in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder [Hrsg.], Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 279, 287 f.; Jürgens in Hidien/Jürgens, a.a.O., § 5 Rz 776 ff.[]
  16. BT-Drs. 16/10189, S. 72[]
  17. BMF, Schreiben in BStBl I 2009, 1303, Rz 54[]
  18. vgl. HHR/Meier/Semelka, § 8 KStG Rz 546; Blümich/Rengers, § 8 KStG Rz 1104; Schiffers, Deutsche Steuer-Zeitung -DStZ- 2010, 119, 122; a.A. Leippe, DStZ 2010, 106, 113[]
  19. BFH, Urteil in BFHE 222, 500, BStBl II 2010, 142; Hamacher/Dahm in Korn, § 44 EStG Rz 20.1[]
  20. BFH, Urteile vom 16.11.2011 – I R 108/09, BFHE 236, 48, BStBl II 2013, 328; vom 08.04.2014 – I R 51/12, BFHE 246, 7, BStBl II 2014, 982, jeweils m.w.N.; vgl. auch BFH, Urteile vom 21.09.2017 – VIII R 59/14, BFHE 259, 411, BStBl II 2018, 163; und vom 30.01.2018 – VIII R 75/13, BFHE 260, 450, BStBl II 2019, 91[]